Kommentar
Abstimmung: Der Vorteil für Hausbesitzer ist nur temporär
Wer im eigenen Haus oder in der eigenen Eigentumswohnung lebt, muss künftig keinen behördlich festgesetzten, fiktiven Eigenmietwert mehr auf sein Einkommen schlagen und versteuern. Das freut Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer. Und es führt zu Steuerausfällen.
Allerdings dürfen diese Eigentümer im Gegenzug die bezahlten Hypothekarzinsen sowie den Unterhalt ihrer selbst bewohnten Häuser oder Eigentumswohnungen – bisher jedes Jahr auch pauschal – künftig nicht mehr von ihrem Einkommen abziehen. Das führt zu mehr Steuereinnahmen. Ein krasses Beispiel für die bisherigen Steuerausfälle hatte der damalige Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand geliefert.
Es stellte sich die Frage, ob der Wegfall des Eigenmietwerts (weniger Steuereinnahmen) oder der Wegfall der Abzüge (mehr Steuereinnahmen) mehr ins Gewicht fällt.
Vor der Abstimmung war von einem Milliardenausfall die Rede – allerdings nur, falls die Hypothekarzinsen tief bleiben. Steigt jedoch der Hypothekarzins in Zukunft wieder – wie während vieler Jahre – auf über 2,6 Prozent, können die Hausbesitzenden die entsprechend hohen Zinsen nicht mehr vom Einkommen abziehen. Dann macht der Fiskus dank des neuen Gesetzes ein Geschäft. Und dann haben die Eigenheim-Bewohnenden eine Zwei auf dem Rücken.
Heute spielt der Hypothekarzins für die Steuereinnahmen eine grosse Rolle. Bei einer Hypothek von beispielsweise 1 Million und einem Hypozins von 1,5 Prozent konnte der Hausbesitzer bisher 15’000 Franken von seinem Einkommen abziehen. Steigt der Hypozins auf 3,5 Prozent, durfte er bisher 35’000 Franken von seinem Einkommen abziehen. Bei einem Zins von 7 Prozent waren es sogar 70’000 Franken.
Je höher der Hypothekarzins, desto weniger Steuern mussten Hausbesitzende bisher zahlen. In all den Jahren von 1990 bis 2023 schwankte der variable Hypothekarzins zwischen 3 und 7 Prozent. Weil die Staatsschulden überall nach oben zeigen, ist das Risiko höherer Zinsen in absehbarer Zukunft real.
Wegen der Abzüge der lange hohen Hypozinsen sowie der zusätzlichen Abzüge des Unterhalts, die vom Hypothekarzins unabhängig sind, konnten die Eigentümer während vieler Jahre – trotz des Eigenmietwerts – erhebliche Steuern sparen (tieferer Steuersatz für ihr gesamtes Einkommen sowie weniger versteuerbares Einkommen).
Damit ist jetzt Schluss. Die Bürokratie des Eigenmietwerts und der Abzüge wird abgeschafft.
Allenfalls beschliessen einige Kantone, dass Energiesanierungen bei den Kantonssteuern weiterhin abzugfähig bleiben. Und den Bergkantonen bleibt es erlaubt, bei selbst genutzten Chalets oder Zweitwohnungen weiterhin einen Eigenmietwert festzusetzen.
Abbau des rekordverdächtigen privaten Schuldenbergs
Nicht nur das Gewerbe wehrte sich gegen die Gesetzesvorlage, sondern etwas mehr im Hintergrund auch die Banken und Versicherungen. Für sie ist das Hypothekargeschäft selbst in Krisenzeiten eine sichere Einkommensquelle. Aus diesem Grund drängten sie Hausbesitzende schon längst nicht mehr, ihre Hypotheken zurückzuzahlen. Dies taten selbst sehr vermögende Hausbesitzende nicht, weil sie die Hypozinsen bei den Einkommenssteuern in Abzug bringen konnten.
Das hat dazu geführt, dass Private in keinem anderen Land mit insgesamt 600 Milliarden Franken so hoch verschuldet sind wie in der Schweiz. Im Jahr 2023 erreichten die Schulden von Privaten 126 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts. Das birgt Risiken: Sollten die Schuldzinsen zu schnell steigen, droht eine gewaltige Immobilienkrise. Davon wären auch Mieterinnen und Mieter betroffen.
Bei der Abstimmung von gestern ging es deshalb nicht zuletzt um eine Reduzierung der gewaltigen privaten Verschuldung sowie um das lukrative Hypothekargeschäft von Banken und Versicherungen.
Und es ging um die Aussicht auf mehr Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Das wird der Fall sein, sobald der Hypothekarzins auf über 2,6 Prozent steigt. Denn die entsprechend hohen Zinsen können Eigentümer nicht mehr von ihrem Einkommen abziehen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor ist Hausbesitzer.
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