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Renovationen ihres selbst bewohnten Hauses, die den Wert ihrer selbst bewohnten Liegenschaft nicht steigern, können Hausbesitzende heute bei den Einkommenssteuern vollständig abziehen und so erheblich Steuern sparen. © khorzhevska/Depositphotos

Ein stossendes Steuerprivileg für Hausbesitzer gehört weg

Urs P. Gasche /  Es geht nicht nur um die «Abschaffung des Eigenmietwerts». Denn gleichzeitig ist Schluss mit happigen Steuerabzügen für Eigentümer.

Auf Anhieb ist nicht einzusehen, warum Mieterinnen und Mieter oder sozial Eingestellte damit einverstanden sein sollen, dass Hausbesitzende den Eigenmietwert ihrer selbst bewohnten Liegenschaften künftig nicht mehr versteuern sollen. 

Aber eben nur auf Anhieb. Für Verwirrung sorgt, dass bei der Gesetzesvorlage, die aus zwei Teilen besteht, meistens nur der erste Teil in den Schlagzeilen ist: «die Abschaffung des Eigenmietwertes». Das bringt Hauseigentümern einen Vorteil. Doch um diesen zu kompensieren sieht das Gesetz vor, dass Hausbesitzer, die in ihrem eigenen Haus wohnen, im Gegenzug zwei happige Posten bei ihren Steuern nicht mehr in Abzug bringen können: 

  1. ihre Zinszahlungen auf Hypotheken 
  2. ihre Ausgaben für den Unterhalt der Liegenschaften. 


Ein Fall für die Pisa-Lesekompetenz

Die Abschaffung des Eigenmietwerts stand seit Jahrzehnten immer wieder einmal auf der Traktandenliste des Parlaments. Die Hauseigentümer wollten lange «den Fünfer und das Weggli»: den Eigenmietwert nicht mehr versteuern müssen, jedoch den Unterhalt ihrer selbst bewohnten Immobilien und wenn möglich auch noch die Hypothekarzinsen weiterhin in Abzug bringen können.

Erst die jetzt vom Parlament beschlossene Lösung gilt als ausgewogen und fand deshalb eine grosse Parlamentsmehrheit. Allerdings ist der zustandegekommene Kompromiss eine Gesetzesvorlage, die schwer verständlich formuliert ist. Bei einem Pisa-Test der Lesekompetenz würden wohl die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger durchfallen.


Hypothekarzinsen

Im Moment sind die Hypothekarzinsen tief, weshalb Hauseigentümer keine grossen Summen von ihren Einkommenssteuern abziehen können. Sobald aber der Hypothekarzins auf über 2,6 Prozent steigt und Hausbesitzende die dann hohen Zinszahlungen nicht mehr vom versteuerbaren Einkommen abziehen können, gibt es für Bund, Kantone und Gemeinden statt Steuerausfälle Steuergewinne.

Deshalb ist die Frage entscheidend, ob der Hypothekarzins wieder steigt. In all den Jahren von 1990 bis Mitte 2023 schwankte er zwischen 3 und 7 Prozent. Die Behauptung der Gegner der Abschaffung des Eigenmietwerts, die Zinsen würden jetzt «nie mehr auf 3 Prozent steigen» und es bleibe deshalb bei hohen Steuerausfällen, ist mehr als gewagt. 

In Gegenteil: Das Risiko einer hohen Inflation ist in absehbarer Zeit gross. Denn angesichts der riesigen und zunehmenden Verschuldung der meisten Staaten gibt es nur drei Wege, eine grosse Finanzkrise zu verhindern: 

  1. Schulden abbauen. 
  2. Auf den Schulden einen grossen Abschreiber machen
  3. Eine hohe Inflation. 

Politisch realistisch ist wohl nur die dritte Variante: eine hohe Inflation. 
Auch wenn das Zinsniveau in der Schweiz tiefer bleiben wird als in den USA und in der EU, ist die Wahrscheinlichkeit hoher Zinsen in der Schweiz in den nächsten Jahren gross.

