Kommentar

Energiesteuer: Grüne taktierten kontraproduktiv

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Umweltverbände und Grüne unterstützten die untaugliche GLP-Initiative. Damit schwächen sie ihre eigene Energiepolitik.

Energie- und andere Öko-Lenkungsabgaben darf man nicht verknüpfen mit Steuern oder Abgaben, die zur Finanzierung von Staatsaufgaben dienen. Das erkannten Ökonominnen und Politiker, die sich mit Lenkungsabgaben beschäftigten, lange bevor ein Teil der Grünen sich «liberal» taufte. Doch Martin Bäumle, Verena Diener und ihre naiven Mitläufer wussten es besser: Die Grünliberale Partei (GLP) wiederholte nicht nur den Fehler der Grünen Partei, die mit Ihrer Initiative «Energie statt Arbeit besteuern» einen Teil der AHV ersetzen wollte – und 2001 in der Volksabstimmung mit 77 Prozent Nein-Stimmen scheiterte. Die GLP- Initiative schritt noch weiter in die falsche Richtung: Sie verlangte eine Energiesteuer, welche die Mehrwertsteuer vollständig ersetzt, und nahm damit in Kauf, dass mit dem letzten Liter Erdöl-Import auch der Steuerertrag versiegt.

Auf die Absurdität dieses Begehrens haben Kritiker hingewiesen, bevor die GLP mit der Unterschriften-Sammlung begann. Doch der GLP ging es nicht um die Sache, sondern um ihre Profilierung im Wahlkampf. Martin Bäumle selber rechnet schon vor der Abstimmung mit 70 Prozent Nein-Stimmen (und deutete diesen Miss- zu einem «Achtungserfolg» um). Doch trotz dieser absehbaren Schlappe weigerte sich die Partei, ihre untaugliche Initiative zurückzuziehen. Mit 92 Prozent Nein-Stimmen haben die Abstimmenden diese halsstarrige Haltung jetzt angemessen quittiert.

Wäre die GLP mit ihrer Initiative allein geblieben, könnten wir auf den Kommentar verzichten. Doch am Image der 92-Prozent-Verlierer-Partei partizipieren jetzt auch die Original-Grünen sowie die Umweltverbände Greenpeace, WWF und VCS, welche die absurde Initiative unterstützten. «Offensichtlich», so schrieb ich im Vorfeld der Abstimmung, «geht es ihnen darum, die absehbare Abfuhr, welche die GLP-Initiative in der Volksabstimmung am 8. März erhalten wird, in Grenzen zu halten. Denn ein massives Nein, so fürchten grüne TaktikerInnen, könnte als ‹Zeichen› oder ‹Signal› verstanden werden, das eine sinnvolle Lenkungsabgabe ohne unsinnige fiskalische Verkopplung später ebenfalls verhindert.» (Infosperber vom 12.2.2015 «Zug abgefahren oder: Die Symbol-Initiative»)

Diese Taktik – wenn es denn Taktik und nicht Dummheit war – ist grandios gescheitert. Denn Grüne und Umweltverbände, die ein derart untaugliches Abgabemodell unterstützten, haben ein Glaubwürdigkeits-Problem, wenn sie künftig einem tauglichen Modell für eine Lenkungsabgabe zum Durchbruch verhelfen wollen. Ihre Signal- und Symbol-Politik erweist sich damit nicht nur als inhaltsleer, sondern als kontraproduktiv. Das bestätigen bürgerliche Kommentare, die das 92-Prozent-Nein jetzt als «Zeichen» gegen Lenkungsabgaben im Allgemeinen oder gegen die Energiewende des Bundesrates im Besonderen interpretieren.

Inhaltlich hingegen ändert sich nichts: Die real existierende Marktwirtschaft vernachlässigt weiterhin den Wert des Naturkapitals und die langfristige Verknappung der Naturgüter. Darum wird die Natur national und global übernutzt, werden nicht nachwachsende Rohstoffe geplündert. Lenkungsabgaben bleiben somit ein geeignetes Mittel, um dieses Marktversagen zu korrigieren, ohne die Staatsquote zu erhöhen oder den Wettbewerb zu verzerren. Denn sie belasten Leute und Firmen, welche die Natur übermässig ausbeuten. Und sie belohnen jene, die Energie- und andere Naturgüter sparen. Die Frage ist, wie man eine Mehrheit für dieses marktwirtschaftliche Umweltschutz-Mittel findet. Zwei Argumente bieten sich an:

  • Das Vernünftige: Nicht erneuerbare Energieträger und andere Rohstoffe werden irgendwann knapp und damit ohnehin teuer. Lenkungsabgaben sorgen dafür, dass dieser Wandel geplant und stufenweise statt schockartig verläuft. Denn je länger wir in die Sackgasse hinein laufen, desto unbequemer wird die Um- und Rückkehr.
  • Das Opportunistische: Wer weniger Energie- und Rohstoffe verbraucht als der Durchschnitt – und das ist die Mehrheit – verdient heute mit dem Öko-Bonus mehr Geld, als er mit dem Öko-Malus bezahlen muss.

Die opportunistische Argumentation bietet sich an, um das Vernünftige durchzusetzen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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2 Meinungen

  • am 10.03.2015 um 16:05 Uhr
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    Obige Überlegungen sind zwar wohl richtig, aber ich habe trotzdem «Ja» gestimmt, denn man kann doch nicht etwas ablehnen, nur weil es «halb richtig» statt «ganz richtig» ist. Der jetzige Zustand ist jedenfalls «ganz falsch», für alle, die an kommende Generationen und/oder Menschen auf anderen Kontinenten denken.

  • am 10.03.2015 um 19:08 Uhr
    Permalink

    Mir ging es sehr ähnlich wie Theo Schmidt. Alles, was neu an die Urne kommt, soll hyper-mega-oberperfekt sein bis ins hinterletzte Detail, sonst wird es von links bis rechts verworfen – egal wie schlecht der aktuelle Zustand ist.
    Manchmal braucht es aber eine Veränderung, ein Schubs in die richtige Richtung, auch wenn das Ziel noch gar nicht zu 100% anvisierbar ist. Man kann ja durchaus auch unterwegs noch korrigierend steuern.
    Würde man AHV, Steuerreformen etc. analog bis zum letzte Liter Öl hochrechnen, kämen wohl genauso absurde Endphasen heraus. Doch das tut niemand, weil man genau weiss, dass solche Regelungen vielleicht 20, 30 Jahre halten und dann korrigiert werden müssen.

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