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Spanien plane ein Grundeinkommen, kündigte Wirtschaftsministerin Nadia Calviño am 5. April an. © La Sexta

Spanien: Grundeinkommen soll ins Gesetz

D. Gschweng /  Spanien hat wegen der Corona-Krise umfangreiche Unterstützung für Einkommensschwache aufgegleist. Nach der Krise soll sie bleiben.

Spanien will umgehend ein Grundeinkommen für diejenigen einführen, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind, meldete der Fernsehsender «La Sexta» am 5. April. Es soll auch nach der Krise Bestand haben. Die Regierung «sei dabei, ein lebenslanges Grundeinkommen aufzusetzen», kündigte Wirtschaftsministerin Nadia Calviño in einem Interview mit dem privaten Fernsehsender an. Nun, einige Tage später, bestätigte der Minister für Soziale Sicherheit, José Luis Escrivá, den Entscheid. Das berichtet die NZZ. Demnach käme die Hilfe rund einer Million Haushalte zugute. Geplant sei, Alleinstehenden monatlich 450 Euro und Familien bis zu 950 Euro auszuzahlen.

Die Ankündigung Anfang April hatte hohe Wellen geworfen: Spanien sei auf dem Weg, ein «universelles Grundeinkommen» (universal income) einzuführen, meldete das US-Portal «Bloomberg». Einige deutschsprachige Medien wie die «taz» sahen das bedingungslose Grundeinkommen («Lebenslang Geld für jeden») für Spanien gekommen. Wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns wird ein bedingungsloses Grundeinkommen in mehreren europäischen Ländern wieder vermehrt diskutiert.

Das «ingreso mínimo» ist kein bedingungsloses Grundeinkommen

Geld für jeden und jede bedeutet diese Ankündigung jedoch nicht. Das «ingreso mínimo» (Mindesteinkommen) ist weder bedingungslos noch universell. Es entspricht am ehesten der Sozialhilfe, wie sie in vielen Ländern üblich ist.

«La Sexta» legte kurz darauf mit Details nach. Was von «Bloomberg» als universelles Einkommen gedeutet wurde, besteht aus zwei Teilen. Die erste ist eine Überbrückungsleistung während der Corona-Krise (ingreso mínimo vital puente), zu deren Milderung Spanien bereits 200 Milliarden Euro an Hilfen angekündigt hat.

Vor allem für einkommensschwache Familien

Die von Calvino und Escrivá angekündigte Überbrückungsmassnahme konzentriert sich vor allem auf einkommensschwache Familien. Anspruch haben alle Einwohner, deren Einkommen 200 Euro nicht übersteigt oder wenn das Pro-Kopf-Einkommen im Haushalt nicht höher ist als 450 Euro. Dazu kommt ein Zuschuss von 100 Euro für jedes Kind und eine Zahlung von 500 Euro während drei Monaten, für Alleinerziehende 750 Euro.

Diese Regelung gelte laut «La Sexta» so lange, bis eine ein dauerhaftes Basiseinkommen eingerichtet sei. Wie eine permanente Lösung genau aussehen wird, ist noch nicht klar. Auf einen Termin will sich die spanische Regierung nicht festlegen. Die Übergangslösung erfährt laut «El Pais» breite Unterstützung.

Die Idee einer Grundsicherung ist nicht neu

Die Forderung nach einer sozialen Grundsicherung ist in Spanien weder neu noch unbegründet. Sie ist Teil der Regierungsvereinbarung von 2019 zwischen den Sozialdemokraten der PSOE und der Linkskoalition «Unidas Podemos» (UP). Mehr als ein Fünftel aller Spanier lebten schon vor der Pandemie unterhalb der Armutsgrenze, darunter viele Kinder. Durch die Auswirkungen der Pandemie und des Lockdowns haben zusätzlich 3,5 Millionen Menschen Anstellung oder Aufträge verloren. Einige Familien haben überhaupt kein Einkommen mehr und befinden sich in einer verzweifelten Lage.

