Kommentar
Die SP hat eine Idee …
Die SP hat eine Idee, wie sie 85 Prozent der Bevölkerung bei den Krankenkassenprämien entlasten könnte. In der Samstags-Rundschau von «SRF» präsentierte die SP-Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti den Vorschlag: Wer wenig verdient, soll einen Rabatt auf die Krankenkassenprämie erhalten; wer viel verdient, müsste einen Zuschlag bezahlen.
Der Vorschlag wird Marti und ihrer Partei vielleicht Stimmen bringen. Um das grundsätzliche Problem macht die SP aber einen Bogen. Anstatt endlich die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen, wird bloss umverteilt. Was Marti vorschlägt, ist keine Gesundheits-, sondern Pflästerlipolitik. Warum geht die SP nicht die wahren Kostentreiber an?
Bundesrat verschleuderte über eine Milliarde Franken
Der SP-Bundesrat warf das Geld während der Corona-Pandemie mit vollen Händen zum Fenster hinaus – 1,45 Milliarden Franken, um genau zu sein. Darin enthalten sind Ausgaben von 1,3 Milliarden Franken für Impfstoffe, die wegen Nichtgebrauchs vernichtet wurden. Die Schweiz liess sich von den Pharmafirmen Knebelverträge aufzwingen. Was sie für den Impfstoff bezahlt hat, dürfen die Einwohnerinnen und Einwohner bis heute nicht wissen.
Wohlwollend könnte man der damaligen Regierung zugute halten, dass sie in der Corona-Krise lieber zu viel als zu wenig einkaufte. Dass sie aber mit grosser Kelle Steuergelder verschleudert hat – daran ist nicht zu rütteln.
Patienten als Kostentreiber
Kostentreibend sind auch jene Patienten, die angesichts ihrer hohen Prämien eine Gegenleistung erwarten. Rückenschmerzen? «Ich will ein MRI!», lautet die Forderung im Sprechzimmer bei der Ärztin. Die aberwitzige Begründung: Alle im Umfeld des Patienten hatten auch schon ein MRI.
Glücklicherweise sind solche Patientinnen und Patienten – noch – in der Minderheit. Immer öfter aber fallen in der Arztpraxis jetzt Sätze wie «ich zahle so hohe Krankenkassenprämien, dann will ich auch etwas dafür haben!». Und wenn diese Patienten ihren Wunsch bei Arzt A nicht erfüllt bekommen, wird es irgendwann bei Arzt X klappen.
Bei der Untersuchung wird dann vielleicht zufällig noch eine Zyste an der Niere oder etwas anderes entdeckt, das weiter beobachtet werden muss. Nach mehreren zusätzlichen Untersuchungen stellt sich meist heraus, dass es harmlos ist. Auch solche Überdiagnostik ist kostentreibend.
Der Schweizer Versorgungsatlas zeigt nicht nur bei diagnostischen Massnahmen, sondern auch bei chirurgischen Eingriffen kantonal grosse Unterschiede, die medizinisch nicht erklärbar sind. «Oft sind finanzielle Fehlanreize der Grund.» Darauf wies nicht allein der «Tages-Anzeiger» schon vor Jahren hin.
Zu dieser Überdiagnostik und Überbehandlung addieren sich die Schäden, die Patienten und Patientinnen erleiden – infolge falscher oder verspäteter Diagnosen, Infektionen, Behandlungsfehlern oder unzweckmässiger Medikation. Nach konservativer Schätzung des Bundesamts für Gesundheit betrifft dies jährlich über 120’000 Personen. Die Hälfte dieser Schäden, die oft mit weiteren Operationen oder Nachbehandlungen verbunden sind, wären vermeidbar.

Die Abzocker in der Industrie
Der grösste Kostentreiber sind die Pharma- und Medizinalprodukte-Hersteller. Nehmen wir das Beispiel des Blutverdünners «Xarelto»: Von 2014 bis 2023 gab allein die Schweiz über eine Milliarde für dieses eine Arzneimittel aus. Seit 2016 verursachte «Xarelto» laut den «Helsana-Arzneimittelreports» Jahr um Jahr 1,4 bis 1,9 Prozent der gesamten Medikamentenkosten. 2021 erwirkte das Bundesamt für Gesundheit zwar eine Kostensenkung. Trotzdem zählte «Xarelto» weiterhin zu den drei kostenintensivsten Medikamenten.
Inzwischen ist das Patent abgelaufen. Eine Tagesdosis von 10 Milligramm, die früher 10,25 Franken kostete, ist jetzt für 1 Franken zu haben.
Wechselt man auf ein Generikum, kostet sie 75 Rappen. Kauft man das Generikum gar im Nachbarland Deutschland, dann sind es umgerechnet rund 30 Rappen – und der Generika-Hersteller verdient dabei immer noch. Das ist nur ein Beispiel. In keinem andern Land Europa müssen die Krankenkassen so viel für Medikamente ausgeben wie in der Schweiz.
Es sind diese und weitere kostentreibende Faktoren, die Samira Marti und ihre SP endlich angehen sollten.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Die Autorin ist Ärztin.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Da bin ich voll bei der Autorin. Selber musste ich soeben meine Ferien abbrechen, wegen einem kleinen Unfall. In der CH angekommen, ging ich sofort in den Notfall. Die Behandlung dauerte rund 15Minuten, insgesamt war ich etwa 5h auf dem Bett, sah dabei 3Ärzte, einen Oberarzt, 4Krankenschwestern, 2 Röntgenärzte und 2 Studenten. Die wollen alle Lohn und alle waren nett, kompetent und hilfsbereit, aber das System indem sie arbeiten ist ein Geldverschlingungs Maschine par exellance. Item, der Vorschlag der SP befürworte ich trotzdem, sicherlich auch aus Eigennutz,denn ich gehöre zum unteren Drittel der Einkommensschicht, sprich die Mehrverdiener müssen das bezahlen, was auch richtig ist und zum anderen, wenn es denen zu bunt wird, ist das auch die Kaste, die wirklich was verändern könnte.