Kommentar
Albert Röstis Diagnose ist richtig …
Es ist sonst nicht meine Art. Aber für einmal muss ich Albert Rösti (SVP) recht geben. Er will Schluss machen mit dem Tempo-Wirrwarr auf städtischen Strassen. Das machte kürzlich der «Tages-Anzeiger» publik. Er titelte: «Albert Rösti will Tempo 30 ausbremsen – und riskiert Streit mit den Städten.» Er will, dass auf «verkehrsorientierten Strassen» künftig immer Tempo 50 gilt. Der Aufschrei folgte sogleich. Doch wissen Röstis Kritiker überhaupt, wie es auf unseren Strassen aussieht?
Ich wohne in der Stadt Bern. Wenn ich im Ostring auf die Autobahn möchte, dann geht das so:
- Anfangs ist Tempo 30 erlaubt. Aber nur auf den ersten 80 Metern.
- Danach folgen 50 Meter mit Tempo 20.
- 200 Meter mit Tempo 30.
- Danach biege ich in eine Strasse ein, welche die Verkehrsplaner wohl «verkehrsorientierte Strasse» nennen. Auf einer Länge von 1140 Metern gilt Tempo 50. Bis zur Autobahn werde ich nur noch solche Strassen benützen.
- Trotzdem folgen 290 Meter mit Tempo 30.
- Danach 90 Meter mit Tempo 50.
- 660 Meter mit Tempo 30.
- 70 Meter mit Tempo 50.
- 180 Meter mit Tempo 30.
- 1140 Meter mit Tempo 50.
- Dann kommt die Autobahn. Es gilt Tempo 80.
- Fazit: Elf verschiedene Tempolimiten auf bloss vier Kilometern.
Wenn ich in der Stadt Bern mit dem Auto unterwegs bin, dann stehe ich vor der Wahl: Entweder achte ich auf andere Verkehrsteilnehmer – insbesondere Fussgänger und Velofahrer. Oder ich konzentriere mich auf die Geschwindigkeitsbeschränkungen. Beides zusammen ist schwierig. Umso mehr als viele Schilder schlecht platziert sind.

… die Therapie ist falsch
Albert Röstis Diagnose ist also richtig. Der Flickenteppich ist eine Zumutung.
Aber seine Therapie ist falsch. In unseren Städten sollte nicht Tempo 50 gelten, sondern Tempo 30. Zu diesem Schluss muss kommen, wer sich mit der einschlägigen Literatur befasst: etwa mit dem Merkblatt «Tempo 30 auf Hauptverkehrsstrassen» der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten, dem Artikel in der Zeitschrift «Strasse und Verkehr» des Schweizerischen Verbandes der Strassen- und Verkehrsfachleute oder der Studie «Einflussgrössen für die Bestimmung der optimalen Geschwindigkeit auf Hauptverkehrstrassen innerorts» des Städteverbandes.
Sie ziehen das Fazit,
- dass es mit Tempo 30 weniger Unfälle gibt,
- dass die Unfälle weniger schwer sind,
- dass der Verkehr weniger Lärm macht,
- dass die Strassenkapazität nicht leidet,
- dass es keinen Ausweichverkehr gibt,
- dass der Zeitverlust minimal ist.
Albert Rösti hat also zugleich recht und unrecht. Recht, dass eine Vereinheitlichung der Höchstgeschwindigkeit in Schweizer Städten nötig ist. Unrecht, wenn er meint, Tempo 50 sei das richtige Mittel.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
In allen Städten im Ortskern Tempo 30.Dafür bin ich zuhaben.
Eindeutig Team Tempo 30 km/h innerorts. Überall, es hat so viele Vorteile. Und ich bin beruflich aufs Auto angewiesen, wohne auf dem Land.
Sehr geehrter Herr Marco Diener,
danke für Ihren hervorragenden und witzig geschrieben Artikel.
In den 60er Jahren hat mein verstorbener Freund Jürg van Vornfeld an der ETH Zürich eine umfangreiche Studie gemacht: Mit wie viel Km/Std bringen wir in einer gewachsenen Stadt, erreichen wir den besten Verkehrsfluss? Das Resultat war und ist überraschend:27 km/h! Aber eine von Mathematikern programmierte Verkehrsleitung wäre dazu von Nöten
Ein anderer kaum erwähnter Gedanke: In einer belebten Fussgängerzone mit 20km/h Beschränkung. Das heisst: ein Auto ist 4 mal schneller als ein Fussgänger! Wer auf einer Autobahn 4 mal schneller fährt /480km/h ist allen klar: Das ist ein Verbrecher!
Die relativen Geschwindigkeiten sind die häufigsten Unfallursachen auf Autobahnen. Wenn alle auf den Autobahnen mit nötigem Abstand 80 fahren würden, wären keine weiteren Spuren nötig, gäbe es keine Staus und wir wären schneller am Ziel. Aber kein Niemand möchte 40 Tönner mit höheren Geschwindigkeiten! S.B.
Der Artikel ist aufschlussreich, jedoch mit falschem Fazit zur «Therapie» von BA Rösti mit Tempo 50.
Tempo 30 ist kontraproduktiv, entgegen aller Studien und Theorien. Dies können jedoch nur Autofahrer beurteilen bzw. bestätigen, welche oft oder sogar täglich im Auto unterwegs sind.
Tempo 50 führt nicht nur zu flüssigerem Verkehr, sondern auch weniger Lärm – da nicht nur im 2. Gang sondern im 3. oder 4. Gang gefahren werden kann. Dies auf Hauptverkehrsstrassen innerorts.
