Sperberauge

Die Auns ist sprachlich überfremdet

Jürg Müller-Muralt © zvg

Jürg Müller-Muralt /  Die Auns pflegt ausgerechnet am 1. August einen heimatmüden Umgang mit dem schweizerisch gefärbten Hochdeutsch.

Das schmucke 640-Seelen-Bergdorf Habkern liegt etwas abgelegen hinter dem Harder, dem Interlakner Hausberg. Christoph Blocher liebt solche Orte scheinbar urwüchsigen Schweizertums und hält dort am 1. August die Festansprache. Etwas weniger urwüchsig ist die Sprache, mit welcher das Grossereignis in ganzseitigen Farbinseraten der lokalen Presse angepriesen wird: «Nationalfeiertag in Habkern mit Altbundesrat Christoph Blocher». Wie heimatmüde und vaterlandsvergessen kommen diese Worte doch daher!

Erstens: In der Schweiz gibt es keinen Nationalfeiertag, sondern einen Bundesfeiertag, und zwar deshalb, weil der 1. August seit 1891 im Gedenken an den Bundesbrief (nicht Nationalbrief) von 1291 begangen wird, «geschehen im Jahre des Herrn 1291 zu Anfang des Monats August».
Soviel sprachliche Tradition muss sein, auch wenn vaterlandslose Gesellen dieses Dokument nicht mehr als Gründungsurkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft anerkennen wollen. Aber von der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) als Veranstalterin des Blocher-Events erwarten wir, dass sie zumindest die sprachlichen Eigenheiten der Schweiz nicht in einem falsch verstandenen semantischen Internationalismus verwässert.

Zweitens: Der «Altbundesrat» ist ein klassischer Teutonismus. Bei uns ist ein früherer Bundesrat immer noch ein «alt Bundesrat». Der Schweizerhochdeutsch-Duden von 2012 versieht Begriffe wie «Altbundespräsident» mit dem Zusatz «dtl.» (deutschländisch, also nur in Deutschland gebräuchlich). Die Masseneinwanderung aus Norden hat ganz offensichtlich auch beim Bollwerk helvetischen Widerstandgeistes tiefe Spuren hinterlassen. Dabei sind doch die «Helvetismen (…) Teil des Kulturguts der deutschen Sprache in der Schweiz», wie es im Schweizerhochdeutsch-Duden heisst. Und die wollen wir doch hochhalten, nicht wahr, liebe Auns.


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2 Meinungen

  • am 1.08.2015 um 09:20 Uhr
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    Brillante Analyse. Nur: Der AUNS und anderen nationalkonservativen Kreisen geht es ja gar nicht um die richtige Geschichte und Kultur. Das zeigt auch der feuchte Abklatsch des Liedes «Wo Ein Wille Ist, Ist Auch Ein Weg» der Stoakogler als „Wo e Willy isch, isch ou e Wäg“ (natürlich ohne Attributierung, hoffe doch mal dass die Stoakogler mindestens Geld kriegen, aber bei der Selbstbedienungsmentalität dieser Partei [z.B. WW und Bauern] ist auch das fraglich).
    Um was geht es dann? Um die Konstruktion einer guten alten Zeit, welche man verteidigen muss. Gegen alles „Fremde“. Was wirklich genuin Eigen ist und was nur so verkauft wird, spielt da keine Rolle.

    PS: Wenn ich das 1. August-Inserat von Toni Brunner mit den „Lebensräumen“ lese, dann weiss ich auch wo er da eine Anleihe genommen hat. Und es wird mir schlecht, dass ein Parteipräsident einer grossen Partei (oder sein Ghostwriter) entweder den Bezug nicht sieht (ein Fensterplatz in der Geschichtsstunde?) oder ihn bewusst einsetzt. Stören scheint es die weissen SVP Schäfchen nicht.

  • am 3.08.2015 um 22:32 Uhr
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    Toni Brunner mit den „Lebensräumen“ ?? EIGENHEIM von «Immoscout» etc. Wer chrampft,schwitzt, schluckt Staub? Früher: 5que ,Spanier, Portugiesen – heute Kosovoalbaner, Polen, und ein paar Ossis. Bald kommen die Ukrainer, weil durch US/TTIP Konzerne aus dem Land getrieben. Lebensräume auf TeleZüri/M1. Wer kontrolliert & besitzt? Die Sache hat doch so ein Geschmäckle, seit Generationen..

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