Kohlemine im Iran

Kohlemine im Iran nach Explosion. @ Mostafa Hasanzadeh © Mostafa.Hasanzadeh

Sanktioniertes Iran fördert mehr Kohle – Pakistan profitiert

Susanne Aigner /  Während die Unruhen im Land andauern, fördert die Industrie Kohle und plant Fracking für Flüssiggas. Auch für den Export.

Im Minengebiet Mazino, rund 80 Kilometer südwestlich der kleinen Stadt Tabas im Osten des Iran sollen rund 1,5 Milliarden Tonnen Kohle lagern. In den letzten Jahren gingen mindestens fünf neue Steinkohletagebaue in Betrieb, wie auf einer Karte von Global Energy Monitor zu sehen ist. 60 Kilometer weiter östlich, in der Parvadeh-Gegend, wird ebenfalls Kohle abgebaut. Im Jahr 2009 war die karge, steinige Wüste in dieser Gegend noch weitgehend unberührt. Wie Satellitenaufnahmen zeigen, wurden während der vergangenen Jahre südlich der Mineneingänge zahlreiche Wege angelegt. Inzwischen ziehen sich zahlreiche Schotterpisten quer durch das ganze Areal.

Das staatliche Bergbaukonglomerat Imidro plant, aus den Kohleflözen im Untergrund grosse Mengen unkonventionelles Erdgas (Definition siehe Kasten unten) herauszuholen. In der Region sollen mindestens 1,4 Milliarden Kubikmeter gefördert werden. Glaubt man einer aktuellen Studie an der Yazd-Universität, wurden hier bereits rund 40 Probebohrungen vorgenommen, auf der Suche nach ausbeutbaren Gasvorkommen.

Die iranischen Wissenschaftler empfehlen, auch die anderen Kohleflöze in der Tabas-Region nach Erdgas zu untersuchen. In den vergangenen Jahren versorgte sich der Iran selbst, allein schon deshalb, um seine Stahlindustrie am Laufen zu halten. Denn wegen der Sanktionen von Seiten der USA und Europa wurden bestimmte Stahlerzeugnisse in letzter Zeit nicht mehr geliefert.

Die Regierung plant, das teuer gewordene Erdgas neben dem Eigenbedarf vor allem ins Nachbarland Pakistan zu exportieren. Denn nach der Flutkatastrophe, aber auch wegen der Teuerung, herrscht in Pakistan eine eklatante Energiekrise. Flüssigerdgas ist Mangelware. Daraus will der öl- und erdgasreiche und von Sanktionen gebeutelte Iran Profit schlagen. Die iranischen Kohle-Gesamtexporte gingen in den letzten Jahren stark zurück: Von rund 200‘000 Tonnen im Jahr 2018 auf noch 61‘000 Tonnen im Jahr 2020. Diesen Trend wollen die Machthaber im Iran jetzt dank der neu entdeckten Kohlereserven umkehren und ihren Einfluss im Mittleren Osten weiter ausbauen.

Location of the Iranian coal basins and deposits. @ Kaveh Pazand / https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/

Fracking schädigt Menschen und Natur

Um das Kohlemethan zu fördern, will Imidro das Erdgas per Fracking aus dem Kohlegestein lösen und abpumpen. Das hat für den späteren Kohleabbau zwar Vorteile, denn Methan kann sich als gefährliches Grubengas in den Bergwerken sammeln. Erst 2017 hatte das Gas in einer anderen iranischen Kohlemine eine Explosion ausgelöst, bei der Dutzende Bergleute starben. Fünf Jahre zuvor starben in den Tabas-Minen mehrere Bergarbeiter aus denselben Gründen.

Allerdings hat Fracking erhebliche Folgen für die Umwelt. Auch deshalb ist es in den USA und in Europa umstritten. Charlotte Krawczyk ist seit 2018 Vorsitzende der unabhängigen Expertenkommission Fracking des Deutschen Bundestages. Die Geophysikerin benennt drei mögliche relevante Gefahren:

  • Kontamination des Grund- oder Oberflächenwassers,
  • Erdbeben, die durch das Verpressen des Lagerstättenwassers in den Untergrund ausgelöst werden,
  • Methan-Emissionen, die das Klima belasten.

Europäische Umweltverbände positionieren sich klar gegen Fracking, weil es Grund- und Trinkwasser belastet und grossflächig Natur und Landschaft zerstört werden. Wissenschaftler untersuchten den so genannten Flowback – die Flüssigkeit, die aus den tiefen Schichten zurück an die Erdoberfläche gepumpt wird und die als potenziell besonders gefährlich gilt.

Dabei fanden sie nicht nur Rückstände der ursprünglichen Chemikalien, sondern es hatten sich auch neue chemische Verbindungen gebildet, deren Zusammensetzung und Wirkung vorher noch nicht bekannt waren. Die Verbindungen und Substanzen, die sich mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche bilden, könnten toxischer sein als die einzelnen Ausgangsstoffe.

Die Frage, was mit diesem kontaminierten Flowback geschieht, wo die Substanzen gelagert oder gereinigt werden, ist nicht abschliessend geklärt.

Kohleabbau, Unkonventionelles Erdgas, Kohleflözmethan

Der Iran produziert jährlich zwischen 1,6 und 1,9 Millionen Tonnen Kohle, im weltweiten Vergleich ist das zwar wenig. Allerdings verfügt das Land als einziges in der Region, abgesehen von Ägypten, über nennenswerte Kohlevorkommen. Iranische Medien schätzen die aktuellen Reserven auf ungefähr drei Milliarden Tonnen.

Unkonventionelles Erdgas kommt in Sedimenten wie Schiefer (Schiefergas) und Kohleflözen (Kohleflözmethan) oder auch in Eis als Methanhydrat vor. Es tritt in tieferen geologischen Formationen auf, aber auch in flacheren Sedimenten, zum Beispiel im Permafrostboden. Im Unterschied zu konventionellem Gas, das aus Bohrlöchern aus porösem Gestein gefördert wird, wird Gas aus Schiefer durch Hydraulic Fracturing (kurz: Fracking) gewonnen.

Kohleflözmethan ist eine Form von Erdgas. Im Unterschied zum Beispiel zu Sandstein ist das Methan in flüssigem Zustand direkt in der Kohle gespeichert. So enthalten die offenen Brüche in der Kohle («Stollen») entweder freies Gas oder sind mit Wasser gesättigt. In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich diese Form von Gas zu einer wichtigen Energiequelle weltweit. Die grössten Reserven lagern mit 49 Billionen Kubikmetern in den USA, gefolgt von Russland (48 Billionen Kubikmeter) und China (37 Billionen). Anders als etwa am Persischen Golf gibt es im Zentraliran normalerweise kein Erdgas. Die Vorkommen in der Region wurden unerwartet entdeckt.


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