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Noch lange nicht am Ziel. Teilnehmerinnen aus Hawaii beim Women's March 2017 in Washington D.C. © Cory Lum/Civil Beat

Hawaii legt feministischen Corona-Recovery-Plan vor

D. Gschweng /  Der Notfall- und Aufbauplan des US-Staates Hawaii stellt Frauen ins Zentrum seiner Überlegungen.

In fast allen Ländern legt Covid-19 gesellschaftliche Ungleichheiten offen, die schon vor der Krise bestanden. Menschen, die schon vorher in prekären Verhältnissen gelebt haben, Minderheiten und Frauen sind am meisten betroffen. Sie verlieren eher ihre Stelle, sind in Folge häufiger von Armut bedroht und schultern die zusätzliche Fürsorgearbeit.

Wer eine nachhaltige Erholung nach der Krise wolle, müsse Frauen ins Zentrum der Überlegungen stellen, sagt Khara Jabola-Carolus, die Vorsitzende der Frauenrechtskommission Hawaiis, die bereits Mitte April einen «feministischen Recovery-Plan» aufgestellt hat.

Eltern, Alte, Minderheiten: Frauen ins Zentrum stellen

Anstatt die Wirtschaft zum alten Normalzustand zurückzuführen, sei es angezeigt, eine Struktur aufzubauen, die «Geschlechtergerechtigkeit auch liefern kann», sagt Jabola-Carolus. Massnahmen wie kostenlose Kinderbetreuung für Frauen in systemrelevanten Berufen, Gesundheitsfürsorge für alle und der Aufbau von Pflegeeinrichtungen für die gesamte Bevölkerung seien längst überfällig.

Dazu kommen ein universelles Grundeinkommen, Elternurlaub, Krankengeld, ein Budget für Sans-Papiers, Hausangestellte, Frauen mit Behinderungen und Sexarbeiterinnen. Der Notfall- und Aufbauplan enthält dazu einige sehr konkrete Forderungen. Der Mindestlohn für alleinerziehende Mütter soll beispielsweise auf 24,80 Dollar pro Stunde angehoben werden.

Hawaii, erklärt Khara Jabola-Carolus im Interview mit «The Lily», einem Magazin der «Washington Post», sei der ideale US-Staat für einen solchen Notfallplan, der als Blaupause für die ganzen USA dienen könne. In Hawaii lebt eine multiethnische Bevölkerung, darunter viele Immigranten. Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung ist hoch, die Zahl der Mehrgenerationenhaushalte ebenso. Die Betreuung von Kindern und Alten sei die teuerste in den ganzen USA, legt sie dar. Dazu kämen die höchsten Lebenshaltungskosten aller US-Staaten, was schon vor der Krise zwei Drittel aller Hawaiianer in Schwierigkeiten brachte.

Abhängigkeit vom Tourismus reduzieren

Übergeordnetes Ziel des Wiederaufbaus ist, die Abhängigkeit Hawaiis vom Tourismus zu vermindern, wo vor allem Frauen prekär beschäftigt sind. Subventionen sollen zuerst an grüne und nachhaltige Projekte vergeben werden, die stabile Arbeitsplätze schaffen, beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien. Gesundheitsfürsorge, öffentliche Dienste und der Zugang zu digitalen Werkzeugen sollen Vorrang vor anderen Themen haben. Zur Finanzierung des Umbaus soll die Grundsteuer erhöht werden.

Hawaii ist mit solchen Plänen nicht allein, auch Chile in Südamerika hat einen feministischen Notfallplan vorgelegt. Wie wichtig die Unterstützung von Frauen ist, um aussergewöhnliche Situationen bewältigen zu können, zeigen vergangene Krisen. Bemühungen um mehr Chancengleichheit werden teils um Jahre zurückgeworfen.

Erfahrungen mit solchen Folgen hat zum Beispiel Sierra Leone, wo es während der Ebola-Epidemie infolge von Schulschliessungen mehr Vergewaltigungen und mehr Teenie-Schwangerschaften gab als zuvor. Viele betroffene junge Frauen brachen ihre schulische Ausbildung deshalb ab.


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Gleichstellung und Gleichberechtigung: Angleichung der Geschlechter – nicht nur in Politik und Wirtschaft.

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Eine Meinung zu

  • am 28.05.2020 um 17:27 Uhr
    Permalink

    Vielleicht schafft es Hawaii noch vor der Schweiz ein nachhaltiges Grundeinkommen ein zu führen. Finanziert würde ein solches Grundeinkommen durch Ressourcen-Lenkungsabgaben auf Energie und wie Sie im Beitrag erwähnen die Grundstücksteuer.
    Ideal wird die Finanzierung ergänzt durch eine Mikrosteuer auf Finanztransaktionen.

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