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Steht weiterhin zum Verkauf: Das Profibild des SI-Autoren Drew Ortiz. © Generated Photos

«Sports Illustrated» liess KI Autoren und Texte erfinden

Pascal Sigg /  Die traditionsreiche US-Medienmarke operierte mit Fake-Autoren, um Werbegelder zu kassieren.

Zum Beispiel Drew Ortiz. So hiess einer der Autoren auf der Website von Sports Illustrated. «Drew verbringt viel Zeit draussen und führt dich gerne durch seine unendliche Liste der besten Produkte, die dich vor den Gefahren der Natur bewahren. Es vergeht kaum ein Wochenende, da Drew nicht zeltet, wandert oder einfach auf der Farm seiner Eltern ist.» Bloss. Drew Ortiz existiert nicht. Wie eine Journalistin des kleinen Online-Mediums Futurism aufdeckte, ist auch sein Portraitbild gefälscht. Es kann auf einer Seite, die KI-generierte Bilder anbietet, gekauft werden.

Sports Illustrated ist eine prestigeträchtige US-Medienmarke. Das Wochenmagazin erschien erstmals 1954, gewann mehrmals die wichtigsten Branchenpreise für Magazinjournalismus und publizierte Texte von William Faulkner oder John Updike. Bis 2018 gehörte die Medienmarke zu Time Inc. Nach diversen Deals hält das Medienkonglomerat Arena Group die Lizenzrechte an der Marke und fährt eine aggressive Digitalstrategie. Das Printmagazin wird wöchentlich weiterhin über 1 Million mal gedruckt. Mitte der Nullerjahre zählte es noch über drei Millionen Abonnierende.

Auch Texte KI-generiert

Die Futurism-Journalistin sprach auch mit zwei Personen, die an der Publikation der KI-Artikel beteiligt waren. Diese bestätigten, dass nicht nur Autorinnen und Autoren gefälscht wurden, sondern auch Texte. Dass weder die Urhebenden noch die Texte menschliche Produkte waren, wurde nirgendwo deklariert.

Sports Illustrated tauschte die Autorenprofile laufend aus. So wurde Drew Ortiz irgendwann durch eine gewisse Sora Tanaka ersetzt – ebenfalls eine Erfindung mit gefaktem Profilbild. Nun trat sie als Autorin der Texte auf, welche zuvor Ortiz zugeordnet waren.

Die gefakten Artikel – häufig Rezensionen von Produkten – waren mit Seiten in Webshops verlinkt, wo man die Produkte kaufen konnte. Wenn Leser auf die Links klickten, verdiente Sports Illustrated Geld. Nachdem Futurism die Verantwortlichen der Arena Group mit den Vorwürfen konfrontiert hatte, wurden die Seiten gelöscht. Und die Arena Group gab an, die Artikel von einem Drittanbieter erhalten zu haben. Doch Sports Illustrated ist nicht allein. Die Futurism-Journalistin konnte auch zeigen, dass mindestens eine andere Medienmarke der Arena Group gleich vorging. Futurism erwischte auch BuzzFeed mit zweifelhaften KI-generierten Reise-Texten. Auch zahlreiche Zeitungen der Gannett-Gruppe, wie zum Beispiel USA Today, mussten ein KI-Experiment einstellen, nachdem peinliche Fehler in Sport-Texten bekannt wurden.

In der Schweiz verlangt der Berufskodex des Presserats Transparenz im Umgang mit künstlicher Intelligenz im Journalismus. Verschiedene Medienhäuser haben sich selber bereits Verhaltensregeln auferlegt. Der Presserat möchte aber gemäss eigenen Angaben einheitliche Regeln erarbeiten.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

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Künstliche Intelligenz wird als technologische Revolution gefeiert. Doch es gilt, ihre Gefahren zu beachten.

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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

Eine Meinung zu

  • am 29.11.2023 um 21:33 Uhr
    Permalink

    Danke für diesen Artikel, der zeigt, wohin die Reise geht.
    Leider unzutreffend ist, dass der Berufskodex des Presserats Transparenz im Umgang mit künstlicher Intelligenz im Journalismus verlangen würde: auch nach mehr als einem Jahr Erfahrungen mit KI in der schweizer Medienlandschaft bleibt eine entsprechende Anpassung des Berufskodex Wunschdenken. Regeln zum Umgang mit KI existieren weder in den Erklärungen noch den Richtlinien des Presserates (Stand am 29.11.2023). Die Ankündigung im newsletter des Presserates vor mehr als einem Vierteljahr, dass er einheitliche Regeln zur Nutzung von KI im Journalismus erarbeiten möchte, ist wenig hilfreich. Nicht weniger frustrierend ist die Haltung des MAZ (Medienausbildungszentrum Luzern), das zur Verwendung von KI bisher ebenfalls keine Position formuliert hat, jedoch Journalisten Workshops anbietet, wie man KI-Bilder produzieren kann…

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