Sperberauge
«Persönliches Ansichtsexemplar. Nicht an Dritte weitergeben!»
«Die Auto-Importeure kaufen sich eine HSG-Professur.» Unter diesem Titel hat Infosperber Anfang März darüber berichtet, dass der Verband der Auto-Importeure, Auto-Schweiz, während acht Jahren einen Lehrstuhl an der Hochschule St. Gallen (HSG) finanziert. Kostenpunkt: 2,68 Millionen Franken. Der Lehrstuhl heisst ganz offiziell: «Auto-Schweiz-Lehrstuhl für Mobilität.»
Nun ist es mit derartigen Sponsorings so eine Sache. Der Sponsor möchte ja einen Gegenwert für sein Geld. Und diesen bekommen er häufig auch. Ein Beispiel: Der inzwischen pensionierte Lausanner Professor Matthias Finger etwa bestärkte die Post seinerzeit in ihren Abbauplänen. Er bezeichnete die Schliessung von Poststellen als «überfällig». Gesponsert wurde er – ja, genau! – von der Post.
Weil die Frage, ob sich die Auto-Importeure eine Einflussnahme vertraglich haben zusichern lassen, durchaus interessant ist, bat Infosperber die HSG um Einsichtnahme in den Vertrag. Und zwar basierend auf dem Öffentlichkeitsgesetz des Kantons St. Gallen. Dieses legt fest: «Jede Person hat, ohne dass sie ein besonderes Interesse geltend machen muss, nach Massgabe dieses Erlasses ein Recht auf Information über die Tätigkeit des öffentlichen Organs und Zugang zu amtlichen Dokumenten.»
Die HSG reagierte rasch. Sie brauchte nur drei Tage, um das Gesuch zu bearbeiten und den Vertrag auszuhändigen. Er war ungeschwärzt. Aber jede einzelne Seite trug einen ungewöhnlichen Vermerk: «Persönliches Ansichtsexemplar gem. Art. 11 OeffG Kanton St. Gallen für Herrn Marco Diener, infosperber.ch. Nicht an Dritte weitergeben.»

Das ist natürlich überhaupt nicht im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes. Deshalb beschwerte sich Infosperber bei der Staatskanzlei des Kantons St. Gallen. Diese nahm Rücksprache mit dem Generalsekretariat der HSG. Und siehe da – die Staatskanzlei beschied: «Das Generalsekretariat hat uns bestätigt, dass Sie die im Dokument erhaltenen Informationen ohne Einschränkung für ihre journalistische Arbeit verwenden können.»
Infosperber wollte von der Universität St. Gallen wissen:
- Warum hat die Universität St. Gallen diesen Vermerk aufgedruckt?
- Wie war er zu verstehen?
- Bedruckt die Universität St. Gallen Dokumente, die sie im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes herausgibt, immer mit einem solchen Vermerk?
Infosperber bekam nur eine summarische Antwort: «Die Markierung der Dokumente im Sinne eines individualisierten Wasserzeichens hilft uns, die Verwendung der Dokumente auch gegenüber den Vertragspartnern transparent zu halten.» Und weiter: Das Wasserzeichen sei «im Sinne von Transparenz und Vertrauen ganz pragmatisch als Bitte zu verstehen, da uns der persönliche Austausch im jeweiligen Einzelfall wichtig ist».
Im Vertrag zwischen der HSG und den Auto-Importeuren steht übrigens wenig Aufschlussreiches.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Das heisst, Auto-Importeure haben sich die Einflussnahme NICHT schriftlich zusichern lassen. Das wäre auch überraschend gewesen denn schliesslich wissen die „legal advisors“ dort ja auch um das OeffG Bescheid. Mal davon abgesehen dürften solche Einflussnahmen hauptsächlich „gentlemans agreements“ sein oder nicht?
Schlussendlich ist der Kern der Sache: Jede Forschung will finanziert sein. Wer zahlt befiehlt. Damit ist Forschung in jedem Fall korrumpiert und nicht mehr neutral. Dagegen gibt es nur zwei Möglichkeiten: Der Bezahler finanziert Forschung einfach über einen grossen Topf aus dem jeder Forscher nehmen kann. Das ist ineffizient und führt zu Forschung an ganz vielen nutzlosen Dingen. Kann aus Sicht der Forschung aber interessant sein. Viele Entdeckungen und Erfindungen wurden wohl nur gemacht, weil vorher an ganz vielen nutzlosen Dingen rumgepröbelt wurde.
Die zweite Möglichkeit: Keine Finanzierung aus Privatwirtschaft mit höchst integren Staatsmännern die darüber entscheiden.
«Wir arbeiten professionell», «Wir handeln transparent. Das sind zwei der Prinzipien, zu denen sich die Uni St. Gallen verpflichtet hat. In einem simplen Zugangsgesuch nach Öffentlichkeitsgesetz bringt es die UNISG fertig, gleich dreifach gegen ihre eigenen Prinzipien zu handeln:
– Im Öffentlichkeitsrecht gilt der Grundsatz «access to one, access to all», wonach der einmal gewährte Zugang auch bei jedem weiteren Zugangsgesuch mindestens im gleichen Umfang gewährt werden muss. Das bedeutet: Jemand, der ein amtliches Dokument nach Öffentlichkeitsprinzip erhält, ist frei, dies weiteren Personen zu geben oder es allenfalls auch zu veröffentlichen.
– Mit Verweis auf § 11 des SG-Öffentlichkeitsgesetzes begeht man eine wohl bewusste Irreführung, denn in § 11 wird nicht geregelt, was die UNISG suggeriert.
– Wenn man dem Gesuchsteller innerhalb dreier Tage Antwort gibt, hat man wohl auch das im Gesetz verankerte rechtliche Gehör betroffener Dritter (§ 14), hier von Auto Schweiz, verletzt.