Jacinda-Ardern-Clarke-Gayford.CT_

Jacinda Ardern und Clarke Gayford im Wahlkampf. Sie kümmerten sich – anders als Sebastian Kurz – beide um ihr Kind. © CT

Alte Arbeitsteilung beim jungen Regierungschef

Barbara Marti /  Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hält sich für unentbehrlich – bei der Arbeit. Für Eltern gibt es bessere Vorbilder.

Anfang Dezember wird Kurz zum ersten Mal Vater. Seinen Alltag wird das nicht gross beeinträchtigen. Als Regierungschef könne er beruflich nicht kürzertreten, sagte er im «Sommergespräch» des TV-Privatsenders «Puls-4». 

Mutter «bestmöglich unterstützen»

Seine politische Verantwortung nehme er sehr ernst und er könne deshalb «leider» nicht einen Papa-Monat lang wegbleiben. Trotzdem werde er «versuchen», in den ersten Tagen und Wochen seine Freundin «bestmöglich zu unterstützen» und sich wenn möglich ein paar Tage frei zu nehmen. Es gebe in Österreich viele Menschen, auch ausserhalb der Politik, die viel arbeiten und es schaffen, Familie und Beruf zu vereinbaren.

Schlechtes Vorbild

Kurz ist erst 35 Jahre jung, aber offenbar ziemlich alt im Geist und ein schlechtes Vorbild für Väter. Mit dem klassischen Argument, bei der Arbeit unentbehrlich zu sein, dispensiert er sich wie viele andere Väter von der unbezahlten Sorgearbeit und zementiert die traditionelle Rollenteilung zwischen Frauen und Männern. Denn auch in Österreich reduzieren nach wie vor mehrheitlich Mütter ihre Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung und damit ihr Einkommen, was finanzielle Auswirkungen bis ins Rentenalter hat. 

Bessere Vorbilder

Frauen, die im Amt Mutter werden, scheint es leichter als Kurz zu fallen, ihr Amt während einer Elternzeit der Stellvertretung zu übergeben. Einige Beispiele: Als Jacinda Ardern 2018 ein Kind bekam, war sie bereits Premierministerin in Neuseeland. Sie nahm sich eine Auszeit von sechs Wochen und übergab die Geschäfte ihrem Stellvertreter. Vorbilder hätte Kurz auch in der eigenen Regierung: Familienministerin und Parteikollegin Susanne Raab ging nach der Geburt ihres Sohnes im Juli dieses Jahres zwei Monate in Elternkarenz (Elternzeit). Im September kehrte Raab in ihr Regierungsamt zurück und der Vater des Kindes ging in Karenz. Ähnlich machte es die grüne Justizministerin Alma Zadić, die nach der Geburt ihres Sohnes Anfang dieses Jahres zwei Monate in Karenz ging. Danach übernahm ihr Mann. Im «Puls-4»-Interview sagte Kurz, diese Frauen «ringen mir sehr viel Respekt ab». Er hätte auch ein männliches Vorbild: Anfang 2019 überraschte der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) die Öffentlichkeit mit der Aussage, nach der Geburt seines dritten Kindes positive Erfahrungen mit einem Papa-Monat gemacht zu haben. Den Rechtsanspruch auf einen Papa-Monat gab es damals noch nicht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Redaktorin und Herausgeberin der Online-Zeitschrift FrauenSicht.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

2 Meinungen

  • am 27.09.2021 um 15:01 Uhr
    Permalink

    ‹Kurz ist erst 35 Jahre jung, aber offenbar ziemlich alt im Geist und ein schlechtes Vorbild für Väter›
    Die alte Arbeitsteilung ist die richtige Arbeitsteilung. Es wäre hirnrissig anzunehmen, was sich in der Sozioevolution über Jahrtausende etabliert hat, wäre nicht optimal.
    Im ersten Lebensjahr braucht das Säugling nur die Mutter, der Vater spielt weder entwicklungsbiologisch noch -psychologisch eine Rolle. Denn überwiegend gab es in den 250’000 Jahren des Homo sapiens keinen personalisierten Vater. So wie das Geschlechterverhältnis über Tausend Jahre war, so war es optimal. Eine Vaterzeit im 1. Lebensjahr ist durch kein biologisches, psychologische und/ oder soziokulturelles Argument zu rechtfertigen.
    Alle Wertverschiebungen der letzten 40- 50 Jahr sind ideologisch erzeugt, haben keinen sozialen oder kulturellen Wert und sind zum Verschwinden verurteilt. Auch in Zukunft gibt es die Dominanz geschlechtsspezifischer Rollen, denn nur das ist biologisch und soziokulturell optimal. Was die Frau kann, muss der Mann nicht können und das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt. Es ist die Familie am stärksten, in der sich die beiden Eltern maximal unterscheiden.

    • am 30.09.2021 um 11:50 Uhr
      Permalink

      Das sehe ich mehrheitlich auch so wie Sie, Herr Schrader. Die gemachten Aussagen von dieser Barbara Marti finde ich zudem ziemlich anmassend/arrogant. Die obigen aufgeführten Beispiele hinken, denn niemand von ihnen muss gegen so eine schräge Opposition kämpfen wie Bundeskanzler Kurz. SPÖ (besonders) und der oberfiese Kickl von der FPÖ wie auch die NEOS tun ja wirklich alles um Kurz das politische Leben zu vermiesen. Da ist es besser, wenn Kurz seine sicher nicht leichte Arbeit macht. Zuhause nützt er vermutlich nicht so viel. Aber eben, Frau Marti, ein echter von Feminismus triefender Bericht, wie wenn es nichts Wichtigeres gäbe.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...