Kommentar
Angst vor einem Kollaps in Syrien
Die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Syrien fällt mit einem US-Alarm zusammen: Aussenminister Marco Rubio warnte im Senat in Washington von einem potenziellen Kollaps der neuen syrischen Regierung und einem «vollen Bürgerkrieg von epischen Proportionen» innerhalb von Monaten. Auch Präsident Donald Trump will die Strafmassnahmen, die unter dem Assad-Regime verhängt wurden, beenden.
Der islamistische Hintergrund der neuen Machthaber und manches von dem, was sie tun, ist alles andere als vertrauenerweckend. Deshalb kritisieren auch Syrer, dass «der Westen», wenn er mit Damaskus kooperiert, seine wertebasierte Aussenpolitik endgültig ad acta legt. Abgesehen davon, dass im Fall der Trump-Regierung die Wertedebatte ohnehin sinnlos geworden ist: Ausser in Israel, das offen die Abspaltung des drusischen Südens von Syrien betreibt, um sich damit einen freundlichen Satelliten als Nachbarn zu schaffen, gibt es einen Konsens, die Stabilität und Einheit Syriens als Priorität zu sehen.
Warnung vor Ernteausfällen
Was an der Öffentlichkeit völlig vorbeigegangen ist: Seit Monaten warnen Fachleute vor Ernteausfällen von bis zu 75 Prozent. Grund ist die Trockenheit, die Syrien seit Jahren heimsucht. Vor dem Fall Assads hat Russland mit Weizenlieferungen die Löcher gestopft. Eine der EU-Forderungen für den Aufbau der Beziehungen ist, dass sich Damaskus von Moskau klar distanziert. Das wird nur funktionieren, wenn man für Kompensation sorgt. Sonst werden auch in Syrien Menschen verhungern.
Dieser Beitrag ist zuerst im «Standard» erschienen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Gudrun Harrer ist leitende Redakteurin des österreichischen «Standard» und unterrichtet Moderne Geschichte und Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Universität Wien.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Das hat Fr. Harrer ja noch sehr zahm formuliert. Die EU-Sanktionen haben eines der wirtschaftsstärksten Länder, das bei Nahrungsmitteln und Energie auf 100%-Selbstversorgung war und sich satter Zuwachsraten erfreute, in ein Armenhaus und Hungerland verwandelt. Islamisten der übelsten Sorte wurden unterstützt solange sie nur gegen Assad und Russland waren. Es waren EU und NATO selber, die die Region destabilisiert, ausgeplündert und verwüstet haben. Jetzt soll das genau gleiche Gift stabilisieren und Hungersnöte verhindern. Das erinnert doch wieder stark an das 40 Jahre währende Afghanistan-Debakel, wo man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollte. Unser «Wertewesen» lernt trotz Quotenfrau, Inklusion und Genderstern nichts dazu, treibt fremde Völker ins Elend und importiert deren ethnische und religiöse Eigenarten mit selbst gemachten Flüchtlingsströmen.