Verdichtetes Bauen.bfh

Auch verdichteter Wohnraum soll menschgerecht gestaltet sein. Zum verdichteten Bauen gehören Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten zu Fuss. © bfh

Mit 10-Minuten-Nachbarschaften gegen den Stau

Werner Vontobel /  Die Staus werden immer länger, die Mieten ständig teurer. Sibylle Wälty von der ETH weiss, was man dagegen tun kann.

Wir treffen uns um ein Uhr mittags im Dozenten-Foyer der ETH Zürich. Doch selbst zu dieser unverdächtigen Zeit ist die Rämistrasse vom Bellevue weg praktisch ein einziger Stauraum. Eine kurze Recherche auf Homegate zeigt, dass eine 3-Zimmerwohnung im Umkreis von drei Kilometern kaum unter 4000 Franken Monatsmiete zu haben ist. Wer hier arbeiten oder einkaufen will, braucht entweder einen sehr hohen Lohn, oder kommt von weit her. Sibylle Wälty, Raumentwicklung-Wissenschaftlerin am ETH Wohnforum, wohnt in Baden, während ich mit dem Velo von Adliswil gekommen bin.

Infosperber: Es scheint, als hätten wir nur die Wahl zwischen sauteuren Mieten oder hohen Wegkosten, in Geld und Zeit. Was müssen wir tun, damit die Wege wieder kürzer und die Mieten billiger werden?

Wälty: In einem Wort, oder genauer in zwei Worten und einer Zahl ausgedrückt lautet meine Antwort «10-Minuten-Nachbarschaft». 

Meine bevorzugte Recheneinheit ist die Velominute. Ich vermute, Sie denken eher an Gehminuten?

Ja klar. Haben Sie auf Ihren Velofahrten schon mal auf einen Schwatz angehalten, oder sich ein Schaufenster genauer angeschaut? Nein, das Mass der Urbanität ist die Gehminute. Im Auto oder auf dem Velo werden Sie in erster Linie als Verkehrsmittel wahrgenommen. «Achtung Velo», warnen die Mütter ihre Kinder, egal, wer oder was auf dem Velo sitzt. Erst als Fussgängerin oder als Flaneur werden Sie zum Mitmenschen. Und zehn Gehminuten entsprechen einem Radius von etwa 500 Metern und sind in etwa die Distanz, die man gerne noch zu Fuss zurücklegt, statt das Auto, den öffentlichen Verkehr oder das Velo zu nehmen. 

Stadt in der Stadt

Was genau braucht es, damit aus einer Ansammlung von Bauten in einem Radius von 500 Metern eine 10-Minuten-Nachbarschaft wird?

Das entscheidende Kriterium ist, dass in diesem Radius alles liegt, was man im Alltagsleben regelmässig braucht – Bäckerei, Coiffeursalon, Bahnhof,  Grossverteiler, Schule, Café, Kindergarten usw. Der Bäcker und die Apothekerin werden in dieser Nachbarschaft aber nur dann ein Geschäft eröffnen, wenn es dort genügend Kunden gibt. Ich habe empirisch ermittelt, dass es für ein vielfältiges und von zureisenden Konsumenten unabhängiges Angebot mindestens 10’000 Einwohner braucht. Je mehr Einwohner und Beschäftigte, desto vielfältiger wird das Angebot, denn es deckt dann genau den Bedarf, den der lokale Konsument oder die lokale Konsumentin hat. So wird die 10-Minuten-Nachbarschaft zu einer eigentlichen Stadt in der Stadt.

Und wie steht es mit den Arbeitsplätzen? Wie viele braucht es?

Idealerweise sollte die Zahl der Einwohner etwa doppelt so gross sein wie die der Arbeitsplätze. Also etwa 5’000 Jobs auf 10’000 Einwohner. Ein Teil der Jobs wird ja durch die interne Nachfrage geschaffen – Lehrer, Bäcker Cafetiers usw. Hat es aber mehr Arbeitsplätze als Einwohner, entsteht verschwenderischer Pendlerverkehr. Zudem beanspruchen sie Platz auf Kosten des Wohnraums. Das Gleichgewicht zu finden, ist recht diffizil.