Während ein universelles, bedingungsloses Grundeinkommen für jeden und jede von den politischen Akteuren eher abgelehnt wird, gibt es zahlreiche Befürworter einer Grundsicherung. Gestritten wurde bisher wenig überraschend vor allem darum, woher die Mittel für eine solche Massnahme kommen sollen.

«Ein absoluter Lacher»

Wie eine Grundsicherung aussehen könnte, schlüsselte «El Pais» schon im Juni 2019 auf. Pro Person und Monat bekomme eine Person maximal 80 Prozent des öffentlichen Einkommensindikators IPREM. 2019 waren das etwa 440 Euro pro Monat. Dazu kämen 1‘200 Euro pro Jahr und Kind für bis zu drei Kinder sowie Zuwendungen, die vom aktuellen Einkommen des Begünstigten abhängig sind.

Das Leben in Spanien ist zwar günstiger als in der Schweiz – viel ist das trotzdem nicht. Zum Vergleich: Der Mindestlohn beträgt in Spanien 950 Euro monatlich (taz), die Armutsgrenze liegt bei 739 Euro für Einzelhaushalte und bei 1’552 Euro für ein Paar mit zwei Kindern (Euro Weekly). Ein spanisch-schweizerischer Doppelbürger, den die Autorin gebeten hat, die Summe von 440 Euro einzuordnen, äusserte sich dazu deutlich: «Ein absoluter Lacher, das reicht nicht mal für Miete», fand er.


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8 Meinungen

  • am 14.04.2020 um 11:45 Uhr
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    Die Frage ist wie hoch ist der Druck auf die Menschen mit dem niedrigen bedingten Grundeinkommen.

    Die zweite Frage, wird die Corona Krise dazu genutzt, das bedingungslose Grundeinkommen, in einigen Ländern unterzujubeln.
    Das bedingungslose Grundeinkommen bedeutet den letzten Kahlschlag für den den Sozialstaat.

    siehe dazu
    "Das Grundeinkommen ist nicht egalitär, sondern elitär

    Seine Einführung würde das Ende des Sozialstaats bedeuten. Denn konstruiert ist es nicht für einen Minimalverdiener – sondern für einen Lottogewinner.
    .
    .
    Wenn (fast) alle bisherigen Leistungsarten zu einem Grundeinkommen verschmolzen würden, wäre das Ende des Sozialstaates gekommen, wie Deutschland ihn seit mehr als 100 Jahren kennt.
    .
    .
    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bedingungsloses-grundeinkommen-das-grundeinkommen-ist-nicht-egalitaer-sondern-elitaer-1.3702230

  • am 14.04.2020 um 12:42 Uhr
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    Es bewegt sich was bzgl. BGE, aber in den Köpfen der Politiker meine ich nur eine einfacher zu handhabende Sozialhilfe wahrzunehmen. Die LEISTUNGS-Gesellschaft ist noch immer wichtiger, als die Menschenwürde. Die Frage woher das Geld kommt ist nur vorgeschoben, weil es die Höhe der Auszahlung minimieren hilft. Wer zuoberst in der Hierarchie steht, weiss ganz genau, dass das Geld aus der Luft (aus NICHTS) im Computer mittels Knopfdruck hergestellt wird. Nur hat es sich etabliert, dass die privaten Banken das dürfen, aber die Staatsbank nicht mehr. Vor dem Euro bis 1972 war es zB in Frankreich klar, dass der Staat das notwendige Geld für Infrastruktur und Wirtschaftshilfe zur Verfügung stellte. Da war der Staat auch nur zu 40% verschuldet. Spanien kenne ich nicht, aber das System hätte sich übertragen lassen. Seid die FED weltweit das Sagen hat, wurden solche Möglichkeiten per Gesetz oder Verordnung am Volk rsp sogar an den Politikern vorbei durchgesetzt. Die EU hats auch nochmal abgenickt. Und alle glauben das wäre unveränderbar. Nun da die Krise grösser wird und auch die Banken nicht mehr wissen, wie sie Stabilität erzeugen könnten, böte sich eine gute Gelegenheit endlich wieder die Währungs-Hoheit an den Staat zu übertragen.

