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Bei Röntgenbildern kommt es zu folgenschweren Verwechslungen © Ivan Gabovitch/Flickr/CC

Röntgenbilder verwechselt, falsch behandelt

upg /  In der Spitalalltags-Hektik kommen Behandelte zu Schaden. Eine einfache Massnahme würde viele Fälle vermeiden, beweist eine Studie.

«Verwechslungen, bei denen eine Röntgen-Aufnahme einem falschen Patienten oder einer falschen Dokumentation zugeordnet wird, machen einen relativ hohen Anteil der Fehler bei radiologischen Untersuchungen aus», erklärt Professor David Schwappach, wissenschaftlicher Leiter der «Stiftung Patientensicherheit Schweiz». Im Spitalalltag, vor allem in Notfallstationen, kämen oft Situationen vor, in denen Namen und Alter zur Identifikation der Patientin oder des Patienten fehlen. «Besonders riskant» seien Situationen, bei denen mehrere Röntgenbilder für einen Patienten vorliegen, auch ältere: «Dann potenziert sich die Gefahr von Zuordnungsfehlern», sagt Schwappach.

Simple Massnahme: Gesichtsfotos anheften

Deshalb fordert der Experte für Spitalsicherheit, dass den Röntgenbildern identifizierende Portrait-Fotos der Patienten zugeordnet werden: «Die Nutzung von Fotos als ergänzender und leicht prüfbarer Identifikator kann gerade in Hoch-Risiko-Situationen zusätzliche Sicherheit generieren und sollte daher verstärkt zum Einsatz kommen.» Es handle sich «um eine relativ einfache und kostengünstige Massnahme, zumal wenn die Fotos bei modernen Geräten direkt automatisch im Zuge des Röntgens produziert werden».

Studie beweist den Nutzen
Für seine Forderung nach «verstärktem Einsatz von Fotos» stützt sich Professor Schwappach auf eine experimentelle Studie in den USA (siehe Abstract).
Ausgang der Studie waren dreissig Patienten von zwei US-amerikanischen Intensivstationen, für die jeweils Thorax-Röntgenaufnahmen von mindestens zwei Zeitpunkten vorlagen (insgesamt 166 Röntgen-Aufnahmen). Für alle Patienten lagen auch aktuelle Portrait-Fotos vor, die im Spital im Verlauf der Untersuchung gemacht worden waren. Eine Gruppe von zufällig ausgewählten, erfahrenen Radiologen mussten jeweils 10 zufällig ausgewählte Röntgenbilder-Paare evaluieren und angeben, ob sich der Zustand des Patienten verbessert hat. Eines der zehn Röntgenbilder-Paare war eine absichtliche Verwechslung, um die Ärzte zu prüfen. Die Hälfte der Radiologen bekamen Röntgenbilder ohne Foto, die andere Hälfte mit Foto des Patienten vorgelegt.
Es wurde natürlich nicht explizit danach gefragt, ob die zwei Aufnahmen vom gleichen Patienten stammen. Vielmehr waren die Kliniker aufgefordert, alle Auffälligkeiten zu kommentieren. Ein Assistent war anwesend und registrierte seitens der Kliniker verbalisierte aber nicht dokumentierte Hinweise auf «falsche Paarungen» oder Zuordnungen.
Diese falschen Paarungen erkannten 77 Prozent der Radiologen, die als Zusatzinformation die Portrait-Bilder hatten, korrekt als falsch, aber nur 31 Prozent der Radiologen, welche die Bilder ohne Portrait-Fotos prüften.
Fast die Hälfte der Ärzte, welche die Bilder mit den Fotos vorgelegt bekamen, sagte, dass ihnen die Portrait-Bilder beim Interpretieren hilfreich waren.

Man fragt sich, warum Fotos der Patientinnen und Patienten nicht obligatorisch an Röntgenbilder geheftet werden. Schliesslich geht es um das Vermeiden falscher Behandlungen und unnötigen Leidens.



Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Vermeidbare Arzt- und Spitalfehler

In Schweizer Spitälern sterben jedes Jahr etwa 2500 Patientinnen und Patienten wegen vermeidbarer Fehler.

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Eine Meinung zu

  • am 14.10.2014 um 16:37 Uhr
    Permalink

    Im Ospedale San Giovanni, Bellinzona werden seit Jahren vor der Bestrahlungstherapie Portaitfotos gemacht und den dossiers beigegeben. Dieser kleine Aufwand ist es offenbar wert, Verwechslungen zu vermeiden.

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