Ein stossendes Steuerprivileg für Hausbesitzer gehört weg
Auf Anhieb ist nicht einzusehen, warum Mieterinnen und Mieter oder sozial Eingestellte damit einverstanden sein sollen, dass Hausbesitzende den Eigenmietwert ihrer selbst bewohnten Liegenschaften künftig nicht mehr versteuern sollen.
Aber eben nur auf Anhieb. Für Verwirrung sorgt, dass bei der Gesetzesvorlage, die aus zwei Teilen besteht, meistens nur der erste Teil in den Schlagzeilen ist: «die Abschaffung des Eigenmietwertes». Das bringt Hauseigentümern einen Vorteil. Doch um diesen zu kompensieren sieht das Gesetz vor, dass Hausbesitzer, die in ihrem eigenen Haus wohnen, im Gegenzug zwei happige Posten bei ihren Steuern nicht mehr in Abzug bringen können:
- ihre Zinszahlungen auf Hypotheken
- ihre Ausgaben für den Unterhalt der Liegenschaften.
Ein Fall für die Pisa-Lesekompetenz
Die Abschaffung des Eigenmietwerts stand seit Jahrzehnten immer wieder einmal auf der Traktandenliste des Parlaments. Die Hauseigentümer wollten lange «den Fünfer und das Weggli»: den Eigenmietwert nicht mehr versteuern müssen, jedoch den Unterhalt ihrer selbst bewohnten Immobilien und wenn möglich auch noch die Hypothekarzinsen weiterhin in Abzug bringen können.
Erst die jetzt vom Parlament beschlossene Lösung gilt als ausgewogen und fand deshalb eine grosse Parlamentsmehrheit. Allerdings ist der zustandegekommene Kompromiss eine Gesetzesvorlage, die schwer verständlich formuliert ist. Bei einem Pisa-Test der Lesekompetenz würden wohl die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger durchfallen.
Hypothekarzinsen
Im Moment sind die Hypothekarzinsen tief, weshalb Hauseigentümer keine grossen Summen von ihren Einkommenssteuern abziehen können. Sobald aber der Hypothekarzins auf über 2,6 Prozent steigt und Hausbesitzende die dann hohen Zinszahlungen nicht mehr vom versteuerbaren Einkommen abziehen können, gibt es für Bund, Kantone und Gemeinden statt Steuerausfälle Steuergewinne.
Deshalb ist die Frage entscheidend, ob der Hypothekarzins wieder steigt. In all den Jahren von 1990 bis Mitte 2023 schwankte er zwischen 3 und 7 Prozent. Die Behauptung der Gegner der Abschaffung des Eigenmietwerts, die Zinsen würden jetzt «nie mehr auf 3 Prozent steigen» und es bleibe deshalb bei hohen Steuerausfällen, ist mehr als gewagt.
In Gegenteil: Das Risiko einer hohen Inflation ist in absehbarer Zeit gross. Denn angesichts der riesigen und zunehmenden Verschuldung der meisten Staaten gibt es nur drei Wege, eine grosse Finanzkrise zu verhindern:
- Schulden abbauen.
- Auf den Schulden einen grossen Abschreiber machen
- Eine hohe Inflation.
Politisch realistisch ist wohl nur die dritte Variante: eine hohe Inflation.
Auch wenn das Zinsniveau in der Schweiz tiefer bleiben wird als in den USA und in der EU, ist die Wahrscheinlichkeit hoher Zinsen in der Schweiz in den nächsten Jahren gross.
Das wird alle Hausbesitzenden treffen, wenn sie die Zinsen auf ihren Hypotheken von ihrem steuerbaren Einkommen nicht mehr abziehen dürfen.
Als Ausnahme sieht das Gesetz einen zeitlich und in der Höhe beschränkten Abzug der Hypothekenzinsen für Steuerpflichtige vor, die in der Schweiz zum ersten Mal ein Haus kaufen, das sie selber bewohnen.
Unterhalt bei den Steuern nicht mehr abziehbar
Heute sparen Hausbesitzer viel Steuern, weil sie den Unterhalt für ihrer selbst bewohnten Liegenschaft bei der Einkommenssteuer in Abzug bringen können. Steuerberater versorgen sie mit vielen Tipps, wie sie auch wertsteigernde Investitionen als Unterhalt deklarieren und Rechnungen für einen grösseren Unterhalt wie eine Renovation oder ein neues Dach auf zwei Jahre verteilen können. Sie dürfen vom Eigenmietwert sogar jedes Jahr pauschal 20 Prozent Unterhaltskosten abziehen, selbst wenn gar kein Unterhalt anfiel.
