Kommentar

China – die Weltmacht für Elektroautos

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsDer pensionierte Autor arbeitete als Journalist und Redaktor viele Jahre lang für die ARD. Er betreibt ©

Franz Alt /  Autokonzerne, die nicht rasch genug auf elektrische Autos umstellen, verpassen die Zukunft.

In China gibt es Anfang 2017 mehr als 270’000 Strom-Tankstellen für Elektro-Autos, in Deutschland weniger als 10’000. Natürlich ist China weit grösser als Deutschland, aber der chinesische Vorsprung ist eindeutig. Im Verhältnis zu den Einwohnern gibt es in China bereits über 60 Prozent mehr Strom-Tankstellen.
Chinas Plan: Bis 2020 soll die nächste Tankstelle nirgendwo mehr als ein Kilometer entfernt sein. Ab 2018 müssen alle Autobauer der Welt, die in China noch Autos verkaufen wollen, eine bestimmte Quote mit E-Autos erfüllen. Klar ist, dass Daimler, VW und BMW diese Quote nicht erfüllen können. Viel zu lange haben die deutschen Auto-Dinosaurier die Zukunft verpennt.
Kein Zweifel: Chinas kommunistische Partei und Chinas Regierung wollen ihr Land zur Auto-Weltmacht Nummer 1 machen. Das kann gelingen, und zwar auf Kosten der deutschen Autobauer, die noch immer im Wahn gefangen sind, die «besten Autos der Welt» zu bauen. Das zeugt von Vergangenheitsbesessenheit und Zukunftsvergessenheit. Die Zukunft fährt elektrisch, und zwar erneuerbar. Aber ein Schreibmaschinenhersteller hat noch nie einen Computer erfunden.
Im Reich der Mitte wurden 2016 über 500’000 Elektroautos verkauft – in Deutschland gerade mal um die 15’000, weit weniger als ein Prozent. Im Verhältnis zu den Einwohnern sind dies im reichen Deutschland nur halb so viele wie im Schwellenland China. In Norwegen fährt bereits jeder zweite Neuwagen elektrisch.
Die elektrische Revolution des Verkehrs kann den Klima-Kollaps verhindern helfen. Keine Energiewende ohne Verkehrswende.
In China müssen Käufer von Benzinautos oft monate-, ja sogar jahrelang auf die Zulassung ihres Neuwagens warten und bei Smog mit Fahrverboten rechnen, während ein E-Auto sofort zugelassen wird, jederzeit fahren und kostenlos parken kann.
In Europa hat noch kaum jemand verstanden, was in China gerade läuft. Das ist so bei Elektroautos, beim Umstieg auf Windräder und Solaranlagen. Bis 2012 war Deutschland in diesen Zukunftsbranchen Weltmeister, jetzt aber ist es China.
Bis 2030 sollen in China 40 Prozent aller Autos elektrisch fahren – das wären ca. 15 Millionen neue E-Autos pro Jahr. Das ist eine Hoffnung für die Umwelt, aber eine Schreckensmeldung für die Auto-Dinos in Deutschland. Wo heute noch «Made in Germany» einen guten Ruf hat, wird morgen «Made in China» stehen.
Die Vorteile der E-Autos von morgen: Weniger Lärm, keine Abgase [Red. Ein grosser Teil des Stroms wird heute allerdings mit Kohle produziert], weniger Verschleiss, zurzeit verdoppelt sich die Reichweite von Batterien für E-Autos alle zwei bis drei Jahre. E-Mobile brauchen keinen Tank, kein Getriebe, keinen Schalldämpfer, keinen Katalysator, keinen Auspuff, keinen Wasser-Kühler.
Wer diese Vorteile begreift, ist morgen dabei – wer sie verschläft, wird morgen nicht mehr existieren. Auf ihn wartet das Schicksal der Schreibmaschinen-Hersteller.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der pensionierte Autor arbeitete als Journalist und Redaktor viele Jahre lang für die ARD. Er betreibt heute den Blog sonnenseite.com.

Zum Infosperber-Dossier:

Flagge_China

Chinas Innenpolitik

Hohe Wachstumszahlen; riesige Devisenreserven; sozialer Konfliktstoff; Umweltzerstörung; Herrschaft einer Partei

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

4 Meinungen

  • erich_schmid
    am 12.02.2017 um 12:38 Uhr
    Permalink

    Die Zukunft wird China recht geben; die Mobilität wird elektrisch. Auch der zutreffende redaktionelle Einschub zur Stromerzeugung mit Kohle kann die Entwicklung nicht mehr aufhalten. Nochmals: Es gibt in der Schweiz genügend Dächer, um mit Solarenergie (ergänzt mit Wind- und Wasserkraft) den gesamten Energiebedarf zu decken. Nur hinkt die Schweiz erschreckend hintennach. Autos lassen sich, so wünschbar es wäre, nicht zum Verschwinden bringen, aber wenigstens elektrisch betreiben. Sie könnten sogar das Problem der Speicherung von Solarstrom lösen, indem man die Autobatterien auflädt, wenn die Sonne scheint. Darin steckt sogar ein bisschen Hoffnung, die man in diesen rückwärtgewandten Zeiten mit guten Grund auch verlieren könnte.

  • am 12.02.2017 um 13:32 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für diese treffende Zusammenfassung zum Thema E-Auto. Was noch dazu kommt: da Elektroautos einfacher im Aufbau sind, werden einige Jobs in der klassischen Autoindustrie wegfallen. Neue Mobilitätskonzepte werden einen Teil davon auffangen können. Die Elektrifizierung des Verkehrs wird zu einer der grossen Herausforderungen für das Autoland Deutschland. Obwohl anderer Hersteller wie Renault / Tesla / GM bereits Autos mit über 300km Reichweite anbieten, zögert die deutsche Konkurrenz weiterhin. Einzig Opel wird mit dem Ampera-e etwas mitziehen können, der basiert jedoch auf dem Chevy Bolt. Auch bei der Zellfertigung zögert die deutsche Industrie. Der Rückstand wird täglich grösser.

  • am 13.02.2017 um 00:09 Uhr
    Permalink

    China hat übrigens schon vor Jahren die lärmenden Roller verboten. Millionen fahren mit E-Rollern rum. Der Grundstein für die Elektrifizierung des Verkehrs wurde schon lange gelegt.

  • am 15.02.2017 um 11:56 Uhr
    Permalink

    noch viel Eindrückvoller als die Entwicklung der e-Autos ist diejenige der e-Autobusse…

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...