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Gratis zu haben: ein neues AKW. Das schreibt jedenfalls die «Sonntags-Zeitung». © SRF

«Sonntags-Zeitung» propagiert Klimaanlagen und Gratis-AKW

Marco Diener /  Leser können nur staunen: Die «Sonntags-Zeitung» liefert eine skurrile Nachricht nach der anderen.

Gut, einfach ist es nicht, Sonntag für Sonntag gegen 50 Seiten zu füllen. Aber was die «Sonntags-Zeitung» ihren Lesern vorsetzt ist – höflich ausgedrückt – eigenartig. Hier ein paar Beispiele.

Seite 1

Wir lesen den Titel «Ein neues Atomkraftwerk wäre fast gratis» und staunen. Denn sonst ist meist von Baukosten zwischen 10 und 50 Milliarden Franken die Rede.

Seite 6

Hier folgt des Rätsels Lösung. Die «Sonntags-Zeitung» hat die Kernforscherin Annalisa Manera interviewt. Diese behauptet: «Würde man ein AKW so stark subventionieren wie Windräder, könnte man fast gratis bauen.»

Die Logik von Manera und «Sonntags-Zeitung»: Der Staat muss nur genügend Subventionen sprechen – dann ist alles gratis.

Seite 7

«Moderne Klimageräte sind unbedenklich», lautet der Titel. Für regelmässige «Sonntags-Zeitungs»-Leser wirkt das ein bisschen repetitiv. Denn schon die Woche davor hatte die «Sonntags-Zeitung» getitelt: «Betrieb von Klimaanlagen ist heute unbedenklich.» Und: «Man kann heute mit gutem Gewissen eine Klimaanlage installieren.»

Bei wem die «Sonntags-Zeitung» die Informationen für den jüngsten Klimaanlagen-Artikel eingeholt hat? Bei Marco von Wyl. Er ist Geschäftsführer des Schweizerischen Verbandes für Kältetechnik – ein waschechter Lobbyist. Er wird denn auch nicht müde, über die gesetzlichen Vorschriften zu lamentieren.

Seiten 43 und 44

Über zwei Seiten berichten Leser und Leserinnen von ihren Erlebnissen mit Chat-GPT. Eine Leserin sagt: «Wenn ich morgens meinen Laptop aufklappe, schreibe ich Chat-GPT immer ‹Guten Morgen›.» Eine andere berichtet, wie sie dank Chat-GPT unbeschadet durch eine Ehekrise kam. Ein Leser lässt sich einen Ernährungs- und einen Trainingsplan erstellen. Und ein anderer befragt Chat-GPT zu Beziehungsfragen. Er sagt: «Zwischendurch vergesse ich beinahe, dass ich mich nicht mit einer echten Person unterhalte. Der Austausch ist fast wie bei einem Menschen, aber die körperliche Ebene, das Energetische fehlt.»

Über Gefahren und Risiken solcher «Lebenshilfen» erfahren die Leser nichts.

Seite 55

Die «Sonntags-Zeitung» stellt den Mercedes Concept AMG GT XX vor. Er hat 1360 PS und beschleunigt bis Tempo 360. Der Mercedes-Chefdesigner vertraut der «Sonntags-Zeitung» an: «Solche Meisterwerke zu erschaffen, bedeutet, etwas Aussergewöhnliches zu erschaffen.»

Ob der Prototyp jemals in Serie geht, weiss niemand. Aber bestimmt hat der potenzielle Inserent Freude an der Lobhudelei der «Sonntags-Zeitung».

Ebenfalls Seite 55

Wir erfahren: «Audi macht seine Autos zu fahrenden Spielkonsolen.» Und die «Sonntags-Zeitung» erklärt uns auch gleich, wie «das Gamen im Auto» funktioniert.

Zwei Wochen davor schrieb die «Sonntags-Zeitung» noch: «Zu rund einem Drittel aller Unfälle kommt es durch Ablenkung.»

Und für all das zahlen die Leser Fr. 6.40 (Einzelverkaufspreis).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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9 Meinungen

  • am 14.07.2025 um 11:30 Uhr
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    Die SonntagsZeitung hat sich schon längst zum Konsumenten-Infotainment-Katalog gemausert. Da fällt dann die Recherche flach. Alternativ rezitiert man einen populären Forscher oder eine gmögige Forscherin, und immer wieder gibt es ganze Beiträge, die wie von der Redaktion gezeichnet daher kommen, aber oben mit «Paid Post» vermerkt, also bezahlt sind. Irgendwie will Supino Geld für die Aktionäre scheffeln, nach dem Motto ausgedünnte Redaktion, dafür aufgepoppte Konsumentenanmache mittels angepasster PR-Information. Muss man nicht lesen.

