Unkraut 1 Wirestock

Unkraut entfernen © Wirestoc/Depositphotos

«Noch nie einen Mann dabei gesehen. Noch nie!!! Ich schwöre.»

Chantal Louis /  Das Zupfen von Unkraut ist Frauensache. Männer vernichten es. Ein feministischer Blick auf diesen geschlechterpolitischen Aspekt.

Als ich kürzlich mal wieder kniend und innerlich fluchend bei grosser Hitze Grashalme und verdorrten Klee aus den Ritzen zwischen der Aussenmauer meines Grundstücks und dem Trottoir rupfte, schoss es mir plötzlich ins halbverbrannte Hirn: Noch nie in meinem Leben habe ich einen Mann gesehen, der Unkraut zupft. Noch NIE!!! Ich schwöre. 

Unkraut zupfen ist Frauensache. Männer zupfen kein Unkraut, Männer vernichten Unkraut. Das Ergebnis mag dasselbe sein, der Weg der Männer zur unkrautfreien Einfahrt ist allerdings ein gänzlich anderer als der von Frauen. 

Zunächst: die Position des Körpers. Die knieende gebeugte Sitzhaltung scheint eines echten Mannes nicht würdig. Deshalb steht der Unkrautvernichter seinen Mann. 

Er sieht sich auch nicht mit spitzen Fingern an kleinen Grashälmchen herumpisseln. Er will Effizienz. Die erreicht er auf zwei Wegen: mit starkem Gift oder mit grossem Gerät. Am liebsten mit beidem gleichzeitig.

Der echte Mann misst den Wert seiner Tätigkeiten unter anderem an der Gefahr, der er sich dabei aussetzt. Denn sie mehrt seinen Ruhm. Zum Unkrautvernichtungsmittel «Roundup» – bei Männern sehr beliebt, jedoch hoch umstritten, weil es mutmasslich krebserregendes Glyphosat enthält – liefert Hersteller Bayer die Erste-Hilfe-Massnahmen gleich mit: Falls der Unkrautvernichter zu Bewusstlosigkeit führt: stabile Seitenlage, Giftnotrufzentrale des jeweiligen Bundeslandes kontaktieren. Ganz grosser Bahnhof. 

Statt zum Gift greift der Unkrautvernichter auch gern zur Waffe: dem Flammenschwert. Dass es ein klitzekleines bisschen lächerlich wirkt, wenn der Unkrautvernichter die zarten Grashalme an der Hausecke mit seinem Flammenwerfer abfackelt und dabei aussieht, als würde er das Riesenmonster in «Ghostbusters» bekämpfen, erschliesst sich den dergestalt kämpfenden Männern offensichtlich nicht. 

Wir sehen: Der «Gender Weed Gap» ist gross. Und er ist eng verwandt mit dem «Gender Tool Gap»: Während Frauen für die Arbeiten in Heim und an Herd sehr leise Geräte wie Spül- und Waschmaschinen verwenden, lieben Männer sehr laute Werkzeuge wie Kreissägen oder Laubbläser. Grund: Sie erregen damit Aufsehen, was in ihren Augen ihre jeweilige Tätigkeit aufwertet. Zweitens befinden sich Männer bei ihren Arbeiten an Haus und Hof stets in einer Art Kriegszustand. Auch hier sehen wir deutliche Parallelen zur Unkrautvernichtung. 

Immer, wenn Frauen etwas tun, was Männer niemals täten, sollten sich die Frauen Fragen stellen. Zum Beispiel: «Geht es nicht tatsächlich mit einer gewissen Würdelosigkeit einher, wenn Frauen Unkraut geräuschlos auf den Knien und mit gekrümmtem Rücken aus Beeten und Fugen herauspflücken?» Ich jedenfalls frage mich das, während ich da so rupfend auf der Strasse kauere. Würde die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm das gutheissen? Oder würde sie mir zurufen: «Mehr Stolz, Chantal!»? Vielleicht würde sie das. Aber was wäre die Alternative? Das Flammenschwert? Nicht wirklich.

Es passiert nämlich nicht selten, dass die Unkrautjäger bei ihren Aktionen gewaltige Kollateralschäden verursachen. Jedenfalls spuckt Google reihenweise Meldungen wie diese aus: Beim Abbrennen von Unkraut erwischt ein Mann mit seinem Flammenwerfer die Thuja-Hecke des Nachbarn. Diese brennt ab, wobei auch ein Schaltkasten der enormen Hitze zum Opfer fällt. Das wiederum hat einen Ausfall der Strassenbeleuchtung zur Folge. In einem weiteren Fall brennt nicht nur eine 35 Meter lange Hecke ab, sondern auch ein daneben geparkter Lieferwagen. Schaden: 60’000 Euro. Zuweilen gehen ganze Häuser in Flammen auf. 

Wenn ich Unkraut zupfe, muss die Feuerwehr nicht ausrücken. Und das macht mich dann fast ein bisschen stolz.