Bei den Steuern führt der Abzug dazu, dass für ihr gesamtes Einkommen ein tieferer Steuersatz zur Anwendung kommt.
Weil diese Abzugsmöglichkeit so attraktiv ist, unterhalten und renovieren viele Hausbesitzende ihre selbst bewohnten Immobilien mehr als nötig und teurer als nötig. Das freut das Gewerbe. Dieses bekämpft die Abschaffung des Eigenmietwerts, weil bei einer Annahme die Hauseigentümer ihre Unterhalts- und Renovationskosten nicht mehr von den Steuern abziehen können.
Ein Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts würde eine faktische Subventionierung des Gewerbes beenden.
Gegner der Vorlage scheuen nicht vor dem Argument zurück, Hauseigentümer würden Häuser Wohnungen dann verlottern lassen. Das Argument ist perfide. Denn damit schüren sie bei vielen Mieterinnen und Mietern die Angst, ihre Wohnungen würden künftig weniger gut unterhalten. Tatsächlich aber geht es nur um den Unterhalt derjenigen Häuser und Wohnungen, in denen die Eigentümer selber wohnen, sowie um überwiegend selbstgenutzte Zweitliegenschaften. Bei vermieteten Wohnungen und Häuser können die Eigentümer die Unterhaltskosten wie bisher von den Mieteinnahmen abziehen.
Heftige Befürworter des Eigenmietwerts waren immer die Banken
Nicht nur das Gewerbe wehrt sich gegen diese Gesetzesvorlage, sondern – früher offen und heute mehr im Hintergrund – auch die Banken und Versicherungen. Für sie ist das Hypothekargeschäft selbst in Krisenzeiten eine sichere Einkommensquelle. Aus diesem Grund drängen sie Hausbesitzende schon längst nicht mehr, ihre Hypotheken zurückzuzahlen. Dies taten und tun die meisten – auch sehr vermögenden – Hausbesitzenden auch nicht, weil sie die Hypozinsen ja bei den Einkommenssteuern in Abzug bringen können.
Das hat dazu geführt, dass Private in keinem anderen Land mit insgesamt 600 Milliarden Franken so hoch verschuldet sind wie in der Schweiz. Im Jahr 2023 erreichten die Schulden von Privaten 126 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts.
Sollten die Schuldzinsen zu schnell steigen, droht eine gewaltige Immobilienkrise. Davon wären auch Mieterinnen und Mieter betroffen. Ein Drittel aller Mietwohnungen in der Schweiz gehören Pensionskassen, Versicherungen und Anlagefonds.
Fazit
Bei der kommenden Abstimmung geht es um ein lukratives Hypothekargeschäft von Banken und Versicherungen, um Subventionen für das Gewerbe und um die Aussicht auf mehr Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden, sobald der Hypothekarzins auf über 2,6 Prozent steigt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor ist Hausbesitzer.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Der Autor ist Hausbesitzer»
Ich nehme an, Sie sind Hauseigentümer? Rechtlich sind Besitz u. Eigentum
nicht dasselbe, ja nicht einmal das Gleiche…..deshalb heisst der entsprechende Verband auch Hauseigentümer-Verband u. nicht Hausbesitzer-Verband.
Rechtlich wird hier zwar unterschieden, umgangssprachlich jedoch nicht. Wir sind ja nicht alle Juristen. Und versuchen Sie doch mal, «Eigentum» in ein Verb umzuformen… Mit «Besitz» geht das leichter.
Herzlichen Dank Herr Gasche. Ich bin für eine schweizerische Vermögensteuer und für eine Steuer auf Immobilien und Boden.
Die Eigenmietsteuer wird von jedem Steuertaxator anders gehandhabt und ist Himmel schreiend ungerecht.
An Herr Willy: Der Eigenmietwert ist nicht einfach eine Phantasiezahl, sondern wird vom kantonalen Schätzungsamt errechnet und erscheint dann auf die amtliche Schätzung.
Mit dem Systemwechsel wird es künftig Kantone geben, in denen es eine kantonale Liegenschaftssteuer auf Zweitliegenschaften geben wird und andere ohne diese Steuer …
Herzlichen Dank, Herr Gasche.
