Bitcoin ist nur noch ein Spielzeug der Haie an der Wallstreet
Bitcoin – was einmal als Revolution des Finanzsystems gefeiert wurde, ist inzwischen zu einer gigantischen Spekulationsblase verkommen. Die so genannte Kryptowährung wird zwar auch heute noch als Alternative zu «schwachen Fiat-Währungen» wie dem Dollar und Euro oder als Konkurrenz zum «wertstabilen» Gold angepriesen. Doch in Wirklichkeit hat sie sich in ein Spielzeug der Wallstreet verwandelt.
Wertstabiles Tauschmittel – von wegen
Mit fatalen Folgen, wie der erfahrene und kritische Marktkenner Chris Whalen auf seinem Blog IRA (Institutional Risk Analyst) schreibt. In seinen Augen ist Bitcoin im Jahr 2009 mit einem grossen Versprechen angetreten: ein dezentrales Zahlungsmittel mit begrenztem Angebot zu sein; frei von staatlicher Kontrolle und als eine Alternative zum ständig an Wert verlierenden Dollar. Doch der Traum zerplatzte. Statt eines wertstabilen Tauschmittels entstand ein hochspekulatives Instrument, das heute trotz aller Zweifel oft als Vermögenswert bezeichnet wird.

Die unglaublichen Kursschwankungen sorgten bei den Händlern des höchst umstrittenen «digitalen Gutes» für enorme Gewinne. Und so brauchte es nicht lange, bis diese die Aufmerksamkeit der gierigen Haie an der Wallstreet erregten. Damit begann der Niedergang.
Der 19. Oktober 2021 habe für eine Zäsur gesorgt, so Whalen: Der erste Bitcoin-ETF in den USA ging an den Start. Der ProShares Bitcoin Strategy ETF handelte nicht mit «echten Bitcoins», sondern mit Terminkontrakten an der Chicago Mercantile Exchange. Es handelt sich also um ein Derivat eines Derivats auf einen «virtuellen Vermögenswert». Daraufhin strömten mehr Anleger in den Markt, da der «Krypto-Token» zumindest in den Augen der Promotoren endlich erwachsen geworden zu sein schien.
Doch in Wahrheit hat die Wallstreet den Bitcoin damit unmittelbar an die «Fiat-Welt» gekettet – an genau jene Welt «vergänglicher Normalwährungen» also, von der Bitcoin die an Stabilität interessierten Anleger eigentlich befreien sollte.
ETFs: Die Weltuntergangsmaschinen
Und das ist nicht alles. Denn Exchange Trades Funds, kurz ETFs, sind in den Augen ihrer Kritiker Brandbeschleuniger an den internationalen Finanzmärkten. Ihre Existenz und vor allem auch die zunehmende Beliebtheit bei den Anlegern führten dazu, dass Kursgewinne und Verluste an den Märkten übertrieben würden. Bei Bitcoin wirke dieser Mechanismus besonders verheerend. Denn anders als bei Aktien und Anleihen gebe es keinen ausgereiften Terminmarkt, der Preisbewegungen dämpfen könnte.
Sobald Geld in einen Bitcoin-ETF fliesst, dauert es manchmal Stunden oder gar Tage, bis es direkt im Bitcoin-Markt ankommt, weil organisatorisch verschiedene Stellen dazwischengeschaltet sind. Wenn etwa ein Grossverkäufer, ein sogenannter «Wal», einen grossen Block Bitcoin abstösst, fehlt dem Markt die unmittelbare Transparenz. Die Information sickert nur langsam durch. ETFs verstärken diese strukturelle Schwäche noch. Die angeblich gute Liquidität, von der manche Forscher sprechen, entpuppt sich als Trugschluss.
Bitcoin hat als Zahlungssystem versagt, nun wird er als «Wertspeicher» vermarktet
Michael Green, Chefstratege bei Simplify Asset Management, bringt es auf den Punkt: «Bitcoin war als Peer-to-Peer-Zahlungssystem gedacht. Allerdings ist er diesbezüglich völlig gescheitert. Die Transaktionsgeschwindigkeit ist zu gering, die Kosten zu hoch.» Also erfanden die Bitcoin-Jünger eine neue Marketingstrategie: Bitcoin als digitales Gold, als Wertspeicher.