Das dies einheitlich auf allen Schweizerstrassen innerorts eingeführt wird, ergibt auch weniger Verwirrung und Verkehrsbussen.
Obwohl ich nicht täglich mit dem Auto unterwegs bin, kann ich Ihnen sagen, dass man mit Tempo 30 problemlos im dritten Gang fahren kann und mit Tempo 50 im fünften. Probieren Sie es aus!
So ein Schmarrn, man kann auch im 3 Gang 30 fahren … Wenn sie das nicht schaffen , fahren sie mit einen Automat oder noch besser, elektrisch…
Das Fazit der sogenannten Experten möchte ich in Zweifel ziehen: 1. Wenn ich mit 50 Kmh im 3. Gang fahre so ist das leiser als wenn ich mit 30 Kmh im 2. Gang fahre. 2. Der Verkehr ist flüssiger als wenn mit 30 „gschnägglet“ wird. 3. der Verbrauch ist mit 50 KmH im 3. Gang niedriger (Kosten und Umwelt!). Das sind meine persönlichen Erfahrungen als Autofahrer.
Fensterplatz in Physik gehabt … Der Energieverbrauch steigt im Quadrat mit der Geschwindigkeit…
Beschleunigen und Verzögern sind die wahren Energiefresser. Aber es geht in der Verkehrspolitik nicht um Fakten, sondern um Ideologie.
Mein Sohn hat erst kürzlich die Fahrprüfung bestanden. Ich habe seine Zeit als Fahrschüler ausgenützt, um mich gleich selber wieder auf den aktuellen Stand zu bringen. Was das hochschalten betrifft ist das: immer im höchstmöglichen Gang fahren. Wenn ich mich richtig erinnere, habe sogar ich das vor 40 Jahren schon so gelernt. Der höchstmögliche Gang ist meist höher, als «man» denkt. «Man» sind vor allem Personen, die ihren Ausweis schon seit Jahrzehnten haben. Einige neuere handgeschaltete Fahrzeuge, ich hatte solche schon als Mietwagen, zeigen an, wenn hochgeschaltet werden sollte. Und das ist früher, als man denkt. Meine Faustregel: auf ebener Strasse also 30km/h im 3. Gang, 50 im 5. Wer den Motor als laut empfindet, fährt wahrscheinlich zu hochtourig. Und: «moderne», d.h. höchstens 40 Jahre alte Fahrzeuge, erzeugen mehr Lärm durch das Roll- und Windgeräusch, als durch den Motor. Das Lärmargument gegen Tempo 30 ist blanker Unsinn.
Für alle Verkehrsteilnehmer sicherer. Tempo 30 innerstädtisch. Super.
Wie fahren denn diese guten Autofahrer? Was haben die für Autos mit schlechtem Drehmoment?
Mit 30 km/h kann man mit heutigen Motoren problemlos im 4.Gang fahren. Hab ich schon gemacht vor 30 Jahren! Und noch eins obendrauf: mein E-Auto braucht keine Gangschaltung!
Wenn sie jeweils im 4. Gang mit 30 Km/Std unterwegs waren kann man nicht anders als Mitleid mit ihrem Auto haben. Dann war es wohl richtig ein eAuto zu kaufen denn dort kann man in dieser Hinsicht nichts falsches machen.
Unserem Auto geht’s trotz drittem oder viertem Gang bei Tempo 30 und fünftem Gang bei Tempo 50 auch nach 14 Jahren und 160’000 Kilometern noch immer bestens.
Zugegeben ein sehr emotionales Thema. Aktuell ist die Signalisation sicher unübersichtlich. Die signalisierte Höchstgeschwindigkeit, bedeutet nicht, dass zwingend so schnell gefahren werden muss. Bei idealen Verhältnissen sicher kein Problem. Grundsätzlich ist aber auf die aktuelle Verkehrssituation und alle andern Verkehrsteilnehmenden Rücksicht zu nehmen. Ich frage mich ob es Sinn macht, zum Beispiel mitten in der Nacht, auf einer Hauptstrasse 30 zu fahren, wenn weit und breit niemand unterwegs ist. Zudem sollte Tempo 30 ursprünglich auch den Schleichverkehr bekämpfen. Dieser Trumpf ist wohl mit 30 auf der Hauptstrasse verloren gegangen. Ich wohne an einer Hauptstrasse mit 50. Die grossen Lärmverursacher sind nicht Autos oder Camions. Es sind die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Und dies speziell während der Ernte auch mitten in der Nacht. Und diese fahren nicht 50! Also 50 auf Hauptstrasse und 30 oder 20 im Quartier. Und miteinander nicht gegeneinander!?
Nachts liegt der Vorteil von Temo 30 eher beim Lärm als bei der Sicherheit. Trotzdem: letztes Jahr wurde in Steffisburg nachts ein Mann überfahren, der bereits wegen eines medizinischen Problems auf der Strasse lag. Bei Tempo 30 statt 50 wäre er wohl rechtzeitig gesehen worden.
Fahren Sie doch bitte einfach Tempo 30 auf Ihrer Teststrecke, Herr Diener, ausser natürlich in der Begegnungszone. Sie haben hoffentlich ein normales Auto, das ausser bergauf auch im 5. Gang 30 km/h fährt (Befürchtung von Herrn Brunner).
Oder ein Elektroauto, das bei jedem Tempo das volle Drehmoment hat und sich völlig entspannt beliebig langsam fahren lässt ohne sich über Gangschaltungen und Kupplungen Gedanken zu machen.