____________________________

Emma Cover

Chantal Louis ist seit 1994 Redaktorin bei der Zeitschrift «Emma», in deren neuster Ausgabe dieser Beitrag erschienen ist. Für eine Reportage über die Bergmannsiedlung, in der sie aufgewachsen ist, erhielt sie 2010 den Internationalen Journalistenpreis der «Ruhr 2010».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

16 Meinungen

  • am 14.09.2025 um 10:12 Uhr
    Permalink

    😄 Herrlich! Auch ich habe mich darin ein bisschen wiedererkannt, obwohl Zupfen manchmal doch die bessere Lösung ist und ich chemische Mittel verabscheue.
    Das Gerät muss aber sein, mittlerweile halt mit Batterie statt Benzin. Der Vorteil: Beim Aufstehen aus der Hocke überschlägt es mich jeweils fast.
    So kann ich im Stehen dem Kraut den Garaus machen.

  • am 14.09.2025 um 11:24 Uhr
    Permalink

    Chantal Louis hat recht. Und die Maschinen der Männer können noch grössere Dimensionen annehmen: Panzer, Kriegsschiffe, Bomber. Ich habe ein Heissluftgebläse, das das Unkraut bis in die Wurzeln erhitzt. Dann sterben sie ab. Der Apparat kann auch zum Anzünden von Holzkohle verwendet werden. Was ich eines Sonntagmorgens auch tat. Ich steckte die Düse, wo die Heissluft austritt in die Kohle, schaltete ein und holte im Keller ein Bier. Dann rief meine Frau, ich solle doch bitte das Salz für die Spülmaschine herauf holen, das ich aber erst suchen musste. Dann zurück in den Garten, wo die Düse auf dem Grill unterdessen geschmolzen war. Seit dann lasse ich die Kräuter zwischen den Fugen wachsen, eben so das Moos auf den Steinplatten, weil ich irgendwo mal gelesen habe, dass Moos ein hervorragender Luftreiniger sei.

  • am 14.09.2025 um 12:27 Uhr
    Permalink

    Was soll dieser Mist. Mir wertvolle Zeit rauben? Auch als Mann zupfe ich Unkraut, ohne Einsatz von Chemie. Die Dame möge mich auf meinen Balkon besuchen und staunen, wie ich mich um die paar Tomaten- und Paprikapflanzen bemühe.

  • Portrait Hans Haldimann
    am 14.09.2025 um 12:36 Uhr
    Permalink

    Ich finde, jeden Blödsinn aus der Mottenkiste der Vorurteile sollte man nicht abdrucken. Wie war das? Männer lieben Maschinen, Frauen pflegen Alte und Kranke, Frauen können nicht Pilotinnen sein, Männer schon, etc. War es das, was Sie sagen wollten?

  • am 14.09.2025 um 15:44 Uhr
    Permalink

    Ich nehme diesen Beitrag als Satire. Er beschreibt genau meine umsichtige Männerrolle im Garten, aber als Frau beschrieben. Apropos, keine Frau würde in brütender Hitze, ich als Mann auch nicht, Unkraut zupfen. Zupfen kann man nur nach dem Regen, wenn die Erde noch feucht ist.
    Ich stelle nundie kühne Behauptung auf, dass die Autorin, noch selten einen Garten gejätet, pardon gezupft hat.

  • am 14.09.2025 um 17:47 Uhr
    Permalink

    Werte Frau Louis,
    zum Ersten: Wer Hälmchen in der prallen Sonne zupft, ist selber schuld. Am frühen Morgen geht das viel angenehmer, kann ich Ihnen als altgedienter Hälmchen-Zupfer bestätigen. Und nicht knieend, sondern kauernd- ist viel bequemer. Allerdings zupfe ich nicht nur, sondern giesse manchmal noch etwas Essig in die Ritzen, damit es nicht sofort wieder spriesst. Können Sie mir verzeihen, oder halten Sie es auch so?
    zum Zweiten: Arbeiten mit Hämmern und Sägen ist halt von Natur aus mit Lärm verbunden. Liegt es nur daran, dass die wenigsten Frauen Lust auf solcheTätigkeiten haben und dies lieber dem Mann im Haus überlassen?
    zum Dritten: Mich stört der Lärm der Laubbläser auch, aber ich kann die Strassenwischer verstehen, welche damit schneller vorwärtskommen. Und ich habe zeitlebens nie eine Strassenwischerin mit Besen und Rechen gesehen, Strassenreinigungstraktorpilotinnen (mit beachtlicher Lärmentwicklung des Traktors) aber schon.

    Gut Zupf!