  • am 14.04.2020 um 21:58 Uhr
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    Wer die Finanzierungsfrage stellt, hat die Auswirkung der Geldschöpfung aus dem Nichts, als Liquiditätsbereitstellung zur Abdeckung der Bedürfnisse mittels gegenseitiger Leistung, überhaupt nicht begriffen. Davon betroffen sind 99,9% der Menschen, also auch Ökonomen, Regierende und Medien, wie auch leider Infosperber!

    Im Preis der Produkte oder Dienstleistungen sind sämtliche Wirtschaftsfaktoren abgebildet. Sie werden es kaum glauben, aber auch die soziale Absicherung. Systembedingt könnten wir direkt nach der Geburt in Rente gehen (Grundsicherung) vorausgesetzt, die Bedürfnisse werden abgedeckt. Umlage des Sozialanteils über die Wirtschaftsumsätze, resp. Ausgaben vom Endbenutzer, wie die MWST verbuchen und nicht über die Erwerbseinkommen. Kalkulatorischer Anteil, vom Staat je nach Produkt definiert. Abwicklung zwischen Wirtschaft und Staat, wie die Steuern, Parameter branchendefinierter Nettogewinn und Tarif.

  • am 15.04.2020 um 09:56 Uhr
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    @ D. Gabriel:
    1. Das Ende eines Sozialstaates, der Hartz 4 kennt, wäre wünschenswert.
    2. Ist das BGE nicht für den Lottogewinner konstruiert, sondern doch glasklar für alle.
    3. Scheiden sich die Geister an der BGE Frage am Menschenbild. Braucht der Mensch das Messer am Hals, um Leistung zu erbringen; oder will er grundsätzlich von sich aus einen Beitrag an die Gesellschaft Leisten?

    Es ist mir ein grosses Rätsel, wie man gegen das BGE sein kann. Das heutige Gesellschaftssystem sägt an dem Ast, auf dem es selber sitzt. Es ist in keinster Weise zukunftsfähig. Der Produktivitätszuwachs hat auch schon lange ein Niveau erreicht, um allen Menschen ein würdiges Dasein zu ermöglichen. Das Augenmerk einer vernüftigen Politik sollte also seit mindestens 20 Jahre auf der Reduktion der Weltbevölkerung liegen und ganz sicher nicht auf weiterem Wirtschaftswachstum.
    Wenn nun nur die Lemminge mit offenen Augen freiwillig und zielstrebig sich über die Klippe stürzen würden, dann wäre es wenigstens amüsant, ihnen dabei zuzusehen. Leider reissen sie uns alle in ihrem Kollektivsuizid mit. Aus mir unerklärlichen Gründen scheint der Wunsch nach noch mehr materiellem Besitz stärker zu sein, als der Wunsch, den kommenden Generationen eine intakte Lebensgrundlage zu hinterlassen.
    Love is the answer (Bob Marley). Und das BGE ist ein Ausdruck der Liebe. Wir sollten es wagen.

  • am 15.04.2020 um 09:58 Uhr
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    Herr Ermotti, führen Sie den zweiten Abschnitt bitte etwas anschaulicher aus, oder verweisen Sie auf einen Text, den man runterladen kann. Ich habe Joseph Huber und weitere Ökonomen gelesen. Ihre Worte kommen mir bekannt vor, aber die Sprünge von einem Gedanken zum andern sind mir zu gross.

