Petition: Prämienzahlende wollen endlich mitentscheiden
Nicht etwa der Markt bestimmt die Preise im obligatorisch versicherten Teil des Gesundheitswesens. Preise und Tarife sind vielmehr Verhandlungssache. Doch bei diesen Verhandlungen sind ausgerechnet diejenigen nicht dabei, die mit ihren Prämien und Steuern die Kosten der obligatorischen Leistungen zahlen – insgesamt über 50 Milliarden Franken.
Aus diesem Grund hat der «Beobachter» eine nationale Petition lanciert. Artikel 43 des Krankenversicherungsgesetzes soll wie folgt ergänzt werden (fett):
«Tarife und Preise werden in Verträgen zwischen Versicherern, Leistungserbringern und einer Vertretung der Prämienzahlenden vereinbart.»
Privatrechtspezialist Professor Kurt Pärli an der Universität Basel meint dazu: «Die Grundausrichtung der Petition stimmt und sie ist sachgerecht. Das könnte man durchaus so machen.»
Wer die Prämienzahlenden vertreten soll, müsste das Parlament oder der Bundesrat in einer Verordnung entscheiden. Der «Beobachter» sieht zwei Varianten: «Etwa der Einsatz des Preisüberwachers als unabhängige Institution, die NGO Pro Salute oder die demokratische Wahl eines Gremiums unter staatlicher Aufsicht.» Sozialversicherungsexperte Kaspar Gehring von der Anwaltskanzlei KSPartner kann sich den Preisüberwacher als Vertreter der Zahlenden vorstellen.
Die Interessen der Krankenkassen sind mit denen der Prämienzahlenden nicht identisch
Die Krankenkassen sagen zwar, sie würden die Interessen ihrer Versicherten bereits vertreten. Dies ist jedoch unzureichend der Fall. Eine Studie von Professor Tilman Slembeck in Auftrag des BAG und des Seco kam zum Schluss (Seite 24):
«Die Anreize der Versicherer, sich für tiefe Tarife einzusetzen, dürften limitiert sein, da im OKP-Bereich (obligatorische Krankenversicherung) ein Gewinnverbot besteht und ihnen moderate Tarife somit keinen direkten Nutzen bringen.»
Kostenspirale durchbrechen
Die «systematische Ausgrenzung der Prämienzahlenden aus Tarifverhandlungen» sei «demokratiepolitisch problematisch», sagt der «Beobachter». Eine Beteiligung der Zahlenden an den Honorar- und Tarifverträgen soll helfen, die Kostenspirale zu durchbrechen: «Die Krankenkassenprämien steigen ungebremst: 2024 um 8,7 Prozent, 2025 um weitere 6 Prozent auf Fr. 378.70 monatlich, 2026 um 4,4 Prozent auf Fr. 393.30 (mittlere Monatsprämie). Für eine vierköpfige Familie bedeutet dies fast 1200 Franken monatlich.»
Deshalb sollen Entscheide über Preise und Tarife für die Prämienzahlenden «nicht mehr hinter verschlossenen Türen fallen», erklärt «Beobachter»-Chefredaktor Dominique Strebel. Denn dort sässen «Krankenkassenvertreter, Ärzte- und Spitalverbände – aber nicht die Menschen, die die Rechnung zahlen. Wer bezahlt soll mitentscheiden».
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Die Online-Petition kann hier unterschrieben werden.
Ziel sind 15’000 Unterschriften. Unterschrieben haben bisher über 5000.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Die Ergänzung einer Vertretung der Prämienzahlenden in Art. 43 Abs. 4 KVG ist überfällig. Allerdings wäre eine Initiative verpflichtender als eine Petition. Als Patientenvertretung könnte ich mir den Preisüberwachter, die Schweiz. Patientenorganisation (SPO) und die Stiftung für Konsumentenschutz vorstellen.