Kommentar

Gedanken aus dem Paradies

Hannes Britschgi © Zvg

Hannes Britschgi /  An diesem Nationalfeiertag fällt es schwer, nur unser schönes Land Schweiz in den Blick zu nehmen - trotz Trumps Zollhammer.

Heute gehören meine Gedanken und mein Mitgefühl der Bevölkerung von Gaza und den Geiseln in der Hand der Hamas. Diesen geschundenen, geplagten, gequälten Menschen. Den Verletzten und Getöteten.

Wenn ich jetzt über Gaza schreibe, dann muss mein 1. August 2025 am 7. Oktober 2023 in Israel beginnen. Dort massakrierten Kämpfer der Hamas über 1’100 Menschen und verschleppten gegen 250 als Geiseln in den Gaza-Streifen.

Seither wird dieser kleine Landstreifen am östlichen Mittelmeer von den israelischen Streitkräften bombardiert, in Schutt und Asche gelegt. Die Bevölkerung kurzfristig von einer Zone in die andere gehetzt, gezielt und systematisch ausgehungert, von allen lebensnotwendigen Ressourcen wie Nahrung, sauberes Wasser, Strom oder Gas, medizinische Versorgung abgeschnitten. Begründung: Die Hamas muss vernichtet und die Geiseln befreit werden.

Wer immer Kritik am Vorgehen der israelischen Armee äussert, wird schnell als Antisemit beschimpft, als wäre es nicht selbstverständlich, dass die Art und Weise, wie Netanjahu diesen Gaza-Krieg führen lässt, bei allen Menschen Entsetzen und Abscheu auslösen muss.

Natürlich hat Israel ein Recht auf Selbstverteidigung, wenn es so brutal wie am 7. Oktober angegriffen wird. Die ganze Welt kennt das Ziel der Hamas: die Vernichtung Israels, und kennt das gnadenlose Hamas-Regime im Gaza-Streifen. Und natürlich hat der Nahostkonflikt eine lange, traurige Geschichte. Und wir alle wissen von der historischen Katastrophe des Holocaust. Ja, wir dürfen nie vergessen, was war.

Rechtfertigen aber alle diese Verbrechen, dass Israel ein weiteres hinzufügen darf? Müssen sich Menschen, die sich über die Kriegsführung in Gaza kritisch äussern, vorhalten lassen, ihr Entsetzen sei antisemitisch und sie seien Anhänger der Hamas? Nein, auf keinen Fall.

Wenn eine Regierung konsequent die ganze Infrastruktur einer Bevölkerung zerstört, dabei Zehntausende von getöteten Zivilisten als Kollateralschaden in Kauf nimmt, konsequent die internationalen Journalistinnen und Journalisten von Gaza fernhält und plant, die palästinensische Bevölkerung zu Hunderttausenden in abgesperrten Ghetto-Städten zusammenzupferchen, dann dürfen, ja dann müssen wir unsere Stimme erheben, unabhängig davon, was vorher war, weil es für dieses unerträgliche Jetzt in Gaza keine Rechtfertigung gibt.

Auch keine Rechtfertigung dafür, dass wir uns in unserem schönen Paradies einfach still und leise wegducken – im Paradies, das gerne seinen Status als Depositarstaat der Genfer Konventionen unterstreicht, der völkerrechtlichen Verträge für eine möglichst humanitäre Kriegsführung.


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Keine
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Eine Meinung zu

  • am 1.08.2025 um 18:16 Uhr
    Permalink

    ARD Tagesschau 10.02 2025 07:46: «Auf einem Flug mit der Präsidentenmaschine «Air Force One» sagte der Republikaner über das Küstengebiet: «Wir sind entschlossen, es zu besitzen, es zu nehmen und sicherzustellen, dass die Hamas nicht zurückkommt.»

    Zur Aussage im Artikel: «Wenn eine Regierung konsequent die ganze Infrastruktur einer Bevölkerung zerstört, dabei Zehntausende von getöteten Zivilisten als Kollateralschaden in Kauf nimmt, konsequent die internationalen Journalistinnen und Journalisten von Gaza fernhält und plant, die palästinensische Bevölkerung zu Hunderttausenden in abgesperrten Ghetto-Städten zusammenpferchen..» dann lautet eine Antwort: Ein internationaler Untersuchungsausschuss muss eingesetzt werden, der beurteilen muss, ob US-Präsident Trump mit seinen Gaza-Plänen den israelischen Premier Netanjahu animiert haben könnte mit allen Mitteln dafür zu sorgen, «dass die Hamas nicht zurückkommt.» und das aus dem Ruder gelaufen ist.
    Gunther Kropp, Basel

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