Stimmt ihre einprägsame Formel mit den 10’000 Einwohnern und 5’000 Arbeitsplätzen auf einem Radius von 500 Metern auch dann, wenn etwa Aldi oder in den USA Walmart in zehn Autominuten Entfernung ein Einkaufszentrum auf die grüne Wiese stellt? Oder wenn die 10’000 Einwohner nur eine bescheidene Kaufkraft entwickeln?

Meine Formel beruht auf Erfahrungswerten. Das heisst, sie gilt in den meisten Fällen und unter normalen Umständen. Ist die Kaufkraft also bescheiden oder das Einkaufszentrum grösser, dann braucht es mehr Einwohner in Gehdistanz. Das heisst aber auch, dass es eine Aufgabe der Politik, bzw. der Raumplanung ist, diese normalen Umstände herzustellen.

Das heisst konkret?

Wo wie viele Arbeitsplätze und wie viel Wohnraum geschaffen werden, ist durch die kantonalen Richtpläne in strategischer Hinsicht gesteuert. Diese Planung wird vom Bundesrat genehmigt und sodann von den Städten und Gemeinden grundeigentümerverbindlich vollzogen. Mit dieser Planung haben die Kantone und Gemeinden im Einverständnis mit dem Bundesrat in den wirtschaftlich prosperierenden Städten wie Zürich, Lausanne, Basel, Bern, aber auch in kleineren Orten wie Allschwil, vor allem Arbeitsplätze geschaffen. Die Stadt Zürich hat heute in etwa gleich viele Einwohner wie 1962, aber fast doppelt so viele Jobs

Eine solche Raumordnungspolitik bringt den Städten Steuereinnahmen, ohne dass sie für die lästigen Begleitkosten wie etwa Schulhausbauten aufkommen müssen. Die Randzonen wiederum haben sich einen Kampf um die kauf- und steuerkräftigsten Einwohner geliefert. Um die entsprechenden Pendlerströme zu bewältigen hat man in die Mobilität investiert, den öffentlichen Verkehr ausgebaut und damit die Zersiedlung weiter gefördert. 

Ein Teufelskreis. Wie können wir den stoppen?

Die Antwort lautet: verdichten! Statt ständig den öffentlichen und privaten Verkehr auszubauen, müssen Bund, Kantone und die Gemeinden das Raumplanungsgesetz des Bundes endlich in seinem vollen Anspruch vollziehen und daher bei der Siedlungsstruktur ansetzen. Je höher die Nutzungsdichte und je besser der Nutzungsmix, desto mehr Wege werden zu Fuss statt mit dem Auto zurückgelegt. Das wissen wir alle eigentlich schon lange, dennoch wird das Gesetz nicht vollzogen. 

Vorbildliche Quartiere

Was sind denn konkrete Beispiele von 10-Minuten-Nachbarschaften?

Da wären etwa der Brupbacherplatz in Zürich, der Breitenrainplatz in Bern oder das Matthäusquartier in Basel.

Gibt es dort tatsächlich weniger lokalen Autoverkehr? Hat man das gemessen?

Ja, wir haben zum Beispiel die Kalkbreite in Zürich mit der Glasi in Bülach verglichen. Diese selbst ist zwar dicht bebaut, erreicht aber nicht die erforderliche Grösse von 10’000 Einwohnern. In der Kalkbreite gibt es innerhalb von 500 Metern 13’736 Einwohner und 12’119 Vollbeschäftigte. Zwei Drittel der Etappen machen die Einwohner zu Fuss und weniger als ein Fünftel mit dem Auto. Bei der Glasi wird innerhalb von 500 Metern mit 1’507 Einwohnern und 580 Vollbeschäftige nur ein Drittel der Etappen der Einwohner zu Fuss zurückgelegt und 50 Prozent mit dem Auto. 