  • am 14.07.2025 um 14:33 Uhr
    Permalink

    Klimaanlagen sollten mit Solarzellen kombiniert werden. Die Produktion der Solarzellen stimmt zeitlich sehr gut mit dem Bedarf der Klimaanlage überein.
    Es ist wirklich bedenklich, wenn die Sonntags-Journalisten nicht mal auf eine so naheliegende Idee kommen.

  • am 14.07.2025 um 15:25 Uhr
    Permalink

    Leiber Herr Diener, ich lese ihre Beiträge gerne. Aber etwas mehr differenzierte Beurteilung der Artikel in der Sonntags-Zeitung (bin nicht Abonnent) wäre angebracht.
    Natürlich hat Kernforscherin Annalisa Manera vollkommen recht: Niemand würde Windräder oder Solaranlagen bauen, wenn diese nicht massiv subventioniert würden. Dazu wird meist unterschlagen, dass auch die Folgekosten für den Strom von diesen Anlagen nicht erwähnt werden: Netzwerkausbau, neue Leitungen, Vergütung für Stromeinspeisung, Steuerung der Netzfrequenz um nur die wichtigsten zu nennen. All das benötigt kein Atomkraftwerk in diesem Umfang.

    Zu Klimaanlagen: Moderne, Inverter gesteuerte Klimaanlagen benötigen weniger Strom als z.B. eine Waschmaschine. Beide dienen dem Komfort. Ich nehme nicht an, dass Sie alles von Hand waschen.
    Für ältere Personen ist eine Klimaanlage ein Segen an den wenigen heissen Tagen, so wie in Asien schon lang

    • am 15.07.2025 um 10:14 Uhr
      Permalink

      Natürlich ist es Unfug, was die Kernforscherin erzählt. AKWs sind nicht gratis.
      Es behauptet auch niemand, Solar- und Windkraftwerke seien gratis.
      Übrigens: Kein einziges der grösseren Schweizer Kraftwerke wurde «durch die Kräfte des Marktes» erstellt. Überall war der Staat am Werk. Und immer war selbstverständlich auch ein Ausbau der Übertragungsleitungen, Unterwerke und Verteilnetze notwendig, wenn die Produktion signifikant gesteigert wurde.
      In letzter Zeit scheint es etwas in Vergessenheit zu geraten sein, dass Strom nicht gratis ist. Dass grosse staatliche Investitionen notwendig sind, um ein derart leistungsfähiges und zuverlässiges Stromnetz zu erhalten und auszubeuen. Der Markt wird es garantiert nicht richten.

    • am 15.07.2025 um 10:14 Uhr
      Permalink

      AKW = Russische Abhängigkeit über Rosatom, Brennstäbe-Aufbereitungsfirma, weltweit 50 % Anteile. Kein Endlager vorhanden. Zunehmende Temperaturen ergeben höhere Wassertemperaturen, AKW können weniger kühlen, Leistungs-Drosselung erfolgt. Rechtsbürgerliche Mehrheiten werden dafür sorgen, dass die Allgemeinheit die Entsorgungs-Kosten bezahlen müssen, obwohl die KKW-BetreiberInnen seit Jahren verpflichtet wären, den Stillegungs- und Rückbaufonds zu alimentieren.

    • am 15.07.2025 um 14:28 Uhr
      Permalink

      Lieber Herr Krähenmann, Ihre Vergleiche mit den Hinweisen zu AKWs quasi ohne negative Folgeerscheinungen hinken gewaltig. Auch die heutigen AKWs waren, sind und werden massiv subventioniert sein, weil die Nachsorgekosten im Strompreis nicht inbegriffen sind.
      Und die Werbe-Artikel zu den Klima-Anlagen waren ja der Gipfel an Unseriosität. Wenn man alles mit Komfort rechtfertigen möchte, kann man einfach generell für Energieverschwendung plädieren – passt dann auch grad zu den neuen AKW-Phantasien.

  • am 15.07.2025 um 11:44 Uhr
    Permalink

    Nachfrage: Können wir den vergüteten eingespeisten Strom unter den entstandenen Kosten einkaufen?

  • am 15.07.2025 um 14:23 Uhr
    Permalink

    Danke für die Auflistung dieser Beispiele. Ich habe auch gestaunt, als ich einiges davon online als temporärer Abonnent eines Tamedia-Erzeugnisses vorgesetzt bekam.
    Solchen Unfug wie bei der Werbung für Klimaanlagen zu lesen, war wirklich schlimm; noch schlimmer die Mehrheit der Kommentare, welche gegen die wohlbegründeten Energiegesetze vieler Kantone schossen und quasi ein Menscherecht auf Klimatisierung postulierten.

  • am 15.07.2025 um 16:15 Uhr
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    Die Sonntagszeitung war nie die hellste, scheint nun zum reinen Propaganda Blatt verkommen zu sein. Schlimmernoch, sie propagiert Dinge, welche uns an Leib und Leben bedrohen.

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