Sperberauge

Post manipuliert Zahlen zur Pünktlichkeit von Paketen

Marco Diener © zvg

Marco Diener /  Die Post hat angeblich ihre Pünktlichkeitsziele erreicht. Geholfen hat ein Trick: Sie hat nur die guten Monate berücksichtigt.

95 Prozent der Pakete müssen pünktlich eintreffen. So lautet die Vorgabe in der Postverordnung. Konkret heisst das: Priority-Pakete müssen innerhalb eines Werktags ankommen, Economy-Pakete innerhalb dreier Werktage.

«Pünktlich unterwegs»

Die Post zieht fürs vergangene Jahr eine positive Bilanz: «Trotz erschwerter Bedingungen und einem Paket-Allzeitrekord war die Schweizerische Post im Jahr 2021 bei der Zustellung von Paketen und Briefen pünktlich unterwegs. Im zweiten Corona-Jahr hat sie die Qualitätsziele der Postgesetzgebung erfüllt und teilweise sogar übertroffen.»

BildPaketemitLieferwagenCLWflickr
Die Post hat Mühe mit der Paketflut.

«Während der relevanten Messperiode»

95,0 Prozent der Priority-Pakete und 95,9 Prozent der Economy-Pakete seien «während der relevanten Messperiode von acht Monaten pünktlich» angekommen, schreibt die Post. Interessant ist die Einschränkung «während der relevanten Messperiode». Normalerweise misst die Post nämlich die Laufzeiten sämtlicher Pakete während des ganzen Jahres. Letztes Jahr hingegen hat sie die beiden ersten und die beiden letzten Monate nicht berücksichtigt. Januar und Februar wegen des Lockdowns, November und Dezember wegen «des starken Anstiegs krankheitsbedingter Personalausfälle». «Während des Lockdowns», schreibt die Post, «sind die Paketmengen regelrecht explodiert. Gleichzeitig mussten auch bei der Post viele Angestellte zu Hause bleiben. Dies war für die Post unvorhersehbar und unvermeidbar.»

«Force-majeure-Ausnahmen»

Den Antrag, nur die guten Monate zu berücksichtigen, hatte die Post gestellt. Bewilligt hat ihn die Postcom. Sie wacht über die Qualität der postalischen Grundversorgung. Sie spricht von «Force-majeure-Ausnahmen», also Ausnahmen wegen höherer Gewalt.

Zahlen liegen vor

Es ist nicht so, dass die Zahlen fürs ganze Jahr nicht vorlägen. Sie sind durchaus vorhanden. Die Post hat sie in ihrer Medienmitteilung ganz am Schluss sogar genannt und auf die «beschränkte Messperiode» hingewiesen. Diese Zahlen zeigen jedoch ein anderes Bild: Von den Priority-Paketen kamen im letzten Jahr nur 94,1 Prozent pünktlich an. Damit hat die Post das Pünktlichkeitsziel eigentlich verpasst.

Ziele nicht erreicht

Noch deutlicher wars 2020. Da hat die Post ihre Statistik geschönt, indem sie die Monate März bis Juli und Oktober bis Dezember unberücksichtigt liess. So erfüllte sie die Pünktlichkeitsziele während der restlichen vier Monate gerade noch. Hätte sie das ganze Jahr gezählt, hätte die Pünktlichkeit bei Priority-Paketen nur 90,1 Prozent betragen, bei Economy-Paketen 89,9 Prozent. Oder anders gesagt: Bei jedem zehnten Paket hat die Post ihr Versprechen nicht gehalten.

Es ist kurios, dass die Post und die Aufsichtsbehörde die Statistik mit Rechentricks aufmöbeln. Entscheidend ist ja, was die Kunden der Post erleben. Und das lässt sich nicht schönreden: Zu viele Pakete kommen zu spät an.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Tasche_Hintergrund

Konsumentenschutz

Einseitige Vertragsklauseln. Täuschungen. Umweltschädlich. Hungerlöhne. Erschwerte Klagemöglichkeiten.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.