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Die Werbung der Regionalregierung des kanadischen Bundesstaates Ontario gegen amerikanische Zölle, die einen Wutanfall bei Donald Trump auslöste. © Screenshot

Das «Wall Street Journal» rebelliert gegen «Sonnenkönig» Trump

Christof Leisinger /  Sprachrohr der Konservativen übt vernichtende Kritik an medialem Wutanfall wegen kanadischer Antizoll-Werbung mit Reagan.

Donald Trump wurde gerade öffentlich von einem seiner alten Verbündeten geröstet – dem Wall Street Journal, der weltweit einflussreichen Finanzzeitung des Clans um den Milliardär Rupert Murdoch.

In einem vernichtenden Leitartikel (hinter Bezahlschranke) warf die konservative Zeitung Trump vor, sich wie ein «König» zu benehmen, nachdem er wegen einer kanadischen Fernsehwerbung, in der Ronald Reagan vor Zöllen warnte, medial einen «Wutanfall in Grossbuchstaben» bekam und dafür die Reagan-Foundation als Plattform nutzte – siehe Screenshot.

Der Wutausbruch bezog sich darauf, dass die Regionalregierung des kanadischen Bundesstaates Ontario eine einfache, faktenbasierte Werbeanzeige geschaltet hatte, in der Reagan im Rahmen einer Fernsehansprache im Jahr 1987 sagte, was jeder vernünftige Ökonom zu glauben weiss: Zölle schadeten den Amerikanern.

Donald Trump lässt sich nicht gerne kritisieren

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Trumps Wuttirade aufgrund einer Anti-Zoll-Werbung der kanadischen Regionalregierung Ontario.

Aber Donald Trump konnte damit nicht umgehen. Er schimpfte, die Anzeige sei «KI oder so etwas», er beschuldigte Kanada des «Betrugs» und er kündigte dann in einem Anfall von Jähzorn an, die Zölle auf kanadische Importe in die USA, «wegen ihrer schwerwiegenden Falschdarstellung» um weitere zehn Prozentpunkte zu erhöhen.

Die Redaktion des Journals formulierte den Vorgang unverbrämt. Sie schrieb, Trump «benehme sich wie ein König». Er missbrauche seine Macht als Präsident, um Kritiker anzugreifen und unverblümt Reagans Bilanz in wirtschaftlichen Belangen infrage zu stellen. «Reagan wusste, dass Zölle Steuern sind», erinnerte die Zeitung ihre Leser an die Realität, «während Herr Trump so tut, als würden sie von Ausländern bezahlt.»

Konservative Sprachrohr Amerikas bezeichnet Trump als Möchtegern-Monarchen

Das ist ein bemerkenswerter Vorgang: Das «Wall Street Journal», das konservative Sprachrohr Amerikas selbst, hat also Trump gerade als wirtschaftlichen Dilettanten und Möchtegern-Monarchen bezeichnet. Das Blatt ist nicht allein. Allgemein argumentieren verschiedenste kritische Geister, Trumps Handelskriege würden amerikanische Landwirte, Produktionsunternehmen und Konsumenten Milliarden kosten, während er selbst behaupte, Ronald Reagan sei ein zollbegeisterter Sozialist gewesen.

Obwohl es in Reagans gesamter Botschaft im Jahr 1987 um die Vorteile des freien Handels ging, habe Trump sie in eine Ausrede für wirtschaftlichen Nationalismus und politische Rache verdreht, hob das Journal in seiner Kritik an der seiner Meinung nach feigen Kapitulation der Reagan-Foundation gegenüber Trump hervor.

Die Redaktion des «Wall Street Journal» schrieb, «es ist eine Schande, dass ausgerechnet die Reagan-Foundation Trumps Groll mit ihrer Erklärung, die Rede sei aus dem Zusammenhang gerissen worden, nachgibt. Jeder, der die gesamte Rede gehört hat, kann sehen, dass Reagan den freien Handel befürwortet, mit seltenen Ausnahmen aus Gründen des politischen Pragmatismus und der nationalen Sicherheit. Reagan unterstützte auch lange vor Nafta eine nordamerikanische Freihandelszone».

Die entscheidenden Punkte gemäss des Artikels «Reagan vs. Trump on Tariffs»:

  • Hintergrund: Präsident Trump kritisierte Kanada scharf, nachdem Ontario einen Werbespot mit Ronald Reagans Aussagen gegen Protektionismus zeigte. Trump behauptete, die Rede sei «gefälscht» und verhängte daraufhin weitere Zölle gegen Kanada.
  • Trump und Tarife: Trump nutzt Zölle als politisches Instrument und behauptet, sie dienten den nationalen Interessen. Er verhängte spontan einen 10-Prozent-Zusatzzoll auf kanadische Produkte aufgrund eines TV-Spots, was im Artikel als willkürlich und verfassungsrechtlich bedenklich dargestellt wird.
  • Reagan als Freihändler: Die Redaktion betont, dass Reagan grundsätzlich ein Befürworter des Freihandels war. Die erwähnte Ausnahme (Zölle auf japanische Halbleiter) hätten nur dazu gedient, protektionistische Tendenzen im Kongress abzuwehren und sie sei ein politischer Kompromiss gewesen.
  • Fehleinschätzungen zu Reagan: Trump behauptet öffentlich, Reagan «liebte» Zölle. Reagan hingegen betrachtete Zölle als Steuern, welche letztlich den eigenen Bürgern schadeten. Er warnte vor negativen Folgen: Beispielsweise habe der Smoot-Hawley Tariff Act ab dem Jahr 1930 massgeblich zur folgenden Weltwirtschaftskrise beigetragen.
  • Folgen von Protektionismus: Der Artikel nennt konkrete Beispiele, die beweisen, dass Zölle zu Innovationsstau und wirtschaftlichem Schaden führen. Reagans eigene Ausnahme wurde später als Fehler erkannt.
  • Vergleich der Grundsätze: Für Reagan waren Zölle eine Ausnahme, Trump hingegen setzt sie als generelles Mittel der Wirtschaftspolitik ein. Reagan förderte zudem schon früh eine nordamerikanische Freihandelszone.
  • Bewertung der Trump-Politik: Die Redaktion hält Trumps Zölle für schädlich für amerikanische Unternehmen und Konsumenten. Sie warnt vor den Kosten und davor, dass Zölle keine nachhaltigen Vorteile brächten. Kurzfristig könnten sie zwar ohne Gegenmassnahmen der von den Zöllen Betroffenen positiv für die amerikanischen Wirtschaft wirken. Aber langfristig beeinträchtigten sie den Wohlstand der amerikanischen Bürger.
  • Ihr Fazit: Reagan stand für Freihandel mit wenigen, gut begründeten Ausnahmen, während Trump Protektionismus als politische Grundvoraussetzung ansieht und fälschlicherweise behauptet, Reagan hätte ihn darin unterstützt.

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