Schliesst das die Arbeitswege mit ein? 

Ja. Zu einer 10-Minuten-Nachbarschaft gehört, dass sie mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossen ist. Vor allem aber ist die Chance relativ gross, dass im selben Umkreis auch eine Arbeit zu finden ist, die zu Fuss oder mit dem Velo erreicht werden kann. Wer hingegen in einer breit verhäuselten Vorortsgemeinde wohnt, ist schnell einmal für Beruf und Freizeitaktivitäten auf das eigene Auto angewiesen.

Umgekehrt haben alle, die noch keinen Job in der eigenen 10-Minuten-Nachbarschaft gefunden haben, einen grossen Anreiz, sich dort einen Job zu suchen. Nach einer Studie von Bruno Frey und Alois Stutzer bringt eine Verkürzung des Arbeitswegs um 23 Minuten gleich viel mehr Zufriedenheit wie 19 Prozent mehr Lohn. 

Dazu kommen die eingesparten WegkostenIn den 10-Minuten-Nachbarschaften ist der Anteil der Haushalte ohne eigenes Auto relativ hoch. Weniger als 15 Prozent der Etappen der Bewohner werden für Job, Alltag und Freizeit gebraucht, im schweizerischen Durchschnitt sind es 37 Prozent, also mehr als das Doppelte. Die Änderung des Mobilitätsverhaltens kommt also mit der entsprechenden Siedlungsstruktur automatisch. Hat man die Möglichkeit in einer 10-Minuten-Nachbarschaft zu wohnen, spart man schnell einmal 400 Franken pro Monat, auch wenn man ab und zu mal ein Taxi nehmen oder ein Mobility-Auto mieten muss.

Gemäss einer Erhebung der Universität Neuenburg arbeiten 53 Prozent der Bewohner der kleineren Städte und Gemeinden für den lokalen Bedarf, haben also tendenziell einen kurzen Arbeitsweg. In einer 10-Minuten-Nachbarschaft dürfte dieser Anteil eher noch grösser sein. 

Nur weil man für den lokalen Bedarf arbeitet, heisst das nicht, dass man nicht pendelt. Auch weiss ich nicht, ob in einer 10-Minuten-Nachbarschaft mehr für den lokalen Bedarf gearbeitet wird. Ich habe dazu keine eigenen Daten. Doch meine Auswertungen zu Mikrozensus Mobilität und Verkehr zeigen: Je höher die Siedlungsdichte und je besser der Nutzungsmix, desto kürzer werden alle Wege und das schliesst den Arbeitsweg natürlich ein. Es gibt aber auch eine gegenteilige Datenlage. Es gibt Auswertungen, die zeigen, dass in dichten Gebieten, wo die kürzesten Distanzen im Alltagsverkehr im Inland zurückgelegt werden, gleichzeitg häufiger und markant weitere Reisen, insbesondere Flugreisen, mit Übernachtungen unternommen werden.

Sieben Vorteile eines nahen Arbeitsplatzes.Heatherhomes
Hier sind sieben Vorteile aufgezählt, die das Wohnen in der Nähe des Arbeitsplatzes mit sich bringt.

Ein Hochhaus statt zehn Einfamilienhäuser bringt nichts

Was das Wohlfühlen betrifft: Wenn man 10’000 Einwohner und 5’000 Jobs auf einem Radius von 500 Metern unterbringen will, ist das noch ohne Hochhäuser möglich. Und würden Sie sich im 15 Stock oben links wohl fühlen?

Verdichten heisst nicht zwingend, dass wir mehr Hochhäuser brauchen. Wenn sie auf dem Land draussen anstelle von 10 Einfamilienhäusern ein Hochhaus hinstellen, dann haben sie x-mal mehr Menschen, die mit dem Auto irgendwohin wollen. Das bringt gar nichts.