Endlich mal ein objektiver Artikel zum Thema. Die gesamte Diskussion nimmt ja mittlerweile groteske Formen an.
Die in vielen Kommentarspalten (nicht bei Infosperber) anzutreffende Definition des Eigenmietwerts als angebliches Naturaleinkommen ist absurd. Mit dem gleichen Argument könnte man Autos mit einem Eigenmietwert belegen. Wenn ich mir keines kaufen will, jammere ich auch nicht darüber, dass ich Mietkosten oder die notwendige Taxifahrt ins Spital oder Zugsbillette nicht von der Steuer abziehen kann. Über die Kampagne der SP ärgere ich mich schon ziemlich.
Bei Pensionierten mit kleinen Renten drängen die Banken übrigens durchaus dazu, die Hypothek zu amortisieren. Viele Rentner haben ihre Hypotheken auch zu Zeiten der hohen Zinsen abgestottert. Jetzt haben sie Mühe, die Steuern auf einem inexistenten Einkommen zu bezahlen. Zumal ihnen der (vorderhand) nicht realisierbare Wertzuwachs der eigenen Immobilie nichts nützt, sondern bloss schadet.
Der Schuldzinsabzug wird so sicher wie das Amen in der Kirche wieder durch die Hintertüre kommen, sobald die Zinsen wieder steigen werden. Der HEV will damit Wohneigentum einfacher machen. Und: bei Liegenschaften die vermietet werden, wird der Schuldzinsenabzug auch weiterhin möglich sein. Wennschon, müsste er auch dort abgeschafft werden.
Herr Marty: Der HEV kann in der Schweiz gar nichts allein entscheiden.
Die Besteuerung ist schon jetzt (leider) kantonal sehr unterschiedlich. Vermögen incl. Immobilien werden in SZ ab 125’000 besteuert, in OW schon ab 25’000. Der angebliche Eigenmietwert wird ebenfalls kantonal ganz unterschiedlich berechnet. In OW ist es ein Prozentsatz des stetig steigenden Grundstückschatzungwertes. Passend zum schweizweit asozialsten Steuergesetz auch noch degressiv. Der Eigenmietwert auf einer winzigen Wohnung liegt daher in OW prozentual um 1/3 höher als auf einer riesigen Villa.
Die SP wird wegen ihrer Kampagne viele altgediente Mitglieder und Sympathisanten verlieren. Haus-/Wohnungseigentümer sind nicht alle reich. Wer sonst nichts hat und von einer kleinen Rente leben muss, verliert mit dem bisschen Grundbesitz auch weitgehend das Recht auf Krankenkassenvergünstigung oder EL und hat grosse Mühe, die Steuern zu bezahlen.
‘Selbstbewohner’ und Vermieter sind auch steuerlich nicht vergleichbar.
«Mit dem gleichen Argument könnte man Autos mit einem Eigenmietwert belegen.»
Genau darum geht es doch. Fahrzeuge (und auch alle anderen Güter und Dienstleistungen) sind mit 8.1% Mehrwertsteuer versteuert. Andere Formen von Mehrwert sind mit Einkommens- und Gewinnsteuern versteuert.
Anders sieht das beim selbstkonsumierten Mietwert aus. Genau darum braucht es den EMW.
Nun fehlt nur noch die private Kapitalgewinnsteuer, die nach meinem Verständnis von fairness auch nötig ist.
Herr Raschle: Denken wir doch bitte etwas exakter.
Die Mehrwertsteuer auf dem Auto bezahlen Sie einmalig und nicht jährlich wiederkehrend.
Nur auf nachfolgenden Reparaturen zahlen Autobesitzer, genau wie die Hauseigentümer auch, eine MWSt.
Beim Immobilienverkauf wird eine happige Grundstückgewinnsteuer fällig, die natürlich auf den Kaufpreis geschlagen wird.
Der Wegfall des Eigenmietwertes und der Abzugsmöglichkeiten würde die Steuererklärungen und die Arbeit der Steuerämter beträchtlich vereinfachen und damit zu einem leichten Rückgang der Staatsausgaben führen. (Vielleicht käme dann auf den Steuerämtern wieder etwas mehr natürliche und weniger künstliche Intelligenz zum Einsatz…)
Ich teile Ihre Ansich überhaupt nicht. Wenn ich als Mieter mein Kapital anstatt in Wohneigentum in Wertschriften anlege, muss ich den Zins- und Dividendenertrag daraus zu 100 % als Einkommen versteuern. Wohneigentümer können stattdessen mit ihrem Kapital (gratis) in ihrer Wohnung wohnen und müssen den Mietwert ihrer Wohnung nur zu 65 Prozent versteuern. Da sie die oben erwähnten Schuldzinsen und Unterhaltskosten vom Einkommen abziehen können, entstehen für sie keine Wohnkosten. Mit ihrem Kapital erwirtschaften sie also einen realen Naturalertrag.
