Kommentar

SRG-Ombudsstelle macht unfreiwillig Satire

Rainer Stadler © zvg

Rainer Stadler /  Die SRF-Sendung «Late Night Switzerland» hat eine Rüge kassiert. Die SRG-Ombudsstelle übertreibt mit ihrer Schelte massiv.

Mehr als 500 Beschwerden hat die Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz bekommen. Dies wegen einer kleinen Szene in der Satiresendung «Late Night Switzerland» von Mitte April. Die zahlreichen Unzufriedenen – wohl zumeist aus dem Umfeld der Juso – bezeichnen den Beitrag als «antimuslimisch, rassistisch und menschenverachtend». Anlass für ihre Empörung ist eine kaum 40-sekündige Szene (hier ca. ab Minute 11). Die SRF-Redaktion zitierte darin ein Interview, welches der junge SVP-Politiker Sandro Subotic auf seinem Instagram-Kanal verbreitet hat. Befragt worden war er von einer jungen Frau in konservativer muslimischer Kleidung (Tschador). Diese ist bei den Jungsozialisten aktiv, und sie stellte dem politischen Konkurrenten ziemlich banale Fragen – zumindest soweit dies im SRF-Zitat erkennbar ist.

Stefan Büsser sagte dazu in seiner Sendung: Man habe nicht feststellen können, ob das eine echte muslimische Frau gewesen sei oder ob es doch wieder der SVP-Jungpolitiker Nils Fiechter beim Demonstrieren sei. Dazu bekam das Publikum ein Bild von Fiechter zu sehen, das ihn mit einem gebastelten «Sprengstoffgürtel» an einer politischen Inszenierung auf dem Bundesplatz in Bern zeigt – damals ging es um eine Aktion zugunsten der Initiative für ein Burkaverbot.

SRF Satire
Ausschnitt aus der kritisierten SRF-Sendung «Late Night Switzerland» (Screenshot)

Inakzepable «Stigmatisierung»

Die SRF-Satiriker hatten eigentlich Exponenten der SVP aufs Korn genommen. Das taten sie bereits in den Beiträgen, die der kritisierten Szene vorangingen. Doch die Beschwerdeführer fanden, hier seien Musliminnen und Muslime pauschal mit Gewalt und Terrorismus assoziiert worden. Solche Beiträge förderten «gesellschaftliche Ausgrenzung und Stigmatisierung insbesondere von muslimischen Frauen». Das sei inakzeptabel. Die Juso hatte ihre Empörung gleich nach der Ausstrahlung der Sendung via Social Media artikuliert.

Erstaunlicherweise hat nun die Ombudsstelle diese Sichtweise gestützt. Sie räumt ein, dass eigentlich der SVP-Vertreter Subotic im Fokus gestanden habe. Die junge Muslimin habe nur als zufälliges Objekt für die Pointe mit dem Sprengstoffgürtel gedient. Doch finden die beiden Ombudsleute, es sei eine Assoziation zwischen einer normalen Muslimin und dem Stereotyp einer muslimischen Selbstmordattentäterin bzw. Selbstmordattentäters erzeugt worden. Und damit sei die Grenze für satirische Freiheit überschritten und das Diskriminierungsverbot verletzt worden – auch wenn dies SRF nicht beabsichtigt habe.

Zudem sei die Jungpolitikerin in ihrer Identität als muslimische Frau auf ein Objekt reduziert und in einen – faktisch nicht bestehenden – Zusammenhang mit dem islamistischen Terror gebracht worden. Überdies handle es sich nicht um eine Person von öffentlichem Interesse. Mit dieser Instrumentalisierung sei ihre Menschenwürde verletzt worden.

Überreizte Sensibilität

Man kann sich fragen, ob es sinnvoll ist, die junge Muslimin im Fernsehen auszustellen. Doch SRF hat sie nicht namentlich genannt. Nicht zuletzt auf Grund ihrer Verhüllung war sie damit nur für ein näheres Umfeld identifizierbar. Entsprechend war hier SRF genügend vorsichtig, zumal die Frau mit ihrem Interview auf dem Kanal des SVP-Politikers schon eine kleinere Öffentlichkeit erlangt hatte.

Vor allem aber dokumentiert die Ansicht der Kritiker und der Ombudsstelle, SRF habe die Frau in die Nähe des Terrorismus gerückt, eine überreizte Sensibilität, die aus einer Mücke einen Elefanten macht. Wer vom vielzitierten und in den USA offenbar verblassenden «woken» Zeitgeist nicht angesteckt ist, hat in der kritisierten Szene unschwer erkennen können, dass sich SRF über die SVP lustig macht. Das Fernsehen mokierte sich über politische Possen.

Witze sind oft eine Geschmacksache. Wie lustig der kritisierte Beitrag war, bleibt entsprechend Ansichtssache. Wenn jedoch Überempfindlichkeit wie in diesem Fall zur Norm wird, könnten sich Satiriker zumindest noch aufs Zitatrecht berufen. Sie müssten dann bloss noch die Worte von moralsauren Tugendwächtern wiederkauen – und hätten die Lacher auf ihrer Seite.


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