Einverstanden, aber wir reden von der Verdichtung innerhalb 10-Minuten-Nachbarschaften.

Sieben bis acht Stockwerke könne schon ausreichend sein. Aber wir brauchen kluge und flexible Grundrisse, mit denen sich Wohnungen vergrössern und verkleinern lassen, gemeinsam genutzte Satellitenzimmer für Homeoffice, Gästeübernachtung usw. – alles, was mehr Dichte innerhalb des Volumens schafft, geht in die richtige Richtung. Ein Beispiel dafür ist die Kalkbreite in Zürich.

Der Städteplaner Hans Widmer und sein Projekt neustart.schweiz.ch gehen noch einen Schritt weiter. Nach diesem Konzept umfasst die Nachbarschaft eine Blockrandsiedlung mit etwa 500 Bewohnern, die alle mit der Miete auch noch eine Reihe von Dienstleistungen wie Gemeinschaftsküche, Kinderhüten usw. finanzieren, die idealerweise von den Bewohnern selbst erbracht werden, durch freiwillige oder durch bezahlte Arbeit. Dadurch fände ein beträchtlicher Teil der Arbeit innerhalb der Nachbarschaft statt.

Ich habe das Buch gelesen. Da Konzept gefällt mir, aber es ist nicht leicht umzusetzen, weil es die dazu nötigen Bauwerke noch nicht gibt, zumindest nicht in genügender Zahl. Hingegen ist es relativ einfach, schon bestehende oder neue Bauten zu 10-Minuten-Nachbarschaften zu gruppieren und zu verdichten. Wenn wir das konsequent vorantreiben, kann bis 2050 die Zahl der in solchen Nachbarschaften wohnenden Personen verachtfacht werden. Dies entspricht dann knapp einem Drittel der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung. Das Verkehrsvolumen, welches das Auto verursacht, könnte man so glatt halbieren. Doch man muss berücksichtigen: Wo die Siedlungsfläche aufgrund von Wald oder Topografie eingeschränkt ist, braucht es zur Kompensation höhere Wohnhäuser.

Das klingt ambitioniert. Jetzt fehlt nur noch, dass Sie uns sagen, dass wir mit ihren 10-Minuten-Nachbarschaften auch noch das Problem der hohen Mieten lösen.

Ja. 10-Minuten-Nachbarschaften bedeuten, dass an geeigneten Standorten mehr Wohnraum und folglich ein höheres Wohnraumangebot geschaffen wird. Angebot und Nachfrage bestimmen bekanntlich den Preis. So kann man sich auch in der Stadt eine Wohnung leisten. 

Wichtig ist, dass es Möglichkeiten gibt, um Wohnraum zu schaffen. Dies wäre in den Städten, wo sich eine hohe Wohnraumnachfrage aufgestaut hat, gemeinsam mit weiteren Verpflichtungen zur Schaffung von Wohnraum für finanziell schwächer gestellte Personen, die einzig geeignete Massnahme, die Leistbarkeitskrise beim Wohnraum zu beseitigen. Das haben auch schweizerische und internationale Forschungen ergeben. 

Wenn die Ausnützungsziffer erhöht wird, steigt auch der Wert des Grundstücks. Sollte dieser vom Staat geschaffene Mehrwert nicht auch vom Staat abgeschöpft werden?

Der Wert der Grundstücke hängt vom generellen Angebot an Grundstücken und Geschossflächen auf dem Markt ab. Je weniger Grundstücke und Geschossflächen durch die Raumplanung auf dem Markt zugelassen werden, desto geringer ist das Angebot, was die Grundstückpreise erhöht. 

Es ist deshalb vor allem die Raumplanung mit ihren Einschränkungen der Wohnraumproduktion an zentralen Lagen, die – bei gleichzeitiger Zunahme der Arbeitsplätze – die überproportional steigenden Immobilienpreise verursacht. 