Oder anders gesagt: als Mieter kann ich meine Mietzinsen nicht vom steuerbaren Einkommen abziehen und muss diese mit versteuertem Geld bezahlen. Wohneigentümern entstehen keine Wohnkosten. Darum ist es auch richtig, dass sie das reale Naturalkommen des Eigenmietwerts versteuern müssen, damit für beide gleich lange Spiesse gelten.
Sie sind Präsident des Schwyzer Mieterinnen und Mieterverbands und SP-Politiker. Ihr Argument mit dem Naturalertrag zieht meines Erachtens nicht. Wenn Sie Ihr Geld statt in eine Wohnung in etwas anderes wie in ein Auto, eine Garage oder in ein Boot investieren und diese nicht vermieten, sondern selber nutzen, versteuern sie auch keinen «Naturalertrag».
Sie sind Hauseigentümer. Andreas Marty hat schon recht.
Der Finanzfluss hat für den vorhandenen Wert und damit auch für die Steuerlast keine Relevanz.
Allerhöchstens hat der Finanzfluss eine aufschiebende Wirkung so wie z.B. bei der Grundstückgewinnsteuer. Der Mietwert wird aber laufend konsumiert und damit realisiert, aufschiebend ist das damit nicht.
Es gibt neben dem EMW genügend Steuerbeispiele, die ohne Finanzfluss eine Steuerlast erzeugen oder auch erlassen. z.B. Privatanteil Firmenwagen, das genauso als eingeschätzte Naturalertrag versteuert werden muss.
Ein Firmenwagen zum teilweisen Privatgebrauch ist ein Lohnbestandteil, Herr Raschle. Den erhält man vom (so genannten…) Arbeitgeber gestellt. Genau wie eine Dienstwohnung. Eine Dividende auf Aktien wird von der jeweiligen Firma ausbezahlt, ist für den Aktienbesitzer also ein Einkommen. (Sparzinsen werden teilweise bei der Steuer abgezogen, und Kursgewinne auf Aktien müssen von Privaten nicht als Einkommen versteuert werden, aber das nur nebenbei.)
Wenn man hingegen selber eine Wohnung aus dem eigenen (als Einkommen und Vermögen bereits versteuerten) Geld kauft, dann generiert das kein Einkommen, wenn man nicht vermietet, sondern selbst darin wohnt. Auch kein angebliches Naturaleinkommen. Denn ein Einkommen gibt man sich nicht selber. Real natural kommt da gar nichts, Herr Marty, und das Wohnen in der Eigentumswohnung oder im eigenen Haus ist keineswegs gratis. (Im Übrigen will ich keine Mieter bekämpfen, schon gar nicht mit Spiessen…)
Ihr Argument, Herr Gasche, zieht überhaupt nicht. Der Naturalertrag ist zweifelsohne da, und er ist auch bei einem Auto, Boot etc. da. Nur weil er bei beweglichen Sachen nicht versteuert wird, resultiert daraus nicht dass es ihn nicht gibt. Einen simplen Vergleich wie Sie ihn anstellen entspricht keiner vernünftigen Argumentationslinie. Immobilien sind per Definition nicht beweglich, gut dokumentiert und einfach zu managen + ist es meistens der grösste Wert den eine NP hat. Sie schreiben seit Jahren über wachsende Wohlstandsschere – hier wollen Sie sie weiter öffnen. Dass der Leitzins bald steigend wird ist genauso falsch. Stand jetzt ist es ein Verlust an Steuereinnahmen, das ist gesichert.
Den Leitzins in den kommenden Jahren kann niemand sicher voraussagen. Deshalb geht es hier nicht um richtig oder falsch. Ich habe nur Argumente aufgezählt, die es wahrscheinlich machen, dass wir wieder wie in den vielen Jahren vor 2023 höhere Zinsen haben werden. Dann kommt es dank der Gesetzesvorlage zu einer von vielen gewünschten Umverteilung von oben nach unten.