Das wird alle Hausbesitzenden treffen, wenn sie die Zinsen auf ihren Hypotheken von ihrem steuerbaren Einkommen nicht mehr abziehen dürfen.

Als Ausnahme sieht das Gesetz einen zeitlich und in der Höhe beschränkten Abzug der Hypothekenzinsen für Steuerpflichtige vor, die in der Schweiz zum ersten Mal ein Haus kaufen, das sie selber bewohnen.

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Unterhalt bei den Steuern nicht mehr abziehbar

Heute sparen Hausbesitzer viel Steuern, weil sie den Unterhalt für ihrer selbst bewohnten Liegenschaft bei der Einkommenssteuer in Abzug bringen können. Steuerberater versorgen sie mit vielen Tipps, wie sie auch wertsteigernde Investitionen als Unterhalt deklarieren und Rechnungen für einen grösseren Unterhalt wie eine Renovation oder ein neues Dach auf zwei Jahre verteilen können. Der Abzug bei den Steuern führt dazu, dass für ihr gesamtes Einkommen ein tieferer Steuersatz zur Anwendung kommt.

Weil diese Abzugsmöglichkeit so attraktiv ist, unterhalten und renovieren viele Hausbesitzende ihre selbst bewohnten Immobilien mehr als nötig und teurer als nötig. Das freut das Gewerbe. Dieses bekämpft die Abschaffung des Eigenmietwerts, weil bei einer Annahme die Hauseigentümer ihre Unterhalts- und Renovationskosten nicht mehr von den Steuern abziehen können.

Ein Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts würde eine faktische Subventionierung des Gewerbes beenden.

Gegner der Vorlage scheuen nicht vor dem Argument zurück, Hauseigentümer würden Häuser Wohnungen dann verlottern lassen. Das Argument ist perfide. Denn damit schüren sie bei vielen Mieterinnen und Mietern die Angst, ihre Wohnungen würden künftig weniger gut unterhalten. Tatsächlich aber geht es nur um den Unterhalt derjenigen Häuser und Wohnungen, in denen die Eigentümer selber wohnen, sowie um überwiegend selbstgenutzte Zweitliegenschaften. Bei vermieteten Wohnungen und Häuser können die Eigentümer die Unterhaltskosten wie bisher von den Mieteinnahmen abziehen.


Heftige Befürworter des Eigenmietwerts waren immer die Banken

Nicht nur das Gewerbe wehrt sich gegen diese Gesetzesvorlage, sondern – früher offen und heute mehr im Hintergrund – auch die Banken und Versicherungen. Für sie ist das Hypothekargeschäft selbst in Krisenzeiten eine sichere Einkommensquelle. Aus diesem Grund drängen sie Hausbesitzende schon längst nicht mehr, ihre Hypotheken zurückzuzahlen. Dies taten und tun die meisten – auch sehr vermögenden – Hausbesitzenden auch nicht, weil sie die Hypozinsen ja bei den Einkommenssteuern in Abzug bringen können. 

Das hat dazu geführt, dass Private in keinem anderen Land mit insgesamt 600 Milliarden Franken so hoch verschuldet sind wie in der Schweiz. Im Jahr 2023 erreichten die Schulden von Privaten 126 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts.

Sollten die Schuldzinsen zu schnell steigen, droht eine gewaltige Immobilienkrise. Davon wären auch Mieterinnen und Mieter betroffen. Ein Drittel aller Mietwohnungen in der Schweiz gehören Pensionskassen, Versicherungen und Anlagefonds.


Fazit

Bei der kommenden Abstimmung geht es um ein lukratives Hypothekargeschäft von Banken und Versicherungen, um Subventionen für das Gewerbe und um die Aussicht auf mehr Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden, sobald der Hypothekarzins auf über 2,6 Prozent steigt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor ist Hausbesitzer.
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