Um eine ausreichende Wohnungsproduktion in Städten zu ermöglichen, müsste unter anderem die zulässige Ausnützungsziffer erhöht werden. Dieser Prozess würde bewirken, dass die Mehrwerte «frei werden». Fraglich ist, wie auf diese «frei werdenden» Mehrwerte bei Aufzonungen, die heute vor allem aufgrund des Staatsversagens derart hoch sind, eine Mehrwertabgabe erhoben werden soll. Grundsätzlich sollten nur für jene Mehrwerte, die nicht durch das Staatsversagen verursacht werden, eine Abgabe abgeschöpft werden.

Die Aufzonung wäre aber grundsätzlich der richtige Zeitpunkt, zu welchem in einem «normalen» Marktumfeld Mehrwerte voll oder teilweise ausgeglichen werden sollten.

Wenn das so einfach ist, warum machen wir das nicht schon lange?

Die entscheidende Rolle spielt die öffentliche Verwaltung, welche keine oder keine vollständige Interessenabwägung vornimmt und der Bevölkerung Pläne zu einem Zeitpunkt zur Mitwirkung präsentiert, zu welchem keine sinnvolle Mitwirkung mehr möglich ist. Dazu spielt sich das Ganze noch im Rahmen des Standortwettbewerb ab. Wer zieht die besten Steuerzahler an? Werden die Jobs hier geschaffen, oder anderswo?

Was macht Sie zuversichtlich, dass wir diese Interessen in Zukunft besser unter einen Hut kriegen.

Schauen Sie sich die immer längeren Staus auf den Strassen an. Wenn Sie darin stecken, haben Sie Zeit zum Nachdenken, warum Sie das eigentlich tun und welche Auswirkungen damit verbunden sind. Der Ausstoss von CO2 zum Beispiel. Das ist aber nur einer der Faktoren. 

Diejenigen, die ernsthaft nachdenken, kommen meist zu ähnlichen Schlüssen wie ich: Statt immer noch mehr in die Mobilität zu investieren und immer mehr Zeit im Stau zu verbringen, müssen wir verdichten, Arbeit, Einkaufen, Wohnen und Freizeit näher zueinander bringen. Wir gewinnen dadurch nicht nur ein grosses Mass an Lebensqualität, sondern auch ein Plus an Zeit. Und das wollen wir doch alle, nicht?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Zersiedelung_Dossier

Zersiedelung der Schweiz

Folgen des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums. Eine Alternative wäre verdichtetes Bauen in der Nähe von Arbeitsplätzen.

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5 Meinungen

  • am 25.12.2022 um 13:05 Uhr
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    Dichtestress, bereits bisher für viele gesundheitserodierend. Das wollen Sie «verachtfachen»? Lärm (indoor outdoor) & Luftverschmutzung (Beispiel: ein Meter von meinem Fenster entfernt ein Balkonraucher fast 24/7 engmaschig) gemäss WHO die Hauptgesundheitsgefahren. 1) Verdichtetes Wohnen würde verdichtete Regeln(durchsetzung) voraussetzen: Ordnung. In der Natur hat jedes Lebewesen (Flora/Fauna) seine individuell benötigte Nische/Substrat – jedoch ich Mensch kein Wahlrecht beim angeblichen «My Home Is My Castle». Ich sammelte erschütternde Fallbeispiele, menschliches Leid durch Wohnumfeld. 2) Dem leider divergent das Anti-Segregations-Dogma, das alles mit allem vermixen will. Naturgesetze und mir vorliegende Daten sprechen dagegen. Tinyhousewünsche-Boom (in China gibts Hochhäuser im Wald), Waldbaden, sind ernstzunehmen:
    https://www.youtube.com/watch?v=i9G2vX4CTsc&t=310s
    «Verkehrsvolumen halbierbar»? Kaum. Über die Hälfte des Verkehrs ist Vergnügungsverkehr. Flucht vor «Wohnenqualität»?