Staatsschulden, Inflation & Leitzins korrelieren in keiner Weise zueinander.
Eine Aussage die Sie nicht mit Zahlen stützen können ist kein Argument.
Nochmal: Stand jetzt werden mit der Abschaffung des EMW die Steuereinnahmem sinken & dabei die wohlhabende Bevölkerung entlastet – Sie sind somit für eine weiter Spreizung der Wohlstandsschere – möglicherweise auf Jahrzehnte, da Sie selbst sagen dass die Zukunft nicht vorhersehbar ist
Herr Weber: Naturalertrag – lustige Sache und offen für jede Art von Willkür. Wo denn sonst noch so? Apfelbäume, Pferde, Kunstsammlung, Kaffeemaschine, Backofen? Und nur weil das eine (Grundeigentum, Wohnung) nicht beweglich und gut dokumentiert ist, wird dort besteuert, anderswo jedoch nicht? Auch nicht bei einer kostspieligen Oldtimer-Sammlung, die den Wert (m)eines sehr alten Hausteils bei weitem übersteigt?
Es gibt einige Gründe, warum bei einer Immobilie ein Eigenmietwert besteuert wird, bei anderen Dingen hingegen nicht:
– Wohnen ist ein Grundbedürfnis
– Otto-Normalverbraucher hat nicht die Wahl, ob er eine Wohnung kaufen oder mieten will. Kaufen ist für ihn unmöglich.
– Es geht hier um viel grössere Summen als bei sonstigen Gebrauchsgegenständen
Ausserdem wurden die Vorschläge zur Abschaffung des Eigenmietwerts bis jetzt immer so ausgestaltet, dass die in der Regel sehr Vermögenden Immobilienbesitzer entlastet und der Öffentlichkeit Einnahmen entgehen würden (HEV lässt grüssen). Das scheint mir im Moment nicht angezeigt…
Herr Gasche, Ich schätze ansonsten Ihre Kommentare und Berichte sehr. Aber beim Eigenmietwert teile ich Ihre Ansicht nicht. Sie schreiben, dass man für die Benutzung des eigenen Autos, der Garage oder des Bootes auch keinen Naturalertrag versteuern muss. Ja, richtig! Aber das wird bei Mietern und Wohneigentümern gleich gehandhabt. Bei den Wohnkosten sieht es anders aus: als Mieter kann ich meine Mietzinsen nicht vom steuerbaren Einkommen abziehen und muss diese mit versteuertem Geld bezahlen. Den Wohneigentümern hingegen entstehen nur geringe Wohnkosten, weil sie alle ihre Schuldzinsen und Unterhaltskosten vom steuerbaren Einkommen abziehen können. Darum ist es auch richtig, dass sie den Eigenmietwerts versteuern müssen, der im Übrigen höchstens 65 % der Markmiete beträgt. Dies schafft gleich lange Spiesse für Mieter und Eigentümer. Erst dadurch gibt es eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Die Vergleiche mit Auto und Boot wurden doch schon lange widerlegt, es gibt dort faktisch kein Pendant zum Wohnungsmieter und damit keine Frage der Steuergerechtigkeit. Zudem sind die Beträge ein bis zwei Grössenordnungen geringer und damit vergleichsweise unerheblich.
Staatsverschuldung sorgt zudem nicht für Inflation, das haben wir die letzten 15 Jahre ja gesehen. Die Inflation kommt durch Rohstoff- und Energiepreise usw. zustande.
Um gleich lange Spiesse zu bekommen, würde es auch reichen, dass Mieter ihre Mietzinsen ebenfalls zu 65% als Abzüge geltend machen könnten. Aber soviel Gerechtigkeit wäre schon sozial…
Dass Staatsschulden eine Inflation antreiben wird im Artikel unbegründet als Fakt dargestellt, ist jedoch unbelegbar und basiert auf einer falschen Theorie. Eine Inflation mit Zinserhöhung zu drücken ist auch nicht möglich, in den EU Staaten seit Corona klar ersichtlich – sehr versch. Inflationen je Land bei gleichem Leitzins der EZB. Inflation ist immer Lohngetrieben – in den letzten 100 J. In allen Ländern in der Statistik ablesbar.
