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Daniel Goldstein © Grietje Mesman

Sprachlupe: Böses Hupen pfui, lieber Wink nicht immer hui

Daniel Goldstein /  Im Strassenverkehr ist meistens nur Kommunikation ohne Worte möglich. Auch dafür gelten Regeln: die des Gesetzes und des Anstands.

Was sich im Strassenverkehr abspielt, verschlägt uns manchmal die Sprache. Reden wäre da aber sowieso unnütz: Wer etwas zu hören bekäme, ist meistens für Worte unerreichbar. Manches Mitteilungsbedürfnis entlädt sich daher mittels Autohupe, aber Achtung: Das Signalhorn ist nicht zum Protestieren oder Belehren da. Das Strassenverkehrsgesetz (SVG, Art. 40) ist klar: «Wo die Sicherheit des Verkehrs es erfordert, hat der Fahrzeugführer die übrigen Strassenbenützer zu warnen. Unnötige und übermässige Warnsignale sind zu unterlassen. Rufzeichen mit der Warnvorrichtung sind untersagt.» Was das konkret bedeutet, zeigt eine gute Übersicht bei Law.ch.

Es kann demnach beim Hupen immer nur darum gehen, eine akute Gefahr abzuwenden. Nach überstandener Gefahr den (vermeintlich) Schuldigen nachzuhupen, geht nicht an – auch nicht unter dem Vorwand, sie zwecks künftiger Sicherheit zu ermahnen. Schon gar kein Grund für ein Hup­signal ist es, sich freie Bahn zu verschaffen. Doch gerade solches Getute erschallt häufig, wenn jemand «zu langsam» fährt, etwa auf der Wegsuche. Oder wenn das lästige Hindernis ein Velo ist und die einzige Gefahr darin liegt, dass es sich im Moment nicht gefahrlos überholen lässt.

Kreisel korrekt verlassen

Neben verbotenen wortlosen Mitteilungen erschweren den Verkehr solche, die vorgeschrieben wären, aber unterbleiben. Aus Verkehrskreiseln wird oft ohne Blink- oder Handzeichen abgebogen – vielleicht «weil ja niemand hintendran ist». Aber auch wer bei der Einfahrt zum Kreisel wartet und ein Fahrzeug kommen sieht, wüsste gern, ob dieses gleich abbiegen oder aber im Kreisel bleiben wird. Zwar bietet ein Zeichen keine Garantie fürs Abbiegen, aber es ermöglicht das zügige Einfahren, sobald das ausfahrende Vehikel nicht mehr und das nächste noch nicht gefährlich ist.

Und überhaupt: «Das Verlassen des Kreises muss angezeigt werden.» (Verkehrs­regelnverordnung Art. 41b). Im gleichen Artikel steht auch: «Auf Kreisverkehrsplätzen können Radfahrer vom Gebot des Rechtsfahrens abweichen.» Gemeint ist, dass sie in der Mitte der Spur bleiben dürfen, um nicht überholt zu werden – das ist also kein Grund für wütendes Hupen oder gar unflätige Handzeichen aus dem vordrängenden Auto.

Kinder nicht verführen

Es gibt indes auch freundliche Handzeichen, von denen Fachleute abraten, namentlich beim Fussgängerstreifen: Da gilt gemäss SVG der Vortritt für alle, «die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten» – was sie aber «nicht überraschend» tun dürfen (Art. 33 und 49). Bis 1994 verlangte die Regelnverordnung zusätzlich ein Handzeichen für die Absicht, den Streifen zu benützen; der Passus wurde abgeschafft, da er über das Gesetz hinausging. Wer auf Rädern einem Fussgängerstreifen näherkommt, muss seither selber merken, ob jemand «im Begriff ist, ihn zu betreten». Im Zweifel hält man besser an – aber ohne zusätzlich mit einem Wink zum Überqueren einzuladen.

Diese freundliche Geste ist vor allem dann gefährlich, wenn sie einem Kind gilt: Es könnte auf die Einladung vertrauen und nicht darauf achten, ob ihm durch ein weiteres Fahrzeug Gefahr droht. Die von diversen Fachstellen getragene Website Schulweg.ch empfiehlt, anzuhalten und ohne Handzeichen Kinder (oder auch Erwachsene) passieren zu lassen. Sie haben ja den Vortritt, müssen aber dennoch selber darauf achten lernen, sich nicht in Gefahr zu bringen. Gut gemeint ist also auch im Verkehr nicht immer gut, bös gemeint indessen immer bös.

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Portrait_Daniel_Goldstein_2016

Sprachlupe: Alle Beiträge

Daniel Goldstein zeigt, wie Worte provozieren, irreführen, verharmlosen – oder unbedacht verwendet werden.

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