Sperberauge

Internet frisst Wettbewerb

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Prof. Mathias Binswanger warnt vor Illusionen. Transparenz ist für Konzerne nicht attraktiv, im Gegenteil.

«Ein wirklich perfekt funktionierender Markt, auf dem viele Anbieter das gleiche Gut in vollständiger Konkurrenz zueinander anbieten, war für Unternehmen schon immer unattraktiv. Es ist geradezu ein Kennzeichen der wirtschaftlichen Entwicklung, dass solche Märkte nach und nach verschwinden.» Das schreibt Mathias Binswanger, der Schweizer Ökonom, Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Dozent an der Universität St. Gallen, auf ZEIT online. Echter Wettbewerb funktioniere fast nur noch in den Entwicklungsländern, wo lokale Bananenhändler für ihre Bananen nicht mehr verlangen können, als ihre Konkurrenten – ihre Mitbewerber, wie das heute im Business so euphemistisch-friedlich heisst.

Die Entwicklung zu einer digitalen Wirtschaft, schreibt Binswanger, habe bewirkt, dass die Chancen zur Errichtung einer globalen Marktdominanz immer besser werden, was Gewinne in vorher nie da gewesenem Ausmass ermögliche. Dies zeige eine eben erschienene Arbeit von Professoren der Universitäten Harvard und Zürich und des MIT unter dem Titel The Fall of the Labor Share and the Rise of Superstar Firms. Die Untersuchung beschäftige sich mit sogenannten Superstar-Unternehmen wie Facebook oder Google, die dank marktbeherrschender Stellung auf globalisierten Märkten enorm erfolgreich sind. So besitze etwa Google bei Suchmaschinen weltweit einen Marktanteil von um die 90 Prozent. «2016 erwirtschaftete das Unternehmen einen Reingewinn von fast 20 Milliarden Dollar, was einem Gewinn pro Mitarbeiter von 335 000 Dollar entspricht», so Binswanger.

Und warum das so ist? «Aufgrund der Daten über Kunden und ihr Verhalten lassen sich Produkte und Preise für den einzelnen Nutzer massschneidern, was Preis- und Produktvergleiche zwischen Konzernen erschwert. In der digitalen Wirtschaft wird das Lehrbuchmodell des perfekten Marktes mit vollständiger Konkurrenz endgültig zur Fiktion.»

(Die von Mathias Binswanger erwähnte Studie umfasst 74 Seiten, ist in englischer Sprache erschienen und kann unten downgeloadet werden.)


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