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Risikoreiche Operation der Bauchspeicheldrüse © MAS

In kleinen Spitälern ist das Todesrisiko grösser

upg /  Vor allem bei schwierigen Operationen gilt: Übung macht den Meister. Doch manche Spitäler «üben» weniger als zehnmal pro Jahr.

Viele Spitäler führen Operationen zu selten durch. Das erhöht das Komplikations- und Todesrisiko für die Patienten, wie die neusten Vergleichszahlen des Bundesamts für Gesundheit zeigen.

Wenn Operationsteams und Spitäler bestimmte Eingriffe häufig vornehmen, kommt es zu weniger Komplikationen und Todesfällen. Dies gilt in der Regel für Eingriffe am Herz, Behandlungen von Schlaganfällen, den Ersatz von Hüft- und Kniegelenken oder für Kaiserschnitte. Doch selbst beim heiklen Entfernen der Bauchspeicheldrüse gab es in der deutschen Schweiz 19 Spitäler, die diese Operation im Jahr 2011 weniger als zehnmal durchgeführt hatten. Wo es zu nur zwei oder drei Eingriffen kam und wo zu acht oder neun, will das Bundesamt für Gesundheit «unter anderem aus Datenschutzgründen» nicht bekannt geben. Zehn Eingriffe pro Jahr gelten in Deutschland und andern Ländern als absolutes Minimum. Je mehr Übung ein Spital mit der Bauchspeicheldrüse hat, und je besser verschiedenen Spitalabteilungen zusammenarbeiten, desto weniger Komplikationen müssen Patienten erleiden und desto weniger sterben noch im Spital.

Universitätsspitäler an der Spitze

Mindestens für komplizierte Operationen wie die an der Bauchspeicheldrüse, auch Pankreas genannt, lohnt es sich für Patienten, ein Universitätsspital aufzusuchen. Im Vergleich zu Zentrumsspitäler kam es dort zu vierzig Prozent weniger Todesfällen (5,5 Prozent statt 7,8 Prozent). In absoluten Zahlen: Zentrumsspitäler hätten im 2011 zehn Todesfälle vermeiden können, wenn sie so gut gearbeitet hätten wie Universitätsspitäler. Das zeigt eine Auswertung der BAG-Zahlen durch Josef Hunkeler, Gesundheitsspezialist des Preisüberwachers. Gezählt wurden Todesfälle nur, wenn die Patienten noch während des Spitalaufenthalts starben. Man könne davon ausgehen, dass es in Universitätsspitälern auch zu weniger Komplikationen komme als in Zentrumsspitälern. Ein Vergleich mit Regionalspitälern sei nicht möglich, weil die BAG-Statistik zu unvollständig ist.

In Holland können Kassen Spitäler ausschliessen

«Seit den Neunzigerjahren ist klar, dass die sogenannten Fallzahlen einen grossen Einfluss auf die Qualität der chirurgischen Eingriffe haben», sagt Jan Maarten van den Berg vom niederländischen Gesundheitsinspektorat. Er überwacht den Erfolg von Operationen in Hollands Spitäler. Holland erfasst nicht nur die Todesfälle, die sich während der Operation oder noch während des Spitalaufenthalts ereignen, sondern auch die Todesfälle bis zu einem Monat nach Spitalaustritt. Die holländischen Krankenkassen können Spitaloperationen von der Versicherungsdeckung ausschliessen, wenn diese zu selten durchgeführt werden. Das ist ein Anreiz für die Spitäler, sich zu spezialisieren. Letztes Jahr starben in den Niederlanden nur noch halb so viele Patienten bei oder nach der Entfernung der Bauchspeicheldrüse wie noch vor fünf Jahren, freut sich Jan Maarten van den Berg. Wesentlich dazu beigetragen hätten höhere Fallzahlen und das seriöse Erfassen und Vergleichen von Komplikationen.
Infektionen als Qualitätskriterium
Die Operationshäufigkeit ist nur eines unter verschiedenen Kriterien, um die Qualität von Operationen zu messen. In der Schweiz wird erst die Mortalität nach Operationen flächendeckend erfasst. Als zweiter Qualitätsindikator hat der «Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern» ANQ erste Zahlen der postoperativen Infektionen veröffentlicht. Auch dort zeigt sich die Tendenz, dass es bei eingespielten Teams, welche eine Operation häufig durchführen, zu weniger Infektionen kommt.

19 DEUTSCHSCHWEIZER SPITÄLER MIT WENIGER ALS 10 PANKREAS-OPERATIONEN IM JAHR 2011
Kantonsspital Bruderholz BL; Lindenhofspital Bern; Klinik Sonnenhof AG, Bern *; Spitäler STS Thun und Zweisimmen zusammen *; Spitalzentrum Biel *; Stadtspital Waid ZH; GZO Spital Wetzikon ZH *; Spital Uster ZH **; Klinik im Park ZH **; See-Spital ZH **; Privatklinik Bethanien AG ZH **; Spital Limmattal ZH *; Spital Männedorf ZH *; Spitäler Schaffhausen SH *; Klinik St. Anna LU *; SRO Spital Region Oberaargau AG **; Hirslanden-Klinik Aarau AG *; Zuger Kantonsspital ZG *; Kantonsspital Uri *.

*bereits 2010 weniger als 10-mal
** 2010 keine solche Operation

Schauen Sie nach, wie häufig Ihr Spital eine bestimmte Operation im Jahr 2010 durchgeführt hat. Diese Suche ist auf der BAG-Webseite relativ einfach: Zuerst unter «Abfrage» das Spital suchen und dann die Operation (Indikation) wählen.

Siehe auch

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Arztfehler_Schere

Vermeidbare Arzt- und Spitalfehler

In Schweizer Spitälern sterben jedes Jahr etwa 2500 Patientinnen und Patienten wegen vermeidbarer Fehler.

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Eine Meinung zu

  • am 16.10.2013 um 11:55 Uhr
    Permalink

    Wo soll sich ein Patient schlussendlich operieren lassen?! Neben der qualitätsfördernden und komplikationsmindernden Operationshäufigkeit gilt es stets auch die Problematik von Spitalinfektionen zu beachten. Dies ist gerade bei routinemässigen einfachen Operationen zu hinterfragen, denn die Gefahr sich mit einem multiresistenten schwer zu behandelnden ‹Spitalkeim› anzustecken ist in den grossen Spitälern leider grösser als in den kleinen Spitälern. Die Sicherung der Behandlungssicherheit unserer Patienten ist somit viel komplizierter, als uns dies in den Medien ständig ‹vorgegaukelt› wird, da unter dem wirtschaftlichen Druck der Spitäler gegenüber Ihren operierenden Ärzten und Krankenpfleger/innen noch viele zusätzliche ‹komplikationsbeeinflussende› wirtschaftsoptimierende Nachteile existieren.

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