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Plötzlich umweltbewusst: «Sonntags-Zeitung» von heute. © sonntagszeitung.ch

Die «Sonntags-Zeitung» ist scheinheilig

Marco Diener /  Sie kritisiert den «Elektro-Leistungswahn» bei Autos. Aber die «Sonntags-Zeitung» trägt selber dazu bei.

«Statt sich auf eine möglichst tiefe Umweltbelastung zu konzentrieren, geht es bei der Entwicklung vieler E-Autos nur um eines: mehr Power.» Mit diesen Worten kritisiert die «Sonntags-Zeitung» in ihrer heutigen Ausgabe die Autoindustrie.

Und weiter: «Statt möglichst umweltfreundliche E-Autos zu entwickeln, überbieten sich die Marken gegenseitig mit immer grösseren Batterien, immer höheren Leistungswerten und mit Beschleunigungszeiten, die einem schon auf dem Papier den Atem rauben.»

Schliesslich: «Würden nur vernünftige E-Autos angeboten, die nicht auf möglichst viel Leistung, sondern auf ein tiefes Gewicht, einen niedrigen Verbrauch und damit auf eine möglichst kleine Batterie setzen, wäre die Elektromobilität deutlich umweltfreundlicher.»

«So fährt es sich mit dem Rambo-Lambo»

Schön und gut. Aber was macht die «Sonntags-Zeitung» Woche für Woche?

  • Vor einer Woche lautete der Titel auf der Auto-Seite: «Das schnellste Elektroauto der Welt kommt aus China.» Der Yangwang U9, berichtete die «Sonntags-Zeitung», habe mit 472,41 Kilometern pro Stunde einen neuen Tempoweltrekord aufgestellt. Das Auto verfüge über 3018 PS.
  • Vor zwei Wochen titelte die «Sonntags-Zeitung»: «Schnell trotz 2,5 Tonnen Gewicht: Luxus-SUV im Geschwindigkeitsrausch.» Vorgestellt wurden Luxus-Geländewagen der Marken Bentley, Ferrari, Aston Martin, Lamborghini und Porsche. Sie leisten zwischen 650 und 800 PS. Jedes erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von über 300 Kilometern pro Stunde.
  • Vor drei Wochen: «So fährt sich die Corvette mit Elektromotor.» Diesmal ging es um einen Sportwagen mit über 300 PS, der in weniger als drei Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt. Für einmal stand da auch ein Preis: ab 175’000 Franken.
  • Vor vier Wochen hiess es: «Ein bisschen Spass muss sein.» Die «Sonntags-Zeitung» präsentierte «Stadtflitzer mit PS-Werten, die früher für Sportwagen ausgereicht hätten». Die Begeisterung über die kleinen Boliden ist unüberhörbar. Zum Beispiel wenn es um den Bordcomputer eines Renault geht: «Dort hat Alpine ein Tutorial programmiert, das Tipps und Tricks für schnelle Kurven und die perfekte Linienführung gibt.»
  • Vor fünf Wochen: «Dieses Hypercar kostet 4,5 Millionen Franken – und ist längst ausverkauft.» Denn vom Sadair’s Spear produziert der schwedische Hersteller Koenigsegg nur 30 Exemplare. Und dann gibt’s auch gleich noch einen Nostalgie-Artikel über einen Lamborghini-Geländewagen aus dem letzten Jahrhundert. Titel: «So fährt es sich mit dem Rambo-Lambo.»

Wer das liest, kann nur zu einem Schluss kommen: Der heutige «Sonntags-Zeitungs»-Artikel ist scheinheilig. Die Auto-Redaktion der «Sonntags-Zeitung» hat kein Interesse an vernünftigen Autos.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • am 7.09.2025 um 12:40 Uhr
    Permalink

    Das sind halt verschiedene Redaktionen oder Redaktor(inn)en.
    Logisch, dass ein Fun- und Sportwagen-Präsentator nichts von sparsamen Autos hält; egal, mit welchem Antrieb.

    • am 8.09.2025 um 00:37 Uhr
      Permalink

      Danke, dass sie diese unschönen Fakten auflisten.

      Wer braucht schon ein Auto, dass 300 km/h fährt?

      Mit solchen Boliden im Strassenverkehr wird es für Fussgängerinnen und Velofahrer immer gefährlicher. Elektro-Autos hört man fast nicht mehr.

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