  • am 25.12.2022 um 13:51 Uhr
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    «Haben Sie auf Ihren Velofahrten schon mal auf einen Schwatz angehalten, oder sich ein Schaufenster genauer angeschaut?»
    O ja, immer wieder tuckere ich auf meinem Velo durch die Begegnungszonen, halte mal an für einen Schwatz und vor Schaufenstern. 500m zu Fuss ist mir zu viel; vor allem nach dem Einkauf, wenn ich die schwere Tasche auf den Gepäckträger klemme. Mir geht es darum, dass a priori auch in so einer spannenden Städtebau-Projektidee Menschen zu Fuss und auf dem Velo als einer gleichen Einheit zugehörend betrachtet werden.

  • am 25.12.2022 um 17:44 Uhr
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    Es ist geht aus dem Interview nicht hervor, wie konkret die Verdichtung passieren soll und vor allem wie sie finanziert werden soll. Beim Altbau geht nur Dachgeschoß, die einst freien Hinterhöfe und Remisen sind ohnehin meist schon bis Anschlag zugebaut. Dank der exorbitant hohen Mieten in Innenstadtlagen wurde in den letzten 20 Jahren ja bereits verdichtet; weil es damit viel Geld zu verdienen gibt. Brachen gibt es kaum noch. Baugrundstücke haben Mondpreise. Sollten wirklich einmal Flächen frei werden, sei es durch Auflassen von Bahnhofs-, Krankenhaus- oder Fabrikanlagen, sind die Deals schon Jahre vorher gemacht und sicher nicht für Normalverdiener leistbar. Sowas lässt sich vielleicht noch in verschlafenen Kleinstädten umsetzen, wo die Immobilienpreise noch nicht so explodiert sind, auch wenn die Vorschläge durchaus sinnvoll sind und einleuchten.

  • am 26.12.2022 um 03:28 Uhr
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    Vor rund 200 Jahren gehörten Städte allein den Menschen. Die Menschen waren zu Fuss, mit Pferde-Fuhrwerken oder Handkarren unterwegs. 1818 meldete Karl von Drais sein «Geh- und Fahrrad» zum Patent an. Damit entstand ein neues Verkehrsmittel. Aus Gehrädern entwickelten sich Fahrräder. 1932 wurde das erste gesamtschweizerische Strassenverkehrsgesetz in Kraft gesetzt, in welchem Fahrräder als Verkehrsmittel eingestuft wurden. Damals waren die Autos kaum schneller unterwegs als Velos. Diese Zuordnung war damals vielleicht plausibel ist aus heutiger Sicht aber ein grosser Fehler, der nie korrigiert oder neu überdacht wurde. Fahrräder sind heute nicht mit Autos verwandt, sondern mit Fussgängern. Der Autoverkehr hat sich in Menge und Geschwindigkeit vervielfacht. Der Fuss- und Radverkehr aber nicht. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) hat den Menschen unendlich viel Raum, Bewegungsfreiheit und Lebensqualität weggenommen. Mit welchem Recht? Der MIV ist unproduktiv und unmenschlich.

  • am 26.12.2022 um 16:53 Uhr
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    Ähnliche lebenswerte Quartiere gab es noch bis in die 80-er Jahre, mit Läden etc., bis die Stadtplanung aufs Automobil im Sinne des fliessenden Verkehrs ausgerichtet wurde statt auf Fussgänger bzw. Menschen als Bewohner.
    Eine unideologisch ausgerichtete Fokussierung auf solche Quartiere wäre sicher positiv zu bewerte.
    Als Laie würde ich aber dennoch vermuten, dass gewachsene Strukturen sich nicht mit gemachten vergleichen lassen.
    Eine Grundsatzfrage bleibt im Interview unbeantwortet: Der politisch begründete und medial kaum thematisierte massive Bevölkerungsanstieg und dessen Management. Wird dieses Thema nicht geklärt, bringen alle nett gemeinten Ansätze der Städteplanung wenig.

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