Einer Steuersenkung auf Basis falschen Wissens über Zinsen zuzustimmen, ist unverantwortlich. Die aktuellen Steuerabzüge der Hauseigentümer kann man kritisieren, mit der Abschaffung der EMW zu verknüpfen jedoch der falsche weg, 1 Schritt vorwärts – 2 zurück. Ob der EMW eine «logische» Steuer ist, ist auch irrelevant. Steuern erhebt der Staat nicht aus Logik, sondern weil er Einnahmen braucht & dazu gem. BV nach der wirtschaftl. Leistungsfähigkeit besteuern muss. Vorlage völlig unausgewogen.
Danke Herr Gasche,
Man liest nur von den zu erwartenden Steuerausfällen der Kantone beim Verzicht des Eigenmietwertes. Sind die Steuerausfälle mit den heutigen Abzugsmöglichkeiten für Unterhalt und Erneuerungen auch ausgewiesen worden?
Andreas Marty: Sie verwechseln da etwas: den Dividendenertrag haben sie auf ihrem Bankkonto und können damit etwas machen/kaufen. Den Eigenmietwert müssen Sie als Einkommen versteuern, obwohl Sie diesen Betrag (z.B. 22’000 Franken) gar nie sehen oder bekommen. Das ist die Ungerechtigkeit, die weg muss.
Ich finde schon, dass Sie diesen Betrag sehen. Ende des Jahres liegt dieser Betrag auf Ihrem Konto. Was Sie nicht ausgeben bleibt auf dem Konto. Dieser geldwerte Vorteil kann (und muss für die Steuergleichheit aller Bürger) versteuert werden.
Investionen ins Wohnen mit solchen in Autos zu vergleichen geht gar nicht. Wohnen ist ein Grundbedürfnis für alle Menschen, und das Auto? Das Problem des Eigenmietwertes ist ein Nebenschauplatz. Keine politische Partei geht leider das Hauptproblem an, die Entwicklung der Bodenpreise. Die Landwirtschaft, das Gewerbe, die Industrie…alle Menschen brauchen Boden, um zu produzieren und in Häusern und Wohnungen zu leben. Es sollte dringend verhindert werden, dass beim Verkauf von Boden unkontrolliert der «freie Markt» entscheidet. Bei Quadratmeterpreisen von über 10’000 Franken sind die Erstellungskosten für ein Gebäude günstiger als der Bodenpreis. Das ist doch unhaltbar! Boden darf keine Vermögensanlage sein. Boden sollte nur im Baurecht zu fixen Preisen abgegeben werden dürfen. Nach Ablauf der Baurechtsfrist könnte das Baurecht verlängert oder die Heimfallentschädigung mit einer vertretbaren Rendite auf dem erstellten Gebäude geregelt werden.
1. Georgismus (Ressourcenverbrauchs- bzw. Landwertsteuer) wäre tatsächlich eine mit Abstand bessere Lösung als unser heutiges System, das den daraus generierten Mehrwert besteuert.
2. Ich würde sagen der Vergleich mit dem Auto ist sogar ein Argument pro EMW bzw. gegen die Objektsteuer: Alle Güter & Dienstleistungen inkl. Fahrzeuge werden mit der Mehrwertsteuer pauschal besteuert. Das ist genau dasselbe Prinzip wie der EMW, einfach ohne die Progression.
Bei der Lektüre des Artikels habe ich mich gewundert, dass die wegfallenden Abzüge für energetische Sanierungen und erneuerbare Energien nicht thematisiert werden. Es ist ein grosser Mangel des Pakets, dass kein Ersatz für diesen wichtigen Anreiz geschaffen werden soll. Wenn nun auch noch das Gebäudeprogramm um 400 Mio. Fr gekürzt werden soll, werden die CO2-Emissionen noch langsamer zurückgehen. Das können wir uns nicht leisten, weshalb ich nein gestimmt habe.
«Der Autor ist Hausbesitzer.» Das habe ich seit Jahren vermutet, denn der Infosperber war immer auffällig still beim Thema Eigenmietwert. Fakt ist: Experten gehen von einem Steuerverlust von einer halben Milliarde pro Jahr aus, wenn der Eigenmietwert entfällt. Der 10-Jahres-Hypozins sank von 2010 bis 2022 von 3% auf 1% und liegt aktuell wieder unter 2%. Von den enormen Wertsteigerungen bei Immobilien ganz zu schweigen. Der Eigenmietwert ist ökonomisch gerechtfertigt, eher müsste man die erlaubten Abzüge und «Optimierungen» unter die Lupe nehmen.