Die grosse Enttäuschung bei «Rabatt auf alles, ausser …»
Oft folgt auf die Freude über ein Rabattangebot die Enttäuschung: Zum Beispiel warb das Murtner Sportgeschäft Mondosport gross für «25 Prozent Rabatt auf dem gesamten Sortiment». Nur wer das Sternchen dahinter beachtet und dann das Kleingedruckte unter dem Inserat liest, erfährt: Der Rabatt gilt keineswegs für das ganze Sortiment. Die Ausnahmen sind zahlreich. So gibt es keinen Rabatt auf alle Velos, E-Bikes und auf Velozubehör. Auch grosse Marken wie Stöckli oder Garmin sind ausgenommen.
Es kommt oft vor, dass Geschäfte mit Rabatten werben die angeblich für alles gelten, dann aber im Kleingedruckten stark eingeschränkt werden.

Das Berner Warenhaus Loeb führt die Ausnahmen gar nicht mehr bei den Rabatten auf, sondern verweist auf seine Website mit den «Rabattausnahmen». Dort zeigt sich dann: Nicht gültig sind die Rabatte in der ganzen Lebensmittelabteilung und in 25 weiteren eingemieteten Geschäften. Dazu kommen Bücher, Kitchenaid-Küchenmaschinen, Swatch-Uhren und Dutzende weitere Produkte und Marken.
Auch die Grossverteiler Coop und Migros preisen Rabatte aufs ganze Sortiment an und fügen dann eine Liste von Ausnahmen an. Bei Coop sind die Einschränkungen in kaum entzifferbarer Mini-Schrift aufgeführt.


Das ist auch bei Vergünstigungen auf Teile des Sortiments so. Die Migros bietet zum Beispiel 20-fache Cumulus-Punkte auf «Hackfleischprodukte in Selbstbedienung» an, schreibt dann aber im Kleingedruckten, dass das nicht für Demeter- und Geflügelprodukte gelte. Doch damit nicht genug. Noch weiter unten folgt weiteres Kleingedrucktes. Und dort steht, dass das Angebot auch nicht für die Billiglinie M-Budget gelte.
Sind so viele und oft kaum auffindbare oder lesbare Ausnahmen überhaupt erlaubt?
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wacht darüber, dass Händler ihre Preise korrekt bekannt geben. In der Preisbekanntgabeverordnung sind Rabatt-Ausnahmen erlaubt. Aber sie müssen gut sicht- und lesbar sein.
Seco-Mediensprecher Fabian Maienfisch schreibt Infosperber: «Wenn ein Rabattangebot durch eine Vielzahl von Ausnahmen gekennzeichnet ist, dann könnte die Spezifizierungspflicht verletzt sein, da für die Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr erkennbar ist, welche Waren herabgesetzt sind.»
«Rabatt auf fast gar nichts»
Einen konkreten Fall hat das Seco bisher noch nicht behandelt. Hingegen hat sich ein Gericht in Deutschland schon einmal deutlich gegen zu viele Ausnahmen bei Rabattwerbung ausgesprochen. Es wertete ein Rabattschild mit «20 Prozent auf alles» als irreführend, weil in den Ausnahmen zu viele Waren vom Angebot ausgenommen waren. Das Gericht fand sogar, dass die Werbung überspitzt formuliert lauten müsse: «Rabatt auf fast gar nichts.»
Nur im Internet: Nicht erlaubt
Zu den konkreten Beispielen äusserte sich das Seco wie folgt.
Loeb: «Falls die Ausnahmen vom Rabatt nur im Internet aufgeführt sind, die Rabatte aber auch für die Angebote im Laden gelten, könnte die Spezifizierungspflicht verletzt sein. Denn die Ausnahmen müssen stets am Ort der Offerte aufgelistet sein. Ein blosser Verweis auf eine Internetseite ist nicht ausreichend.» Für die Beurteilung komme es aber auch darauf an, wie die Ausnahmen im Laden gekennzeichnet seien.
Migros: Dass die Migros nicht alle Rabatt-Ausnahmen am gleichen Ort erwähnt, findet das Seco zwar zulässig. Es fügt aber hinzu: «Eine klarere Platzierung oder Hervorhebung wäre wünschenswert.»
Coop: Weil der Coupon keinen Rabatt, sondern multiplizierte Superpunkte anpreist, fällt er nicht unter die Preisbekanntgabeverordnung. Das Seco sagt jedoch: «Sofern es sich um ein Rabattangebot handeln würde, wären wir der Meinung, dass die auf dem betreffenden Coupon verwendete Schriftgrösse mit einer Höhe von ca. 0,86 Millimetern nicht ausreichen würde, um die gute Sichtbarkeit und Lesbarkeit der Rabattausnahmen zu gewährleisten.» Das Seco gibt keine Mindestschriftgrösse an, sondern urteilt im Einzelfall. Nützliche Orientierungshilfen seien dabei unter anderem die Empfehlungen der Schweizerischen Lauterkeitskommission und die gesetzlichen Vorschriften der Arzneimittel-Zulassungsverordnung. Beide Stellen gehen von einer guten Lesbarkeit aus, wenn die Schrift mindestens 8 Punkt gross ist. Das entspricht ungefähr 3 Millimetern.
Falsch verstanden: Ein Velo ist kein «Outdoor-Artikel»
Die Schweizerische Lauterkeitskommission, mit welcher sich die Werbebranche selber kontrolliert, ist mit ihren Entscheiden zu Rabatt-Anpreisungen sehr liberal.
Sie findet es zum Beispiel zulässig, dass ein Händler «20 Prozent auf Outdoor & Wassersport» anbieten darf und der Rabatt nicht für Velos und E-Bikes gilt.
Die Begründung der von der Werbebranche selber finanzierten Kommission: Die grosse Mehrheit der Kunden identifiziere «Outdoor-Abenteuer» nicht mit Radfahren. Der Beschwerdeführer habe die Werbung falsch verstanden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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