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Ein UN-Bericht listet 69 sexuelle Übergriffe auf – begangen durch Blauhelm-Soldaten © Wikimedia Commons/cc

UNO-Soldaten als Sex-Täter

Andreas Zumach /  Blauhelme aus 21 Ländern werden des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. UNO meldet einen «besorgniserregenden» Anstieg der Fälle.

Die UNO will schärfer gegen sexuelle Übergriffe durch Mitglieder von Friedensmissionen in ihren jeweiligen Stationierungsländern vorgehen. Der UN-Sicherheitsrat wird voraussichtlich am Freitag einen verbindlichen Massnahmenkatalog für alle 193 Mitgliedsstaaten beschliessen. Insbesondere afrikanische Entsendestaaten von Soldaten, Polizisten und Zivilangestellten für UNO-Missionen, aber auch Deutschland und Kanada unternähmen bislang viel zu wenig, um derartigen Verbrechen vorzubeugen, entsprechende Vorwürfe aufzuklären und überführte Täter zu bestrafen, heisst es in einem Bericht von Generalsekretär Ban Ki-moon, der am letzten Freitag veröffentlicht wurde.
Der UNO-Generalsekretär spricht in seinem Bericht von einem «zutiefst besorgniserregenden Anstieg» der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Ausbeutung. Im vergangenen Jahr gab es 69 derartige Vorwürfe, 2014 waren es 52. Ban verspricht, die UNO werde «allen Anschuldigungen gegen Angehörige ihrer Friedensmissionen mit Entschlossenheit nachgehen». Insgesamt hat die UNO in den derzeit weltweit 16 Friedensmissionen knapp 125’000 Soldaten, Polizisten und zivile Mitarbeiter im Einsatz.
Die meisten Fälle in afrikanischen Ländern
Die 69 Vorwürfe des vergangenen Jahres betreffen Staatsangehörige aus 21 Ländern, die in dem Bericht des Generalsekretärs erstmals auch mit Namen genannt werden. An erster Stelle der Verdachtsfälle stehen demnach Soldaten aus der Demokratischen Republik Kongo mit sieben Beschuldigungen, gefolgt von Marokko und Südafrika mit je vier Vorwürfen. Die meisten Beschwerden richteten sich gegen Soldaten afrikanischer Länder: Kamerun, Kongo, Tansania, Benin, Burkina Faso, Gabun, Niger, Nigeria und Togo waren betroffen. Auch gegen Polizisten aus Ruanda, Ghana, Madagaskar und Senegal gab es Vorwürfe.
Unter den Angeschuldigten waren aber auch Polizisten aus Deutschland und Kanada, die bei UN-Blauhelmmissionen dabei waren. Auch Polizisten aus Moldawien und der Slowakei wurden aufgelistet.
Bei zwei UN-Missionen gab es den Grossteil der Beschuldigungen wegen Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch oder sexueller Ausbeutung: bei der Minusca-Truppe in der Zentralafrikanischen Republik sowie bei der Minusco in der Demokratischen Republik Kongo.
Zuletzt hatte die UNO 120 kongolesische Blauhelme aus Zentralafrika wegen neuer Vorwürfe des Kindesmissbrauchs abgezogen. Auch gegen französische Soldaten waren dort schon mehrfach schwere Vorwürfe erhoben worden. So sollen französische Blauhelme in einem Lager nahe der Hauptstadt Bangui zwischen Dezember 2013 und Juni 2014 mehrere Kinder im Alter zwischen 9 und 13 Jahren missbraucht haben.
Massnahmen zur Prävention, Aufklärung und Sanktionierung
Ausnahmslos alle im Bericht des Generalsekretärs genannten Entsendestaaten kooperieren bislang überhaupt nicht oder nur unzureichend mit der New Yorker UNO-Zentrale bei der Aufklärung dieser Vorwürfe und der Sanktionierung erwiesener Verbrechen. Letztere kann mangels einer eigenen UN-Gerichtsbarkeit nur durch die Justizbehörden der Entsendestaaten erfolgen. Ban schlägt eine Reihe von Massnahmen vor zur Prävention, Aufklärung und Sanktionierung sexualisierter Gewalt durch Mitglieder von Friedensmissionen. Diese Massnahmen sollen durch die geplante Resolution des Sicherheitsrates für alle 193 UNO-Mitgliedsstaaten verbindlich gemacht werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Andreas Zumach ist spezialisiert auf Völkerrecht, Menschenrechtspolitik, Sicherheitspolitik, Rüstungskontrolle und internationale Organisationen. Er arbeitet am europäischen Hauptsitz der Uno in Genf als Korrespondent für Printmedien, wie beispielsweise die tageszeitung (taz), Die Presse (Wien), die WoZ und das St. Galler Tagblatt, sowie für deutschsprachige Radiostationen und das Schweizer Fernsehen SRF. Bekannt wurde Zumach 2003 als Kritiker des dritten Golfkrieges. Im Jahr 2009 wurde ihm der Göttinger Friedenspreis verliehen.

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«Nur wer die Gewalt bei sich versteht, kann sie bei andern bekämpfen.» Jean-Martin Büttner

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