Sperberauge

Höchste Zeit, sich gegen die Datenkraken zu wehren

Christof Leisinger © zvg

Christof Leisinger /  Wer wissen will, wer wann mit wem schläft, braucht nur die Daten der Smartphones auszuwerten. Die «attention rebellion» wehrt sich.

Daten gelten gemeinhin als «Rohstoff der Zukunft». Doch Firmen wie etwa Facebook, Google und vor allem auch viele App-Anbieter sammeln solche ohne Wissen der Nutzer und gehen mit ihnen oft so lax um, dass zum Beispiel in den USA selbst die sensibelsten Informationen frei am Markt gekauft werden können. Geheimdienste, Behörden und allerlei umtriebige Organisationen umgehen auf diese Weise gut gemeinte gesetzliche Restriktionen, die die Privatsphäre der Bürger schützen sollten.

Besser das Smartphone nicht mit ins Schlafzimmer nehmen

Dabei geht es nicht nur um die undifferenzierte Verbreitung von Fake-News, sondern auch um die Erhebung, die Analyse und Verwertung persönlicher und zum Teil höchst delikater Daten. Solche mögen zwar ihren Wert haben, der sich beispielsweise indirekt zur Refinanzierung «günstiger» Dienste wie etwa Mail- oder Suchmaschinenapplikationen nutzen lässt. Aber wer sich konkret vorstellt, wie sich durch die gezielte und geschickte Kombination entscheidender Datenpunkte selbst intimste Begegnungen nachvollziehen lassen, dem wird es unheimlich werden.

Gewiefte Analyseunternehmen können nach Auswertung verschiedenster Datenbanken zum Beispiel nicht nur auffällige Transaktionen im internationalen Zahlungsverkehr ausmachen, sondern im Extremfall durch Sichtung der Lokalisierungsinformation und Verknüpfung mit weiteren Merkmalen sogar herausfinden, wer wann mit wem schläft. Wer sich also vor Übergriffen schützen und sein Intimleben diskret gestalten möchte, sollte sein Smartphone besser nicht mit ins Schlafzimmer nehmen.

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Smartphone-Besitzer glauben, ihr Gerät zu viel zu benutzen

Selbst dort werden die Leute heute ständig mit unwesentlichen «News» mit «klickträchtigen Überschriften» überschwemmt, dass sie das Surfen nicht mehr lassen können und dabei entsprechende Spuren hinterlassen. Und das, obwohl sie oft gar nicht mehr richtig beurteilen können, ob gerade ein Sack Reis in China umgefallen ist oder ob der Weltuntergang unmittelbar bevorsteht. Die Aufmerksamkeitsspannen sind so tief gesunken, dass viele nicht genug Geduld aufbringen, um ein gutes Buch zu lesen. Knapp die Hälfte aller britischen Teenager hat das Gefühl, von den Social Media abhängig zu sein. Sechs Zehntel aller Amerikaner geben an, ihre Smartphones zu intensiv zu nutzen.

Ist der Verzicht auf «intelligente Geräte» ein Ausweg?

Vielleicht kommt es aber so weit, dass Gegenbewegungen wie die so genannte «attention rebellion» mehr Zulauf erhalten. Ihre Anhänger verzichten bewusst auf die «intelligenten Geräte» der heutigen Zeit, schränken ihre Funktionalität ein oder kehren zurück zu einfachen «Telefonknochen» aus der Vergangenheit, die wirklich nur zum Telefonieren oder zum gelegentlichen Versenden von SMS-Nachrichten geeignet sind.

Dienste wie Apostrophy und Proton verprechen ihren Kunden den sensiblen Umgang mit ihren Daten. Der schwedische Anbieter Mullvad wirbt für sein virtuelles privates Netzwerk und für den selbst entwickelten Browser.

Fazit: Wer weniger im Internet unterwegs ist oder wer Dienste nutzt, die persönliche Informationen verschleiern und vertraulich behandeln, sorgt nicht nur für etwas mehr Besinnlichkeit im persönlichen Leben, sondern er hinterlässt auch weniger Spuren und Daten, die von den Datenkraken gesammelt und ausgewertet werden könnten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Privatsphre2

Schutz der Privatsphäre

Internet-Seiten, E-Mails, Telefonanrufe, Handy-Standorte usw. werden flächendeckend erfasst. Wer stoppt´s?

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