  • am 14.09.2025 um 18:26 Uhr
    Permalink

    Echt jetzt? Ist das moderner Feminismus? So abgelutschte Klischees schüren? Ich zupfe das Unkraut von Hand, habe keine Feuerlanze und bin somit offenbar kein echter Mann. Beelendend – Infosperber – dass ihr so was eine Plattform gebt! Solch seichter Journalismus mit krampfhaftem Humor wird 2025 keine Preise mehr gewinnen… darf ich hoffen!

  • billo
    am 14.09.2025 um 20:28 Uhr
    Permalink

    Interessant: 70% der Personen, die diesen Artikel mehr oder weniger gelesen und danach bewertet haben, halten ihn für «nicht nützlich». Vermutlich sind es vor allem Männer, und vermutlich meinen sie «gefällt mir nicht». Ja, so ein weiblich sanfter Hinweis auf im Wortsinn toxische Männlichkeit tut halt schon weh 😉

  • am 15.09.2025 um 05:45 Uhr
    Permalink

    Der Artikel ist despektierlich und hilft dem guten Gedanken der Gleichstellung nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Wasser auf die Mühlen derjenigen die gegen feministische Ansätze und Gleichstellung der Geschlechter sind. Der Artikel ist dermassen voller Vorurteile dass ich nicht nachvollziehen kann, wieso dieser überhaupt veröffentlich wurde. Immerhin scheinen die Kommentare ebenfalls relativ ungefiltert durchzugehen und vielleicht ist dies auch genau das Ziel: Aufzuzeigen, wie polarisiert und negativ durchsetzt die ganze Debatte ist, wie im übrigen die meisten anderen Debatten auch. Weil wir irgendwie verlernt haben einander zuzuhören. Weil wir vergessen haben wie wichtig es ist, das gegenüber zu verstehen und nicht alles als Angriff zu werten, dass mit einem Gegenangriff gekontert werden muss. Weil nicht alles nur ein «Challenge» sein muss. Die meisten hören zu um zu antworten nicht um zu verstehen. Traurig.

  • am 15.09.2025 um 08:23 Uhr
    Permalink

    Warum muss grün überhaupt weg? Aha! Kärchergeneration!

  • am 15.09.2025 um 08:27 Uhr
    Permalink

    Nicht ernst zu nehmen. Ist Satire. Lieber es Ränzli vom Fresse als es Buggeli von Jäte.

  • am 15.09.2025 um 11:31 Uhr
    Permalink

    Wenn man halt mit militant feministischer Weltsicht unterwegs ist, sieht man eben genau das was man sehen will 🤣

  • am 15.09.2025 um 11:34 Uhr
    Permalink

    Auch schon mal übrlegt wer Neophyten rupft?

    Ja, unter anderem die Bauern. Und Naturschutzvereine. Und bei allen Aktionen wo ich dabei war, waren gut die Hälfte der Teilnehmer Männer.

    Alles in Allem finde ich diesen Artikel sehr tendenziös…..

  • am 15.09.2025 um 15:51 Uhr
    Permalink

    … mal abgesehen von der Geschlechterfrage: Der Begriff «Unkraut» gehört schon längst in die Mottenkiste der Umgangssprache. Der «Kampf gegen die Natur» – siehe «den Garaus machen»! – scheint aber immer noch ein beliebtes Hobby von Fanatikern einer überkommenen Pseudo-Ordnung zu sein. Fast immer stellen nämlich diese Kräuter und Gräser eine Bereicherung der sonst öden Oberflächen dar. Nur echte Bünzlis stören sich noch daran und da gibt es gerade so viel Männer wie Frauen und sogar Beauftragte wie Hauswarte. Von letzteren sind heutzutage sowieso die meisten auch noch ganz unbelastet von den Kenntnissen moderner, eben naturnaher Gartenpflege.
    Wer immer noch jätet, der zeigt damit, dass er oder sie die Zeichen der Zeit immer noch nicht kapiert hat und offenbar über zuviel Freizeit verfügt!

  • am 15.09.2025 um 17:54 Uhr
    Permalink

    Wenn die Frau alleine in der erniedigenden Hocke Unkraut zupft, das aus dem Boden schiesst, dann sollte sie dies nur tun, wenn sie wirklich will. Andernfalls ist es definitiv pervers. Unkraut und Moos zupfen, ginge aber auch gemeinsam und könnte Mann und Frau zusammenschweissen. Besteht jedoch nur ein Nanohauch von Uneinigkeit, gilt Nulltoleranz: Pfinger ab dä Röschti!

  • am 16.09.2025 um 12:51 Uhr
    Permalink

    ach ich wünschte mir auch einfach nur nachbar*innen, die sich nicht am grün zwischen der fraglichen steinbesetzung um’s haus stören – kann kühlen und tierisch bereichern… bis dahin werden meine freundin und ich immer weider mal – gemeinsam oder abwechselnd still murrend dem hausfrieden zuliebe uns zu den kräutern niederlassen. text oben: kann mensch machen, für uns mit schmunzeln zur kenntnis genommen und teilweise zutreffend hier;-)

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...