Microsoft verdient sich als Komplize Israels eine goldene Nase
Microsoft hat für die Eliteeinheit 8200 des israelischen Militärs – dem Pendant zur amerikanischen NSA – eine spezielle Version seiner Cloud-Plattform Azure massgeschneidert. Auf dieser werden seit 2022 riesige Mengen an geheimdienstlichen Audio-Daten von Palästinensern im Gazastreifen und im Westjordanland gespeichert, darunter millionenfach abgefangene Telefongespräche und Textnachrichten.
Wachsende Datenmengen, die auf Militärservern nicht mehr zu bewältigen waren, wurden so sicher und effizient ausgelagert. Die Zusammenarbeit wurde nach einem Treffen 2021 zwischen dem damaligen Chef von Einheit 8200, Yossi Sariel, und Microsoft-CEO Satya Nadella in Seattle entscheidend vorangetrieben. Das berichtete der «Guardian» am vergangenen 6. August.
Laut den Enthüllungen, basierend auf internen Microsoft-Dokumenten und Aussagen von über zehn Quellen aus dem Microsoft-Konzern und dem israelischen Geheimdienst, unterstützte danach ein spezialisiertes Microsoft-Ingenieurteam den Aufbau dieser Cloud-Infrastruktur für die Armee. Einige Microsoft-Mitarbeiter waren selbst ehemalige Mitglieder der Einheit 8200, was die technische und organisatorische Kooperation erleichterte.
Art und Umfang der Datensammlung
Die in Azure gespeicherten Daten umfassen laut Berichten von «Guardian» und «+972 Magazine» Audioaufnahmen von täglich Millionen palästinensischer Telefonate. Bis Juli 2025 lagerten rund 200 Millionen Stunden Audio auf Microsoft-Servern, vornehmlich in den Niederlanden sowie in Irland und Israel.
Das System ermöglicht es, praktisch das gesamte palästinensische Kommunikationsnetz zu überwachen. Mithilfe des Systems namens «Noisy Message» werden auch Textnachrichten gesammelt und in ein «Gefährlichkeitsrating» eingeteilt.
Während früher nur die Telefonate von Zehntausenden als verdächtig eingestuften Palästinensern auf internen Armee-Servern gehalten werden konnten, wurde durch Azure die Überwachung auf Millionen ausgedehnt und der Datenpool exponentiell vergrössert.
Verwendung der Daten und militärische Implikationen
Laut mindestens drei Quellen aus Einheit 8200 kamen diese riesigen Datenmengen in den letzten Jahren bei der Planung tödlicher Luftangriffe in Gaza zum Einsatz, und im Westjordanland sind sie häufig die Grundlage für Festnahmen und anderweitige Militäreinsätze.
Dank dieser umfassenden Überwachung kann Israel praktisch zu jedem Palästinenser potenziell belastende Informationen sammeln, die für Erpressung, Verwaltungshaft oder nachträgliche Rechtfertigungen von Tötungen genutzt werden können.

Interne und externe Kritik
Innerhalb der Einheit 8200 gab es Vorbehalte, vor allem wegen der hohen Kosten und der Speicherung sensibler Daten in ausländischen Rechenzentren. Das israelische Justiz- und Finanzministerium äusserte Bedenken hinsichtlich möglicher internationaler Klagen gegen Microsoft, sollte auskommen, dass deren Cloud für Menschenrechtsverletzungen genutzt werde.
International steht Microsoft unter wachsendem Druck. Medien, Mitarbeiter und Investoren stellen zunehmend kritische Fragen zur Rolle des Konzerns und zu Vorwürfen, Microsoft wirke an Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen mit.
Laut geleakten Dokumenten rechnet Microsoft damit, dass die Partnerschaft mit Einheit 8200 dem Konzern innerhalb von fünf Jahren Hunderte Millionen Dollar einbringen könnte.
Microsoft dementiert
Microsoft behauptet, von einer Überwachung palästinensischer Zivilisten oder der Aufzeichnung ihrer Telefonate mit eigener Technologie keine Kenntnis zu haben. Interne Untersuchungen hätten bislang keine Hinweise geliefert, dass Azure oder KI-Systeme von Microsoft «gezielt» zum Schaden von Menschen im Gazastreifen eingesetzt worden seien. Die Zusammenarbeit mit Einheit 8200, so die Firma, diene offiziell der Cybersicherheit und dem Cyberschutz Israels gegen externe Angriffe. Die Partnerschaft sei von Beginn an «reguliert und gesetzlich überwacht» worden.
Ein Sprecher des israelischen Militärs erklärte gegenüber «Guardian», die Zusammenarbeit mit Microsoft stütze sich auf «rechtlich überwachte Vereinbarungen». Microsoft arbeite bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten nicht mit den IDF zusammen.
Er fügte hinzu: «Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte IDF handeln in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, mit dem Ziel, Terrorismus zu bekämpfen und die Sicherheit des Staates und seiner Bürger zu gewährleisten.»
Die Verantwortung globaler Tech-Konzerne
Die Informationen des «Guardian» und des «+972 Magazine» legen nahe, dass Microsoft mit seiner Cloud-Infrastruktur einen wesentlichen Anteil an der israelischen Massenüberwachung und damit an militärischen Operationen gegenüber Palästinensern hat, die bis hin zu gezielten Tötungen und Inhaftierungen reichen.
Der Fall wirft laut «Guardian» und «+972 Magazine» grundlegende ethische Fragen auf zur Verantwortung globaler Tech-Konzerne in Konfliktsituationen und bei potenziellen Menschenrechtsverletzungen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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