Hotellerie_Logiernchte

Nach sechs fetten Jahren haben die Logiernächte im Juli 2012 wieder das Niveau von 2005 erreicht. © -

Im 2005 freute sich die Hotellerie noch darüber

Kurt Marti /  Die Hotelbranche klagt über die sinkenden Logiernächte im Juli. Vor sieben Jahren hat sie sich über solche Zahlen noch gefreut.

Die Schweizer Hotellerie befindet sich angeblich im Jammertal: Laut Bundesamt für Statistik (BFS) sind die Logiernächte im Juli 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 7,2 Prozent (-298’000 Logiernächte) auf rund 3,8 Millionen gesunken. Dankbar und ungefiltert übernehmen die Medien diese Zahlen und jammern mit der Hotellerie um die Wette. Beispielsweise die NZZ von heute: «Der Niedergang der Schweizer Hotellerie setzt sich fort.»

Doch ein Rückblick auf die letzten zehn Jahre relativiert das Klagen der Branche und der Medien. Die Juli-Logiernächte stiegen von 2003 bis 2008 kontinuierlich auf ein Rekordhoch von fast 4,3 Millionen an und sanken seither wieder auf das Niveau von 2003 (siehe Grafik; das Jahr 2004 fehlt, weil der damalige Bundesrat Pascal Couchepin aus Spargründen die Gelder für die Hotelstatistik strich). Die Hotellerie hat also mehrere fette Jahre hinter sich. Deshalb fällt ihr das Jammern jetzt umso leichter.

Hotellerie jubelte 2005 trotz niedrigeren Zahlen

Wie Christoph Juen, Geschäftsführer des Branchenverbandes Hotelleriesuisse, in einer Medienmitteilung erklärte, leidet der Schweizer Tourismus schwer unter dem starken Franken und dem wechselhaften Wetter. Bereits Anfang August klagte Juen in einer Medienmitteilung der Hotelleriesuisse über den Rückgang der Logiernächte im ersten Halbjahr um 3,7 Prozent auf 16,8 Millionen. Die Bedingungen für die Schweizer Hotellerie seien «derzeit alles andere als einfach.»

Im 2005 lagen die Juli-Logiernächte bei 3,7 Millionen (2012: 3,8 Millionen) und im ersten Halbjahr verzeichnete die Hotelbranche 16 Millionen Übernachtungen (2012: 16,8 Millionen). Trotz dieser niedrigeren Übernachtungszahlen im Vergleich zum laufenden Jahr jubelte die Hotelleriesuisse damals: «Das wirtschaftliche Umfeld für die Hotellerie hat sich im Berichtsjahr 2005 stark verbessert. Die relative weltpolitische Stabilität sowie der sich intensivierende konjunkturelle Aufschwung führten zu einem beträchtlichen Anstieg der Nachfrage ausländischer Gäste (6,8%). Insgesamt nahm die Zahl der Hotelübernachtungen 2005 gegenüber 2003 um 2,7% auf fast 33 Millionen zu, wobei der Anteil der ausländischen Übernachtungen auf 55,6% stieg.»

Selbst das staubtrockene Bundesamt für Statistik zeigte damals Emotionen: «Sehr gutes Ergebnis im Juli 2005». Und weiter: «Der positive Trend im ersten Halbjahr 2005 hat sich im Juli noch verstärkt. Während von Januar bis Juni die Zunahme der Logiernächte in den Hotels und Kurhäusern im Vergleich zu 2003 bei 1,6 Prozent lag, konnte im Juli ein Plus von 6,7 Prozent verzeichnet werden.»

Ziel der Hotellerie: Zweitwohnungsinitiative aushebeln

Wer jammert, der möchte Geschenke oder umgekehrt. Die politische Stossrichtung des Wehklagens der Hotelbranche zielt auf «gute Rahmenbedingungen», wie es auf der Internetseite der Hotelleriesuisse heisst. Und das bedeutet ganz konkret «eine massvolle Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative». Laut Hotelleriesuisse soll es weiterhin möglich sein, «bestehende Hotelbauten in Zweitwohnungen umzunutzen, wenn eine rentable Weiterführung des Betriebs nicht mehr gewährleistet ist».

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

Leerwohnungen_Zweitwohnungen-1

Zweitwohnungen

Nach der Abstimmung wollen Gegner der Franz-Weber-Initiative den Begriff «Zweitwohnung» neu erfinden.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.