Doch auch dieses Marketingmärchen verliert langsam, aber sicher seinen Reiz. Green fragt: «Sehen wir einen dramatischen Anstieg der Nutzung von Bitcoin für Transaktionen? Nein. Akzeptieren die Regierungen grosser Länder Bitcoin für Steuerzahlungen? Nein. Was ist also der reale Nutzen und Wert, abgesehen von Spekulation?»
Damit Bitcoin zur wirklichen Währung würde, müssten ihn die Regierungen bedeutender Staaten als reguläres Zahlungsmittel anerkennen und zum Beispiel zur Tilgung von Schulden zulassen. Das aber wäre genau das Gegenteil von Bitcoins ursprünglicher Vision, nämlich einer «staatsfreien Währung». Selbst El Salvador, das einst dafür gefeiert wurde, Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen, nutzt es kaum. Währenddessen kaufen Zentralbanken weltweit massiv Gold – echtes Gold, keine virtuellen Token.
Strategy: Ein Beispiel für eine gigantische Schuldenfalle
Der gefährlichste Aspekt: Bitcoin dient zunehmend als Sicherheit für Dollar-Schulden. Das amerikanische Unternehmen Micro Strategy, heute bekannt unter am abgekürzten Namen Strategy, ist ein Paradebeispiel dafür. Das Unternehmen hat über Wandelanleihen gut sieben Milliarden Dollar aufgenommen und seine Aktienanzahl verdoppelt, um Bitcoin zu kaufen. Der durchschnittliche Kaufpreis beträgt etwa 66′ 000 Dollar pro Bitcoin, bei einem Gesamtaufwand von etwa 33 Milliarden Dollar.
Strategy spekuliert einfach nur darauf, dass Bitcoin immer teurer werden und damit sein Unternehmenswert immer weiter steigen wird. Was aber geschähe, sobald Bitcoin unter diesen Durchschnittspreis fallen sollte? Dann drohten Zwangsliquidationen – und das in einem Bitcoin-Markt, der im Gegensatz zu echten Währungen hochgradig illiquide ist. Die Firma müsste Bitcoin-Token gegen Dollar verkaufen, um Schulden zu tilgen. Und das in einem ineffizienten Marktumfeld, das durch die Existenz von ETFs und Terminkontrakten noch verschlechtert wird. So droht ein Teufelskreis, in dem hochspekulative «Bitcoin-Wetten» wie Strategy ausgelöscht werden.
Das Stablecoin-Märchen
Während Bitcoin unter seinen eigenen Widersprüchen ächzt, bläst sich bereits das nächste Luftschloss auf: Die Stablecoins. Diese sollen unter Präsident Donald Trumps Führung salonfähig gemacht werden. Tatsächlich unterzeichnete die Regierung im Juli 2025 das Genius-Gesetz, das einen Regulierungsrahmen für «stabile» Krypto-Münzen schaffen soll.
In Michael Greens Augen dagegen ist es ein ebenso absurdes Unterfangen wie der Sherman Silver Purchase Act von 1890, der die USA fast in den Bankrott getrieben hatte. Ein Stablecoin habe ohne den Status als gesetzliches Zahlungsmittel keinerlei Chance auf Erfolg – weder als Tauschmittel noch als Spekulationsobjekt. Denn solche Krypto-Token korrelierten nicht mit Gold, sondern folgten den Launen der Aktienmärkte. Sie seien nicht viel mehr als digitale Chips für die Verwendung in einem Spielcasino.
Die Ironie der Geschichte: Die Haie der Wallstreet haben übernommen
Insgesamt sollte Bitcoin von der Idee her das Finanzsystem revolutionieren. Stattdessen hat das Finanzsystem Bitcoin aufgesogen und in ein weiteres spekulatives Instrument verwandelt. Die Wallstreet hat Bitcoin nicht getötet – sie hat ihm etwas Schlimmeres angetan: Sie hat ihn zu einem Teil von sich selbst gemacht. Die Blockchain hat sich in ein Spielfeld für Derivatehändler verwandelt.
Während messianische Bitcoin-Anhänger blind darauf hoffen, der eingebildete «Vermögenswert» werde sie vor dem Zusammenbruch der Fiat-Währungen schützen, sind sie längst in die Fänge der Geier der Wallstreet geraten. Derweil sie auf die Apokalypse warten, haben die Spieler an der Wallstreet die Regeln und ihr Marketing zu ihren eigenen Gunsten verändert. Die Realität ist: Es ist und bleibt ein Spiel zulasten des kleinen Normalanlegers.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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