Sperberauge

… hat bloss seinen Job gemacht

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Der Freitod eines Topmanagers ist erneut das Top-Thema der Medien. Mit zum Teil billigen Kommentaren.

Die AZ / Nordwestschweiz widmet in der heutigen Ausgabe (30.8.2013) dem Abgang von Josef Ackermann als VR-Präsident der «Zürich» die halbe Frontseite und gleich danach zwei weitere volle Seiten. Ohne allerdings vermelden zu können, was im Abschiedsbrief von Zürich-Versicherungs-Finanzchef Pierre Wauthier geschrieben steht und was zwischen dem VR-Präsidenten Josef Ackermann und seinem Finanzchef abgelaufen ist.

Bereits klar dagegen ist, so AZ-Chefredaktor Christian Dorer in seinem Frontseiten-Kommentar, dass Ackermann keine (Mit-)Schuld trifft. «Ackermann hat bloss seinen Job gemacht», schreibt er da. «Ein VR-Präsident muss unbequem sein.»

Was aber, wenn Ackermann von seinem Finanzchef hochriskante Anlagen verlangte? Wenn Ackermann seinen Finanzchef zum Beispiel dazu drängte, in hochproblematische, rein spekulative Finanzprodukte zu investieren, wozu ein redlicher Mann nicht bereit ist? Das muss kein Grund sein, den Freitod zu wählen. Man kann auch den Bettel hinschmeissen. Aber auch ein Finanzchef kann eine weiche Seite haben und an der Unvereinbarkeit zwischen totaler Identifizierung mit «seiner» Firma und nicht zu verantwortenden Machenschaften zerbrechen.

Verwaltungspräsidenten haben nicht die Aufgabe, nur mit dem Kopf zu nicken. Aber sie haben auch nicht nur die Aufgabe, Befehle zu erteilen und Forderungen zu stellen. Führungsleute an oberster Stelle sind auch für die Firmenkultur verantwortlich, und zu dieser gehören der Umgang mit Menschen, die Achtung vor den Mitarbeitern, die Motivation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die interne Kommunikation.

«Sachlich betrachtet ist der Rücktritt nicht gerechtfertigt. () Ackermann hat bloss seinen Job gemacht.»

Der Chefredaktor weiss es.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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