MSC: Wachstum auf Kosten von Umwelt und Sicherheit
Die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf kontrolliert heute rund ein Fünftel der weltweiten Containerkapazität. Mit inzwischen etwa 750 (laut Greenpeace) bis 900 Schiffen (laut «Tagesanzeiger») ist sie zur grössten Reederei der Welt aufgestiegen. Greenpeace hat die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre untersucht – und zeichnet in einem Report das Bild eines Konzerns, der sein rasantes Wachstum mit alternden Schiffen, Billigflaggen und problematischen Entsorgungspraktiken ermöglicht hat.
Die Havarie der «Elsa 3» ist nur ein Beispiel
Zwischen 2015 und 2025 dokumentierten Behörden und Organisationen weltweit immer wieder Sicherheitsmängel, Umweltverstösse sowie mehrere grössere Unfälle von MSC-Schiffen. Jüngstes Beispiel ist die Havarie der «Elsa 3» vor der Küste des indischen Bundesstaats Kerala im Mai, was die Umwelt nachhaltig beschädigte (Infosperber berichtete). Chemikalien, Öl und Millionen Plastikpellets gelangten ins Meer.
Laut Greenpeace steht dieses Schiff exemplarisch für grosse Teile der MSC-Flotte. Es handle sich häufig um Schiffe, die MSC im grossen Stil gebraucht kaufe und bevorzugt im globalen Süden einsetze. Viele seien unter Billigflaggen wie Liberia oder Panama gemeldet – Länder mit geringen Sicherheits- und Umweltstandards und niedrigen Steuern.
Billigflaggen und alternde Schiffe
Nach Berechnungen von Greenpeace beträgt das durchschnittliche Alter eines MSC-Schiffs 16,8 Jahre – unter den grossen Containerreedereien hätte MSC damit die Flotte mit den ältesten Schiffen. Und je älter die Schiffe, desto häufiger treten technische Probleme auf.
Die «Elsa 3» etwa wurde bereits 2010 in Rotterdam wegen 21 Beanstandungen festgesetzt. Es folgten weitere Mängelrügen in Hongkong, Jordanien, Bangladesch und Indien, nachdem MSC das Schiff 2015 in Liberia gemeldet hatte. Die Rügen reichten von Öl im Maschinenraum bis zu Problemen mit den Rettungsbooten. Greenpeace zeichnet die Geschichte eines alternden und vernachlässigten Schiffs nach.
Entsorgung von Schiffen auf asiatischen Abwrackwerften
Auch beim Abwracken alter Schiffe nutze MSC laut Greenpeace systematisch Lücken in internationalen Vorschriften. Obwohl der Konzern nach der Hongkonger Konvention zum umweltverträglichen Abwracken verpflichtet ist, verkaufte er 2023 mindestens 14 Schiffe an Abwrackwerften im indischen Alang, die für gefährliche und umweltbelastende Bedingungen bekannt sind. Die Organisation Shipbreaking Platform zählt rund 100 MSC-Schiffe, die in den vergangenen 15 Jahren in ähnlichen Werften in Südasien landeten.
Maximieren von Profit durch Minimieren von Verantwortung
In rechtlichen Auseinandersetzungen verfolge MSC laut Greenpeace eine klare Strategie: Haftungsrisiken sollen minimiert werden, indem der Konzern sich auf internationale Haftungsbegrenzungen beruft, Verantwortung auf Betreiber abschiebt oder Billigflaggen vorschiebt.
Streitfälle in Europa und in den USA seien in der Vergangenheit oft mit stillen Vergleichen beigelegt worden. Öffentlich betone MSC meist die gute Zusammenarbeit mit Behörden, schnelle Gegenmassnahmen und Sanierungsbemühungen – ohne Fehler einzuräumen.
Nun kann man keinem Unternehmen vorwerfen, dass es seine Profite optimiert, indem es Gegebenheiten am Markt zu seinem Vorteil nutzt. MSC aber nütze Lücken in den internationalen Marinegesetzen sowie die Schwächen lokaler Hafenbehörden gezielt aus, resümiert Greenpeace – auf Kosten der Umwelt und oft auch der Sicherheit der Schiffsbesatzungen. In Rechtsstreitigkeiten versuche der Konzern sich soweit wie möglich seiner Verantwortung zu entziehen.
Wo der Druck gross ist, reagiert MSC schnell
In europäischen Gewässern habe MSC bei Unfällen umgebend eine volle Säuberung finanziert und Ansprüche schnell beglichen. In Südasien oder Afrika hingegen sei der Konzern oft von Regierungen gezwungen worden, Entschädigungen zu leisten. Daten von Hafenkontrollbehörden zeigten laut dem Bericht zudem, dass wiederkehrende Sicherheits- und Besatzungsmängel häufig erst nach offiziellen Mitteilungen oder Bussen behoben wurden.
Momentan wartet der indische Bundesstaat Kerala auf Entschädigung. Dessen oberstes Gericht erkannte am 25. September das grosse Ausmass ökologischer und wirtschaftlicher Schäden an. Das Gericht setzte die MSC-Schiffe «Manasa F» und «Akiteta II» fest. «Manasa F» wurde von MSC inzwischen ausgelöst, «Akiteta II» befindet sich weiter in Kerala. Insgesamt geht es um rund eine Milliarde US-Dollar an Schadensersatzansprüchen. Die Aufräumarbeiten werden voraussichtlich mehrere Jahre dauern.
Hirslanden-Gruppe gehört bald der MSC-Reederei
Anfang Dezember wurde publik, dass Mediterranean Shipping Company (MSC) die Schweizer Privatklinikgruppe Hirslanden übernimmt, die bislang zum Mediclinic-Konzern gehört. Hirslanden beschäftigt rund 11’000 Angestellte und arbeitet mit über 2500 Ärztinnen und Ärzten zusammen. Zur Hirslanden-Gruppe gehören 16 Kliniken in neun Kantonen. Die Übernahmeverträge sollen laut dem «Tagesanzeiger» Anfang 2026 unterzeichnet und Ende 2026 abgeschlossen werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.










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