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Axpo-Chef Andrew Walo: Sein dramatischer Vergleich hat politische Gründe © axpo

Auf und Ab in hundert Jahren Wasserkraft

Hanspeter Guggenbühl /  Seit bald hundert Jahren produziert die Axpo-Vorgängerin NOK Strom aus Wasserkraft. Ihre Profite schwankten wie die Wasserpegel.

Im Herbst 1914 gründeten die Nordostschweizer Kantone Zürich, Aargau, Thurgau und Schaffhausen die «Nordostschweizerischen Kraftwerke» (NOK), die inzwischen in die Axpo integriert worden sind. Schon ein halbes Jahr früher, am 22. April 1914, hatten sie den NOK-Gründungsvertrag abgeschlossen. Dieses Jubiläum nutzte gestern die Axpo-Leitung, um an einem Mediengespräch in Linthal über die Wasserkraft zu informieren. Denn mit dem Pumpspeicher-Kraftwerk «Linthal 2015» baut die Axpo hier das teuerste Wasserkraftwerk der Schweiz.

Boom und Baisse der Wasserkraft

Bei der Nutzung der Wasserkraft verhält es sich ähnlich wie beim Wetter oder beim Wasserpegel der Flüsse: Es gibt grosse Schwankungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg etwa boomte der Bau von Staudämmen und Kraftwerken in den Alpen und an den grossen Flüssen im Mittelland. In den 1970er-Jahren setzten die staatlichen Stromkonzerne voll auf Atomkraft. Die Axpo zum Beispiel erzeugt mit ihren Atomkraftwerken und AKW-Beteiligungen heute weit mehr Strom als mit ihren zahlreichen Wasserkraft-Beteiligungen.

Eine Renaissance für die Wasserkraft brachten die Pumpspeicher-Projekte, in denen Bandstrom mit energetischem Verlust zu Spitzenstrom veredelt wird. Doch zurzeit herrscht wieder Katzenjammer. Grund: Der Aufbau von Überkapazitäten in der Stromproduktion, verbunden mit einem krisenbedingten Rückgang des Stromkonsums in Europa, führte zu einer Stromschwemme und trieb die Preise auf dem europäischen Strommarkt in den Keller. Die Folgen illustrierte der neue Axpo-Chef Andrew Walo in Linthal mit einem dramatischen Ertragsvergleich.

Ertrag am Markt schrumpfte massiv

Im Jahr 2008, als die Marktpreise an der europäischen Strombörse in Leipzig den Höhepunkt erreicht hatten und ein Euro noch 1,65 Franken wert war, hätte sich die gesamte inländische Stromproduktion der Axpo an der Börse für 3,3 Milliarden Franken verkaufen lassen. Im Jahr 2013 hingegen, nach kräftigem Einbruch von Börsenpreisen und Euro-Kurs, schrumpfte der Marktwert der Axpo-Stromproduktion auf 1,1 Milliarden Franken, also um mehr als zwei Milliarden Franken, auf einen Drittel.

Dieser massive Ertragseinbruch, den der Axpo-Chef an die Wand beamte, ist allerdings zu relativieren. Denn rund zwei Drittel ihrer Stromproduktion verkauft die Axpo nicht am (Börsen-)Markt, sondern an ihre Verteilwerke in den geschützten Versorgungsmonopolen in der Nordost- und Zentralschweiz. Die Monopoltarife waren im Jahr 2008 tiefer, im Jahr 2013 aber viel höher als die Börsenpreise. Zudem ist der Börsenpreis für Spitzenstrom, den die Axpo in ihren Speicherkraftwerken erzeugt, immer noch deutlich höher als der beim Vergleich benutzte Börsenpreis für Bandstrom.

Kampf um Wasserzins

Wenn Axpo-Chef Walo und andere Strommanager die Rentabilität der Wasserkraft heute negativer darstellen, als sie ist, so hat das politische Gründe. Das Gesetz sieht eine Erhöhung der Wasserzinsen vor, mit denen die Stromkonzerne die Standortgemeinden für die Nutzung ihrer Primärenergie Wasserkraft entschädigen müssen. Diese Erhöhung wollen die Stromkonzerne abwenden. Gleichzeitig fordern sie eine Senkung der Subventionen an andere Energieträger oder eine Erweiterung dieser Energiesubvention auf die Wasserkraft.

Doch diese Forderungen entspringen einer kurzen Sicht. Denn die Preise für Strom aus Wasserkraft schwankten schon in früheren Jahrzehnten. In den hundert Jahren, in denen die Axpo respektive ihre Vorgängerin NOK die Wasserkraft nutzte, überwogen aber die Profite die Verluste bei weitem. Darum besitzt die Axpo heute grosse Reserven. Das weiss auch Andrew Walo: Trotz Baisse auf dem Strommarkt räumte er vor den Medien ein: «Die Axpo ist gut positioniert.»

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