Kommentar

Das harmlose Terroristentraining

Daniel Goldstein © Grietje Mesman

Daniel Goldstein /  «Bieler Islamist gesteht Training in Terror-Camp» – die Schlagzeile der «Sonntagszeitung» wird ebendort entkräftet, von Adolf Ogi.

Der in Nairobi inhaftierte einstige Bieler Gymnasiast «Majd N.» hat der «Sonntagszeitung» schon vor einer Woche eine schöne Schlagzeile geliefert: «Terrorkämpfer erhielt vom Kanton Bern Stipendien». Einmal ein Terrorkämpfer, immer ein Terrorkämpfer – sogar schon vorher. Nach dieser Logik konnte die Zeitung aus dem Stipendienempfänger einen weiteren Beweis für bernische Schludrigkeit im Umgang mit Steuergeldern machen: Man wird doch wohl noch verlangen dürfen, dass die Stipendiengeber überprüfen, was aus dem jungen Mann dereinst werden könnte. Der Entschluss, Terrorkämpfer zu werden, musste in ihm ja schon in Biel gereift sein, bevor er sich nach Somalia aufmachte.
Nun schlägt die «Sonntagszeitung» den nächsten Nagel ein, eben das «Geständnis», im Terror-Camp trainiert zu haben. Nicht dass das Blatt selber der Beichtvater wäre; vielmehr zitiert es aus einem kenianischen Verhörprotokoll, Majd N. habe über «militärisches Training» berichtet. Auch wenn das stimmen sollte – beweist es, dass sich der Ex-Stipendiat auf den Kampf vorbereitete? Wer so etwas meint, hat nicht begriffen, was Training bedeutet.
Trainieren, um zu zögern
Eines Besseren belehrt wird man bei der Lektüre des gleichen Blatts einige Seiten weiter vorn von einem, der es wissen muss: Ex-Militärminister Adolf Ogi. Da geht es zwar nicht um militärische Ausbildung, aber Training ist Training. Der Altbundesrat darf wieder einmal erklären, wie er 1992 seinen Ausspruch über den EWR als Trainingslager für die EU-Mitgliedschaft gemeint haben will: «Die Intellektuellen und andere wollten das Wort ‹Trainingslager› nicht verstehen. Im Sport weiss man: Zuerst trainiert man, dann wird analysiert, ob man bereit ist für den Ernstkampf oder nicht.»
Na also: Der junge Mann aus Biel kam nicht einmal bis zum Analysieren, denn er wurde vorher krank. Das ist schon fast ein Unschuldsbeweis, und auch die bernischen Stipendiengeber dürfen aufatmen.

P.S.: Da wir schon bei der «Sonntagszeitung» sind, empfehlen wir ihrer beliebten Rubrik «Schlagzeiten» den Seitenkopf (46, Wetter): «SportXXXXXX» – jede Ähnlichkeit mit einer real existierenden Ladenkette ist rein zufällig.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.