Wer nahe am Golfplatz lebt, hat ein erhöhtes Parkinson-Risiko
Golf gilt als Sport der Elite, die Plätze kommen daher wie geschniegelt und gebügelt. Genau das aber hat seine Schattenseiten. Eine neue Studie auf Basis einer repräsentativen Stichprobenauswahl zeigt: Wer in der Nähe von Golfplätzen wohnt, ist einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an Parkinson zu erkranken.
Der Grund: Auf Golfplätzen werden zur so genannten Pflege der Anlagen Pestizide in beachtlichem Ausmass eingesetzt. Und diese verbreiten sich über die Luft oder über das Wassersystem ins Umland und können den Gesundheitszustand der dort lebenden Personen beeinträchtigen.
Nahe am Golfplatz: Wahrscheinlichkeit für Parkinson-Diagnose mehr als verdoppelt
Wer in einem Umkreis von einer Meile um einen Golfplatz wohnt, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit, eine Parkinson-Diagnose zu erhalten, mehr als doppelt so hoch als bei jenen, die mehr als sechs Meilen entfernt wohnen. «Unsere Ergebnisse zeigen eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung», schreiben die Forscher. «Menschen, die in der Nähe von Golfplätzen leben, haben ein deutlich höheres Risiko, an Parkinson zu erkranken.» So heisst es in der Studie, die in «Jama Network Open» veröffentlicht wurde.
Pestizide, darunter Neurotoxine wie Chlorpyrifos und Maneb, sind seit langem ein wichtiger Bestandteil der Golfplatzpflege, da sie die so genannten Fairways und Grüns so gut in Schuss halten. Schon frühere Studien haben einen Zusammenhang zwischen Chemikalien wie diesen und der Entwicklung von Parkinson gezeigt.
Die Forscher durchforsteten die Daten von mehr als 5500 Personen in Minnesota und Wisconsin, die im Rahmen des Rochester Epidemiology Project erhoben worden waren. Sie begannen mit den Krankengeschichten von 419 Parkinson-Patienten und 5113 entsprechenden Kontrollpersonen. Dann untersuchten sie, wie nahe die Studienteilnehmer an einem von 139 Golfplätze wohnten, und verglichen diese Zahlen mit den Merkmalen der örtlichen Trinkwassersysteme.
Das Parkinson-Risiko nimmt bei Personen deutlich zu, deren Trinkwasser aus Grundwasserversorgungsgebieten stammt, in denen sich ein Golfplatz befindet. Ihre Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken, ist fast doppelt so hoch wie bei anderen, die in ähnlichen Regionen aber ohne Golfplatz leben. Das Team stellt sogar ein noch höheres Risiko in «anfälligen» Gebieten fest, etwa solchen mit flachem Grundgestein oder groben Böden, in denen Pestizide leicht in die Grundwasser-führenden Schichten gelangen können.
Kontamination über das Grundwasser und die Luft
Die Daten deuten darauf hin, dass gemeinsame kommunale Wassersysteme zu einer erhöhten Risiko-Exposition führen können. Insbesondere wenn Grundwasser-Brunnen in der Nähe von Golfplätzen betrieben werden. Das ist nicht alles. Denn wie die Studie weiter zeigt, führt allein schon die räumliche Nähe zu einem Golfplatz zu erhöhten Parkinson-Risiken. Das hänge mit Pestizidrückständen in der Luft zusammen, heisst es dort weiter.
Während anekdotische und berufsbedingte Hinweise schon in der Vergangenheit auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Golfplätzen und der Parkinson-Krankheit hingewiesen hatten, ist dies eine der ersten gross angelegten Bevölkerungsstudien, die diesen Zusammenhang untersucht.
Frühere und kleinere Untersuchungen haben ein erhöhtes Auftreten von Parkinson bei Angestellten von Golfplätzen und bei Personen, die in der Nähe von behandelten Grüns wohnen, aufgedeckt. Sie verfügten jedoch nicht über so umfangreiche geografische und medizinische Daten.
Im Fazit halten die Forscher einen stringenteren Einsatz von Pestiziden auf Golfplätzen für nötig. Das gelte vor allem in Regionen, in denen die Bewohner auf die Förderung und Aufbereitung von Grundwasser angewiesen sind. «Unsere Studie liefert biologisch plausible Belege dafür, dass das Parkinson-Risiko erheblich zunimmt, wenn eine Person in der Nähe eines Golfplatzes lebt», schreiben sie.
Ein Problem bei dieser Studie ist, dass die Wissenschaftler weder wissen, welche Berufe die Leute hatten (Landwirte etwa gelten als gefährdeter), noch wie lange sie in der Nähe des Golfplatzes gewohnt haben und wie viel Zeit sie in dieser Nähe verbracht haben. Zudem wurden früher andere Spritzmittel verwendet.
In der Schweiz: Golfplätze im Visier der Umweltschützer
Auch in der Schweiz sind die Golfplätze längst ins Visier von Umwelt- und Klimaschützern geraten. Aktivisten wie jene von «Grondements des Terres» bezeichnen Golf als eine der umweltschädlichsten Sportarten überhaupt. Golfplätze verschwendeten wertvolles Land, verbrauchten viel Wasser und sie würden mit Pflanzenschutzmitteln überfrachtet, behaupten sie.
Das Bundesamt für Umwelt sieht bei Golfplätzen drei ökologische Problemfelder: «Die Wasserbewirtschaftung im Lichte der zunehmenden Trockenheit, der Schutz der biologischen Vielfalt und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger.» Problematisch werde Letzteres vor allem, wenn Abstandsauflagen zu Gewässern nicht eingehalten oder wenn Spritzgeräte auf einem Werkhofareal gereinigt werden, das in die Kanalisation entwässert.
Die Kontrolle von Golfplätzen fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Noch im Jahr 2021 zeigten stichprobenartige Kontrollen, dass die Betreiber von Golfplätzen Pflanzenschutzmittel beinahe so intensiv einsetzten wie fachunkundige Schrebergärtner. Auf zwei Zürcher Golfplätzen entsprachen die verwendeten Produkte nicht den gesetzlichen Vorschriften. Immerhin müssen Golfplatzbetreiber den Einsatz seit Anfang dieses Jahres auf einer digitalen Plattform protokollieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ihre Meinung
Lade Eingabefeld...