Kommentar

Neues von Machthabern und Mördern

Niklaus Ramseyer ©

Niklaus Ramseyer /  Machthaber Biden bezeichnet Machthaber Putin als «Mörder». Ein solcher ist auf alle Fälle Saudi-Arabiens Machthaber bin Salman.

Und plötzlich hackt halt doch eine Krähe der andern ein Auge aus. Ja, sagte der neue demokratische US-Präsident Jo Biden am 17. März 2021 im Fernsehen ABC-News auf entsprechende Nachfrage: Der russische Präsident Vladimir Putin sei ein Killer, ein Mörder also – ein «seelenloser» zudem. 

Will Biden den Polterer Trump überbieten?

Derlei undiplomatische Kraftmeierei hat man sogar von Bidens Vorgänger im Weissen Haus, dem verbalen Rüppel Trump, eher selten gehört. Der Ausfall erstaunt umso mehr, als Biden den Vorwurf in Zusammenhang mit einem Geheimdienstbericht über russische Einmischungen in die US-Wahlen via Internet machte. Kann sein, dass da was war, und Putin sogar davon gewusst hat. Das aber macht ihn kaum zum «Mörder». 

Die Affäre Alexei A. Nawalny hätte den Vorwurf jedenfalls eher noch gerechtfertigt: Der russische Oppositionelle und Putin-Kritiker war in Russland Opfer eines Giftanschlages geworden. Inzwischen hat er sich davon erholt – sitzt aber in Russland im Gefängnis. Amerikanische Geheimagenten lasten den Mordversuch ihren russischen Gegen-Kollegen an. Und betonen: Für diese sei ja Putin verantwortlich. Handfeste Beweise gibt es aber nicht. 

Biden liefert dem Mörder weiter Waffen – zu dessen «Verteidigung»

Jedenfalls nicht derart klare Beweise, dass ein öffentlicher Mordvorwurf nicht sogar als Verleumdung juristisch belangt werden könnte. Klare Beweise gibt es hingegen in einem anderen, einem vollendeten Mord: Dass Saudische Agenten den Saudischen Journalisten Amal Khashoggi in einem Konsulat in der Türkei grausam ermordet, zerstückelt und «entsorgt» haben, steht inzwischen fest. Fest steht auch, dass der Saudische Kronprinz und starke Mann in der Öl-Monarchie, Mohammed bin Salman, den Mord veranlasst hatte: Ein UNO-Bericht kam früher schon zu diesem Schluss – jetzt haben Bidens eigene US-Geheimdienste den grässlichen Befund in einem Bericht bestätigt. Für den Vorwurf, bin Salman sei ein Mörder, könnte der Wahrheitsbeweis nach einer Verleumdungsklage somit wohl erbracht werden. 

Doch gegenüber dem mörderischen Saudi-Machthaber nimmt Biden das K-Wort nicht in den Mund. Er will bin Salman nicht einmal sanktionieren. Mehr noch: Biden liefert diesem Mörder weiterhin Waffen. «Nur zur Verteidigung» (Defence), versichert der neue US-Präsident. Das ist lachhaft: Ein Gewaltherrscher, der Journalisten in Konsulaten kaltblütig ermorden lässt, wird sogar seinen permanenten Völkermord (mit Hilfe amerikanischer Kriegstechnologie) in Jemen problemlos als «Defence» darstellen können. 

Doch die plötzliche Leisetreterei Bidens gegenüber einem Mann, den er im Wahlkampf noch als «Paria» beschimpft hatte, kommt in Washington gar nicht gut an: Der Herausgeber der «Washington Post», Fred Ryan, für den der ermordete Journalist gearbeitet hatte, wirft dem US-Präsidenten vor, er gebe dem brutalen Machthaber bin Salman einen «Freipass für Mord» – a «one free murder’ pass» (WP, Ausgabe vom 1.3.2021).

Ist Biden mit seinen Drohnen selber ein Killer?

Bidens Mord-Vorwurf an Putin bei gleichzeitiger Weiteraufrüstung bin Salmans tönt so eher verlogen. Mehr noch: Auch unter Bidens Verantwortung gehen die ferngesteuerten weltweiten Angriffe und Anschläge der US-Geheimdienste und Militärs mit «Killer-Drohnen» weiter – auch auf Unbewaffnete und Zivilpersonen. Washington nennt dies beschönigend «gezielte Tötungen». Doch faktisch sind es aussergerichtliche Hinrichtungen – auf Verdacht hin, ohne Befragung, ohne Prozess und ohne Verurteilung. 

Dass er mit seinen Killer-Drohnen doch selber ein Killer sei, wird Präsident Biden weit von sich weisen. In Deutschland jedoch laufen jetzt Prozesse von jemenitischen Opfern solcher Gewalttaten gegen jene politisch Verantwortlichen, welche US-Truppen von deren Basis Ramstein in Deutschland aus diese Taten begehen lassen. Kritiker nennen die ferngesteuerten Tötungen auch «Auftragsmorde» oder «staatlich organisierte Lynch-Justiz». Fazit: Wenn im Kreise gewaltbereiter Machthaber die eine Krähe plötzlich die Nerven verliert und der anderen ein Auge aushackt, gilt es genauer hinzusehen. Denn auch da gilt meist die alte schwedische Weisheit: Die schärfsten Kritiker der Elche sind doch heimlich selber welche.


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Eine Meinung zu

  • am 27.03.2021 um 14:35 Uhr
    Permalink

    Wenn ein US Präsident einen anderen Präsidenten eines anderen Landes als Mörder bezeichnet, ist das schon fast wieder witzig. Die Liste der von den USA begangenen Morden (ob nun an Präsidenten aus Mittel- und Südamerika oder im Asiatischen Raum) oder mithilfe von Exilkubanern o.a. im Exil lebenden Ausländern, ist sehr, sehr lang.
    Das man in der Schweiz Nawalny als Oppositionellen bezeichnet, irritiert mich allerdings schon; Nawalny ist ein Rassist allererster Güte, was man mit ein wenig Recherche herausfinden kann. Dass das Märchen von der Vergiftung dann auch übernommen wird, läßt mich jedoch stutzen, denn das mutmaßliche Gift «Nowitschock», dem er ausgesetzt worden sein soll, hätte ihn längst getötet. Das läßt sich auch mit wenigen Klicks im Internet finden: Bereits die Meldungen zum Aufenthalt im Straflager, wo es angeblich so ruhig wäre, wurde in Deutschland bereits nach nur einem Tag widerrufen. Selbst der einfältigste hat gemerkt, das es Unsinn ist.
    Die Verfahren gegen die Verantwortlichen der Drohneneinsätze sind in Deutschland auch nur eine Farce, denn die Basis Rammstein ist und bleibt US Hohheitsgebiet, womit man in Deutschland keinerlei Grundlage für ein Verfahren hat. Richtig wäre ein Strafverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, doch würden sich die USA nicht weiter davon beeindrucken lassen.
    Wir in Deutschland müßten die Amerikaner rauswerfen, aber das traut sich ja niemand, weil kein Rückgrat vorhanden ist!

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