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Ich habe keine Lust zum Teilen © Patrick Chappatte in «Le Temps»

Milliardengewinne sind in der Schweiz steuerfrei

/  Statt nach Singapur zu ziehen, hätte Facebook-Aktionär Eduardo Saverin in die Schweiz kommen können, um keine Steuern zu zahlen.

«Ohne weiteres über 100 Millionen Dollar» an Steuern spart Facebook-Aktionär Eduardo Saverin, indem er rechtzeitig auf die US-Staatsbürgerschaft verzichtet und sich in Singapur niedergelassen hat. Das schätzt die New York Times.
Vier Milliarden Gewinn – ohne Steuern zu zahlen
Saverin besitzt aus der Grundüngszeit von Facebook zwar nur vier Prozent des Aktienkapitals. Doch vier Prozent von vielleicht hundert Milliarden sind immer noch vier Milliarden Dollar, die ihm der Börsengang beschert.
Solche Kapitalgewinne sind nicht nur in Singapur, sondern auch in der Schweiz steuerfrei. Saverin hätte also ebenso gut in die Schweiz ziehen können. Ohne US-Staatsbürgerschaft hätten ihn die US-Steuerbehörden in der Schweiz nicht behelligen können.
Als US-Bürger in den USA hätte Saverin von seinen vier Milliarden Gewinn sofort rund 70 Millionen abliefern und bei einem Verkauf der Aktien 15 Prozent Gewinnsteuern zahlen müssen.
Ein Grund für die grösseren Einkommensunterschiede
In der Schweiz zahlt jeder Besitzer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung nach einem Verkauf dem Fiskus Gewinnsteuern. Besitzer von Aktien, Obligationen und andern Wertpapieren müssen jedoch keine Steuern zahlen, wenn sie diese Papiere zu höheren Kursen verkaufen.
In den letzten zwanzig Jahren ist die Einkommensschere in der Schweiz vor allem deshalb grosser geworden, weil die Einkommen aus Kapitalgewinnen viel stärker zugenommen hatten als die Löhne. Zudem mussten alle ihre Löhne versteuern, während die Reichen ihre Kapitaleinnahmen steuerfrei beziehen konnten.
Steuern eigentlich nach «wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit»
Grosse Schlagzeilen hatten 1996 Kurssprünge an der Börse gemacht, als die Fusion von Ciba und Sandoz bekannt wurde. Die Aktionäre erzielten quasi über Nacht Börsengewinne in der Grössenordnung von zwanzig Milliarden Franken, ohne für diese Gewinne nur einen Rappen versteuern zu müssen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich das Vermögen Christoph Blochers im Wesentlichen dank Kapitalgewinnen von einem Jahr auf das andere um 480 Millionen erhöht hatte. Solche Kapitalgewinne sind in der Schweiz steuerfrei, obwohl die Bundesverfassung eine Besteuerung «nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit» vorschreibt.
In der Folge lancierte der Gewerkschaftsbund die Volksinitiative «Für eine Kapitalgewinnsteuer». Markus Somm, heute Chefredaktor der Basler Zeitung, hatte diese Initiative damals im Tages-Anzeiger unterstützt: «Es gibt keinen einzigen Grund, warum in der Schweiz fast alle Einkommensarten besteuert werden – bis auf den Kapitalgewinn. Das ist ungerecht und steuersystematisch ein Unsinn.»
Mit Kapitalflucht gedroht – aber wohin?
Die Gegner behaupteten, es würde viel Kapital aus der Schweiz abfliessen. Als «Fluchtland» kam allerdings fast nur Griechenland in Frage, weil alle andern Länder Europas und auch die USA Kapitalgewinne auf unterschiedliche Art besteuern. Kapitalverlagerungen nach Griechenland hätten sich wohl kaum gelohnt, wie man heute weiss.
Doch die Argumente und die emotionalen Appelle der Gegner der Volksinitiative für eine Kapitalgewinnsteuer haben gezogen: Das Schweizer Volk hat die Initiative mächtig verworfen.


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Eine Meinung zu

  • am 19.05.2012 um 12:51 Uhr
    Permalink

    …wie ich einem andern Beitrag hier auf infosperber.ch schrieb, geht es uns leider noch viel zu gut als dass solche Ungerechtigkeiten geändert würden. Die Umverteilung von unten nach oben wird unbeirrt weiter geführt. Wehrt sich jemand dagegen, so werden diese Personen und Gruppierungen als Neider abgetan.
    Bevor die Stimmenden zur Urne schreiten, sollten sie eine persönliche Analyse ihres Standortes im Leben ziehen – ungeachtet des politischen Links- Rechtsschemas – ungeachtet wer den Vorschlag zur Abstimmung bringt oder die Abstimmung verursacht. Bei der objektiven Betrachtung müssten eigentlich die Weichen schon längst anders gestellt sein…

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