  • am 15.04.2020 um 10:56 Uhr
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    Sie haben es gefunden – das finanzielle Perpetuum Mobile. Warum überhaupt noch arbeiten gehen und was erwirtschaften, wenn die EZB und die Zentralbanken SNB das Geld doch genauso gut aus dem luftleeren Raum erzeugen und als «Helikoptergeld» ausschütten können. Die wenigsten realisieren dabei, dass dieses Geld von jemanden und den NACHFOLGENDEN GENERATIONEN als NEUE STEUERN EINBEZAHLT bzw. ZURÜCKBEZAHLT werden muss.
    Grundeinkommen sind deshalb unmoralisch und basiert auf Ausbeutung derer, die es durch Leistung erbringen und finanzieren.
    Aufgrund seiner mangelnden Zielgenauigkeit eignet sich das bedingungslose Grundeinkommen aber nur sehr bedingt zur Verringerung oder zur Verhinderung der Neuentstehung von Armut. Keinem nützt eine Sozialpolitik nach dem Giesskannenprinzip: Reiche brauchen das Grundeinkommen nicht, weil sie Geld im Überfluss haben, und Armen reicht es nicht, um würdevoll leben zu können.
    Das bedingungslose Grundeinkommen widerspricht allen gängigen Gerechtigkeitsvorstellungen.
    Weder sorgt es für Bedarfsgerechtigkeit noch für Leistungsgerechtigkeit, erst recht jedoch nicht für Verteilungsgerechtigkeit. Was ist mit einem Menschen, der schwerstbehindert, also etwa blind ist? Ist es gerecht, dass es bei der Gewährung des Grundeinkommens überhaupt keine Rolle spielt, wie sehr sich ein Anspruchsberechtigter angestrengt und was er im Laufe seines Lebens geleistet hat? Ein Grundeinkommen muss so oder so zuerst erwirtschaftet werden. Nur wer will dann noch arbeiten?

  • am 16.04.2020 um 09:54 Uhr
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    Herr Staub, sind Ihre gängigen Gerechtigkeitsvorstellungen dieselben, wie die von denen die täglich am Existenz-Kampf knapp nicht scheitern? Jedenfalls ist aus Ihren Zeilen zu lesen, dass Sie sich weder mit BGE noch mit Vollgeld echt vertieft befasst haben. Wer selber schon ohne zu arbeiten Geld verdient – rsp erlebt, dass Geldvermehrung von selber passiert, weil andere es vermehren, rsp das Spekulations-Casino, der muss Ihren Standpunkt vertreten – ausser er wüsste, dass das digitale Geld per Knopfdruck entsteht – jedesmal wenn eine Nachfrage dafür besteht. Zurückzahlen ist da gar nicht gefragt, weil dann das Geld verschwindet. Zinsenzahlen schon, weil es dadurch vermehrt wird. Also befassen Sie sich bitte mit der korrekten Geldschöpfung bevor Sie weiter veraltete Ökonomie-Theorien weiter verbreiten.

  • am 17.04.2020 um 06:54 Uhr
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    Antwort an Carlos Schenkel
    Der Link ist in Ihrem Denkvermögen! Es ist Logik pur und keine Gedankensprünge, sondern die normale Abfolge eines Kreislaufes. Woher glauben Sie, wird Ihr Einkommen generiert? Sicher nicht direkt vom Konsumenten oder gar vom Arbeitgeber. Es ist die Geldschöpfung aus dem Nichts zur Abdeckung der Bedürfnisse mittels gegenseitiger Leistung. Für die Leistung erhält man eine Promotion aus der Geldschöpfung, damit man die gegenseitige Leistung auch tauschen kann. Wir tauschen die gegenseitige Leistung. Im Preis der Leistung sind sämtliche Wirtschaftsfaktoren enthalten. Das Geldvolumen, welches zum Leistungserbringer zurückfliesst, stammt immer vom Leistungserbringer selbst in Umlage. Gegenseitiger Tausch. Sämtliche Ausgaben werden als Wirtschaftseinnahmen verbucht und wieder umgelegt.
    Dem Staat, rechtlich als Pluralsubjekt mit Sonderstatus in der Wirtschaft zu begreifen sind die Leistungen für Gemeinwohl, Soziales und Gesundheit, demnach auch direkt umzulegen. Nicht zur Weiterleitung über das Erwerbseinkommen, als Suggestion Zahler!
    Parameter: Bruttoumsatz mit branchendefinierten Tarifen und die Messe ist gesungen! Die Arbeitsplatzauswirkungen, können Sie ich selbst geistig ausmalen!"

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