Kommentar

Ein Grossbanker mit einem kurzen Gedächtnis

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine. Autor des Buches «Die Banken und ihre Schweiz. Perspektive einer Krise». ©

Peter Hablützel /  Der Geschichtsklitterung des Ex-UBS-Chefs Oswald Grübel im Interview mit dem Tages-Anzeiger vom Samstag muss man widersprechen.

Am Schluss des Interviews geht Oswald Grübel auf die Krise der UBS 2008 ein und spricht unwidersprochen von einer «Rettung, bei der sich der Bund an der UBS unnötigerweise beteiligte». Das ist starker Tobak, den Grübel hier anzündet.
Es war die Spitze der UBS, die den Bund im Herbst 2008 um Hilfe gebeten hatte, weil sich die Bank am Kapitalmarkt nicht mehr finanzieren konnte. Sie war insolvent, und da die SNB nach den Materialien zu Nationalbankgesetz Art. 5 nur bei Liquiditätsproblemen, nicht aber bei Insolvenz Hilfe bieten darf, musste der Bund sechs Milliarden Schweizerfranken aus Steuergeldern einschiessen. Dieses Darlehen in Form einer Pflichtwandelanleihe zählte sofort zu den Eigenmitteln der UBS, weshalb die Bankenkommission in einem Gutachten behaupten konnte, die Bank sei solvent; es handle sich bloss um ein Liquiditätsproblem. Damit durfte die Nationalbank ihre 60 Milliarden der eigens gegründeten Auffanggesellschaft zur Verfügung stellen, welche die illiquiden («toxischen») Risikopapiere der UBS übernahm. Das war eine juristisch brillante, ökonomisch und politisch aber heikle Übung, zu der sich Bundesrat und Nationalbank bereit erklärten. Die Sache ist für den Bund ja auch gut ausgegangen. Aber wenn im Nachhinein von einem «unnötigen» Engagement gefaselt wird, entspricht das nicht den Tatsachen. Kennt Grübel diese Tatsachen nicht, hat er sie vergessen oder verdrängt? Oder will er die existenzielle Krise der UBS vom Herbst 2008 etwa beschönigen?
Aus der Krise nicht viel gelernt
«Die Rettung (…) hat von der Psychologie her bei allen im Lande etwas ausgelöst, der Bevölkerung, der Politik aber auch bei den Banken.» Diese Feststellung Grübels teile ich, allerdings nicht seine negative Einschätzung, die Rettungsaktion sei als Anfang vom Ende des erfolgreichen Finanzplatzes Schweiz zu sehen. Die Probleme unseres Finanzplatzes liegen in seinem rasanten Aufstieg begründet. Der Erfolg hat viele Banker unvorsichtig und arrogant werden lassen. Wer in der Not die Politik zu Hilfe ruft und sie nachher verunglimpft, hat nicht eben viel aus der Krise gelernt.
Weissgeldstrategie schon von FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz initiiert
Grübel outet sich im TA-Interview als entschiedener Gegner einer Weissgeldstrategie der Schweiz. Das ist sein gutes Recht und erstaunt mich wenig. Man darf aber nicht Bundespräsidentin Widmer-Schlumpf allein die Verantwortung für diesen wichtigen Strategiewechsel zuschieben. Der Bundesrat hat schon am 16.12.09, damals noch mit Hans-Rudolf Merz (FDP) an der Spitze des EFD, den Bericht «Strategische Stossrichtung für die Finanzmarktpolitik der Schweiz» verabschiedet. Zusammen mit Nationalbank und Finanzmarktaufsicht und nach intensiven Gesprächen mit der Bankiervereinigung kam die Regierung zum Schluss, dass unversteuerte Gelder längerfristig weder im Interesse der Schweiz noch der Banken seien.
Die Banken haben das Bankgeheimnis selber aufgeweicht
Die Aufweichung des Bankgeheimnisses, die Herr Grübel so bedauert, ist nicht das Verdienst der Politik, sondern das Werk der Banken selber. Wenn Schweizer Banken aufgrund ihrer rechtswidrigen Hehlerdienste eine Verurteilung durch amerikanische Behörden befürchten, setzen sie alles daran, den sonst so hoch gelobten rigorosen Schutz von Bankdaten über das Vehikel internationaler Verträge auszuhebeln. Die eigenen Interessen sind ihnen wichtiger als die Interessen ihrer Kunden. Das war 2008 und 2009 bei der UBS der Fall, und das ist heute wieder der Fall bei CS, Wegelin und weiteren Privatbanken und zur Schande des öffentlichen Bereichs auch bei den Kantonalbanken Basel und Zürich. Eine Weissgeldstrategie würde uns vor solchen Peinlichkeiten bewahren.
Bundesrat Villiger sprach von «Verschnaufpause»
Dass eine Abgeltungssteuer anstelle des automatischen Datenaustauschs etwas kosten würde, war schon lange abzusehen und sollte Herrn Grübel nicht erstaunen. Das Zinsbesteuerungsabkommen von 2003 zwischen der EU und der Schweiz konnte die Kritik nur vorübergehend etwas dämpfen; die Entstehung der Vermögen blieb weiterhin steuerfrei. Bundesrat Villiger äusserte im Vorfeld dieses Abkommens, es könnte der Schweiz im Steuerstreit mit der EU eine Verschnaufpause von höchstens zehn Jahren verschaffen. Villigers Einschätzung hat sich als richtig erwiesen. Leider hat aber der Finanzplatz Schweiz die Pause nicht genutzt, um sich auf Geschäftsmodelle ohne Steuerhinterziehung einzustellen.

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