Atombombe

Eine einzige Atombombe kann Millionen von Menschen töten. © nk

Darum sind kleinere Atombomben sogar gefährlicher!

Christian Müller /  Die Münchner Sicherheitskonferenz steht vor einer ganz neuen Entwicklung: Es sollen jetzt «kleine» Atombomben gebaut werden.

Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die USA würden jetzt technologisch verbesserte und vor allem auch kleinere Atombomben herstellen, ist zwar weltweit – meist mit Kopfschütteln – zur Kenntnis genommen worden. Das Thema des Tages aber wurde die Meldung nicht. Es kam erstaunlicherweise nicht zu einem Hype, zu einer alles Andere überdeckenden Medien-Sensation.

Haben die Journalisten das Wort «kleinere» vielleicht so interpretiert, dass damit auch die Gefahr eines Atom-Krieges kleiner wird?

In der Realität ist es genau umgekehrt!

Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld ist in seinem Fach einer der renommiertesten auf dieser Welt. Seine überraschende – oder auch schockierende – These ist, dass die Erfindung der Atombombe das beste war, das der Menschheit wiederfahren konnte, denn seit dem ersten Einsatz von Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki sei es, so van Creveld, gerade wegen der Abschreckungswirkung der Atombomben nur noch zu ‹kleineren› kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen: im Irak, in Syrien, in Jemen, aber das sei mit den beiden Weltkriegen nicht zu vergleichen. So zynisch diese These tönt, einen Kern Wahrheit mag sie haben. Keine der Atommächte – die USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea – hat seit 1945, dem Jahr der Atombomben-Abwürfe über Hiroshima und Nagasaki, eine weitere Atombombe in kriegerischem Einsatz abgeworfen. Alle wissen: Ein Krieg mit Atomwaffen führt mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Ende der Menschheit. Das bestehende Atomwaffen-Arsenal hat ein Mehrfaches der Zerstörungskapazität, die zum Auslöschen der Menschheit nötig ist.

Und warum jetzt kleinere Nuklearwaffen?

Kleinere Atombomben können nur einen Zweck haben: dass sie eben nicht nur zur Abschreckung dienen, sondern tatsächlich eingesetzt werden können! Zum Beispiel in Nordkorea oder im Iran, was dann nicht unbedingt zu einem grossen Atomkrieg der grossen Atommächte führen müsse. Der pure Wahnsinn!

Bestätigt wird diese Strategie des jetzt plötzlich wieder denkbaren Einsatzes von Atomwaffen denn auch durch eine Reaktion aus Israel. Der international als Experte für nukleare Kriegführung bekannte Professor Louis René Beres, Militär-Berater sowohl in den USA wie auch in Israel, veröffentlichte am 2. Februar 2018 im israelischen BESA Center für Strategische Studien in Tel Aviv einen Kommentar, in dem er auch einen Erstschlag gegen den Iran nicht ausschliesst. Und, obwohl er das ein wenig verdeckt formuliert, er plädiert letztlich doch unmissverständlich dafür, dass sich Israel auch im Bereich der Atomwaffen auf alle Varianten einer kriegerischen Auseinandersetzung genauestens vorbereiten soll. Als Schlusssatz seiner Analyse zitiert der israelische Strategieexperte den berühmten preussischen Militär-Strategen Carl von Clausewitz (1780-1831): «Es gibt den Fall, wo das Äusserste zu wagen die höchste Weisheit ist.»

Dieses Clausewitz-Zitat kann, im Umfeld der strategischen Argumentation des israelischen Strategie-Experten, nur so verstanden werden: Es kann der Fall eintreten, wo die beste – nach Clausewitz die ‹weiseste› – Lösung ein atomarer Erstschlag gegen den Iran ist.

Das sind, bei allem Optimismus von Professor Martin van Creveld, keine wirklich guten Aussichten.

– – – – – 

Das Comeback der Atomwaffen: Zu einem Beitrag von Fredy Gsteiger zur Münchner Sicherheitskonferenz auf SRF4, hier anklicken (mit Video).

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Die Analyse von Professor Louis René Beres (in englischer Sprache) kann unten in extenso eingesehen und als PDF heruntergeladen werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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4 Meinungen

  • am 17.02.2018 um 13:12 Uhr
    Permalink

    Keine Frage: Kleinere Atombomben senken die Schwelle, sie auch einzusetzen.
    Ich vermisse ebenfalls den internationalen Aufschrei und ein Verbot derselben.

    Militärstrategen und die Strippenzieher im Tiefenstaat sind heute paranoid-kranke Menschen mit Verfolgungs- und Verarmungswahn.
    Gesunde Menschen haben längst erkannt, dass Frieden und Kooperation für die Menschheit alternativlos sind.

    The Deep State doesn’t care.
    It’s a monster, a nightmare.
    We have to get rid of it –
    or never get out of this shit.

  • am 17.02.2018 um 13:46 Uhr
    Permalink

    Die Menschheit wird sich irgendwann mal selber auslöschen – dazu beherbergt sie zu viele Idioten.

  • am 17.02.2018 um 14:49 Uhr
    Permalink

    Die Produktion auch von kleinen Atombomben ist ein Geschäft mit dem Risiko, dass die ganze Menschheit einmal ausgerottet wird. Laut dem «Don’t Bank on the Bomb» Report des letzten Jahres investieren weltweit seit Januar 2013 390 Geldinstitute aus 26 Ländern in die Atomwaffenindustrie, total 498 Milliarden US Dollar. Auch die Nationalbank, Banken, Versicherungen und Pensionskassen der Schweiz investieren in Firmen die Atombomben produzieren.

    Die Pensionskasse der SBB investiert auch in Atomwaffen. Die Kasse schrieb mir: «Die Politik hält auch fest, dass die erwartete Rendite des Anlageportfolios durch entsprechende Einschränkungen nicht geschmälert werden darf, da das finanzielle Ziel gute und nachhaltige Renditen zu erwirtschaften, vorgängig ist.» «Zurzeit ist die Pensionskasse SBB in die von Ihnen genannten Firmen investiert. »

    Die Atomraketen können hüben wie drüben in wenigen Minuten gestartet werden, auch in Büchel in Deutschland, in den Niederlanden, in Belgien, in Aviano und Ghedi in Italien, in Incirlik in der Türkei, in Faslane in Grossbritannien, in Frankreich, in Kaliningrad in Russland, in den USA, in Indien, Pakistan, Israel oder auf mit Nuklearraketen bestückten U-Booten und Kriegsschiffen.

    Seit über 60 Jahren hatten wir Glück, mehre Male ist die Welt bekanntlich an einem atomaren Holocaust vorbeigeschlittert. (https://netzfrauen.org/2015/08/03/es-ist-5-vor-12-wir-stehen-am-rande-eines-atomkrieges-on-the-brink-of-nuclear-war-and-you-dont-see-it-coming/

  • am 17.02.2018 um 16:16 Uhr
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    Verrückt und entsprechend alarmierend verantwortungslos ist ja auch, dass «klein» in diesem Fall grösser und zerstörerischer als die Bombe von Hiroshima bedeutet.

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