PFAS

KI-Darstellung einer PFAS-Verschmutzung. In der Realität sind PFAS nicht akut toxisch. Verschmutzungen bleiben oft lange unbemerkt. © DALL-E, KI-generiert

PFAS-Schäden: Versicherungen reagieren mit Klauseln

Daniela Gschweng /  Erste Versicherer schliessen Zahlungen wegen PFAS-Verschmutzungen aus. Bisher gibt es in Europa jedoch nur wenige Klagen.

Die Versicherer werden auf das sich abzeichnende PFAS-Kostenrisiko aufmerksam. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfahl Versicherern Mitte April, PFAS-Schäden per Klausel aus Versicherungsverträgen auszuschliessen.

Der GDV empfiehlt konkret, PFAS-Schäden aus Berufs- und Betriebs- und Produkthaftlichtversicherungen und als Umweltrisiko in Verträgen zunächst auszuschliessen. Bedingungen und Höhe der versicherten Schäden durch bestimmte PFAS-Verbindungen könnten dann in einer in einem zweiten Schritt individuell festgelegt werden, so Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV.

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) stufte PFAS in einem Bericht über neu auftretende Risiken (Emerging Risks) als Risiko für die Branche ein. Vor allem, weil PFAS als Hormonstörer (endokrine Disruptoren) gelten. Denkbar seien beispielsweise Kosten für Rückrufaktionen belasteter Lebensmittel oder Sanierungskosten. Da PFAS sehr langlebig und nicht akut toxisch sind, könne sich auch «eine Welle von Spätschäden» ergeben. Betroffen seien Haft-, Unfall-, Schadens-, Gesundheits- und Lebensversicherungen.

Versicherer handeln, die Politik zögert noch

Die Versicherer handeln damit schneller und risikobewusster als die Politik. Nur wenige PFAS sind bisher reguliert. Ein Verbot der gesamten Substanzklasse auf EU-Ebene steht im Raum. Das Komplettverbot würde nur wenige Ausnahmen zulassen, was nicht in allen Mitgliedsländern Zustimmung findet. Es gibt erhebliche Lobbying-Anstrengungen, um ein solches Gesetz zu verhindern.

Bisher werden PFAS breit eingesetzt, in der Produktion verwendet und nicht flächendeckend überwacht. Einige Unternehmen wie der Outdoor-Hersteller Vaude haben jedoch bereits reagiert und versuchen, ohne PFAS auszukommen.

PFSA Ausschlussklausel
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft schlägt diese Klauseln in Versicherungsverträgen vor.

PFAS-Ewigkeitschemikalien wurden kürzlich im Bodensee gefunden, im Grundwasser um den Euroairport Basel-Mulhouse, im nahen deutschen Grenzach und in der Thur im Kanton Zürich. Wahrscheinliche Ursache in diesen Fällen: Feuerlöschschäume.

Es gibt zahlreiche andere PFAS-Quellen wie Klärschlämme oder Industrieabwässer. Ein Blick auf die PFAS-Risiken-Karte des «Forever Pollution Projekts» sagt dabei auch den grössten Optimisten: Weitere Funde sind wahrscheinlich.

PFAS-Verschmutzung könnte sehr teuer werden

Die Sanierung der extrem haltbaren Chemikalien kann teuer und aufwendig werden. Besonders betroffen wäre die Chemiebranche, Hersteller von Feuerlöschschäumen und ihre Zulieferer. Oder Unternehmen, die PFAS in der Produktion einsetzen. Was einigermassen schwer einzugrenzen ist – PFAS finden sich zum Beispiel in Kosmetika, Beton und Lebensmittelverpackungen.

In den USA warnten Anwälte im vergangenen Jahr vor der «grössten Klagewelle seit den Asbest-Verfahren» und «astronomischen Kosten» (Infosperber berichtete). Inwiefern europäische Versicherer durch PFAS-Forderungen betroffen sein könnten, liesse sich derzeit kaum vorhersagen, schreibt die «Handelszeitung» unter Bezug auf einen Versicherungsanalysten.

Vor allem Rückversicherer mit US-Geschäft könnten stark betroffen sein, da dort zahlreiche Klagen hängig sind. Auch die privaten Versicherungen, Sozialversicherungen und auch Firmenhaftpflichtversicherer stünden unter möglichem Kostenrisiko. Schätzungen von PFAS-Folgekosten belaufen sich für die Schweiz auf mindestens eine Milliarde Franken und wenigstens 95 Milliarden Euro für Europa.

Bisher zahlt oft der Konsument

In Deutschland stehen bisher vor allem die Wasserversorger in der Pflicht. Sie müssen sauberes Trinkwasser gewährleisten. Um rechtlich gegen Verursacher von PFAS-Verschmutzungen vorzugehen, fehlte ihnen aber oft das Geld, berichtet die «taz». Eine Prozesskostenfinanzierung könne helfen, schlägt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor.

In Rastatt, wo in den Nullerjahren grosse Gebiete mit Dünger aus Papierschlämmen mit PFAS verschmutzt wurden (Infosperber berichtete), kamen hohe Investitionen auf die Wasserversorger zu, die diese nun an die Haushalte weitergeben. Bisher tragen also die Konsument:innen einen guten Teil der Rechnung. Trinkwasser sei für sie deutlich teurer geworden, berichtete der SWR. In der Schweiz zahlte bisher oft der Bund.


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Zum Infosperber-Dossier:

PFAS.Dossier.M&P

PFAS-Chemikalien verursachen Krebs und können Erbgut schaden

Die «ewigen Chemikalien» PFAS bauen sich in der Natur so gut wie gar nicht ab. Fast alle Menschen haben PFAS bereits im Blut.

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