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Nur jedes 10. Verwaltungsratsmitglied und jedes 20. Konzernleitungsmitglied ist eine Frau © Rüegger Verlag

«In Führungsetagen braucht es Frauenquoten»

Mireille Mata /  CEO Inga Beale ermuntert Frauen, hemmungslos «Quotenfrauen» zu werden. Männer hätten lange von ihren Netzwerk-Quoten profitiert.

Inge Beale braucht keine Quote mehr und hat es auch ohne Quoten in die Chefetagen grosser Unternehmen geschafft. Sie war CEO der Zürich Versicherungen und ist heute CEO des britischen Versicherungs- und Rückversicherungskonzerns Canopius Group. Kinder hat Beale keine.

Im Buch «Frau MACHT Karriere», das ab 15. November auf den Markt kommt, sagt Beale, sie sei «definitiv» für eine «verbindliche Frauenquote in den Führungsetagen der Unternehmen». Nicht für immer und ewig, aber als «eine Art Kickstart». Anders würde sich nicht schnell genug etwas ändern. Früher habe es eine «hundertprozentige Männerquote» gegeben, die nicht festgeschrieben werden musste, sondern «einfach existent» gewesen sei.
Frauen, die sagen, sie wollten im Management-Team keine «Quotenfrau» sein, «regen mich furchtbar auf», sagt Beale. Es sei doch egal, wie eine Frau zum Posten gekommen sei: «Denke daran, wie die meisten Männer dahin gekommen sind: Weil sie die richtige Person kannten, weil sie mit der richtigen Person in der Armee waren, weil sie den gleichen Ausbilder hatten, oder was auch immer.» Deshalb rate sie jeder Frau: «Just go for it. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, ergreife sie.» Erst dann könnten die Frauen zeigen, was sie können, und die andern können sehen, wie gut sie es kann.

AUSZUGSWEISER VORABDRUCK AUS «Frau MACHT Karriere» VON ELISABETH RIZZI UND SANDRA WILLMEROTH*

Frauen bleiben allzu oft im Mittelmanagement hängen: Europaweit sind nur 11 Prozent der Geschäftsleitungsmitglieder börsenkotierter Firmen weiblich (1). In der Schweiz sind es sogar bloss etwas mehr als halb so viele, nämlich 6 Prozent (2). Davon sind erst noch 48 Prozent Ausländerinnen. Was ist hier los? Die Quote der Studienabgängerinnen würde ein ganz anderes Bild erwarten lassen. Ist doch in der Schweiz inzwischen der Anteil Frauen bei den Universitäts-Abschlüssen (3) auf Stufe Lizenziat/Diplom (entspricht Master) mit 62 Prozent bereits höher als jener der Männer. Zudem sind in der Schweiz grundsätzlich mehr Frauen erwerbstätig als in den meisten anderen Ländern: Mit einem Beschäftigungsanteil von 77 Prozent der Frauen (im Verhältnis zu allen Frauen im Erwerbsalter) liegt unser Land zudem weit vorne, nämlich nach Schweden weltweit auf Rang zwei (4). [Allerdings arbeitet die Mehrheit der Frauen nur teilzeit. Red.]

Es fehlt an Vorbildern

Ein grosses Hindernis sind fehlende Frauenvorbilder. Zumindest erachten 64 Prozent der von McKinsey in den USA befragten Frauen in Führungspositionen den Mangel an weiblichen Leuchtturmfiguren als Hemmnis für die eigene Entwicklung. Entsprechend glauben viele Frauen daran, dass weibliche Karrieren von Hindernissen nur so gepflastert sind. Das schlägt sich in einer tieferen Motivation nieder, Karriere machen zu wollen. Geben doch 48 Prozent der Männer an, extrem ehrgeizig zu sein. Aber nur 35 Prozent der Frauen haben ein vergleichbares Selbstbild. Entsprechend streben nur 15 Prozent der hoch qualifizierten Frauen eine Machtposition an. Bei den Männern sind es 27 Prozent.

Männern setzen Kinder an zweiter Stelle

Frauen sind eher bereit, auf eine Karriere zugunsten der Familie zu verzichten. Lediglich 6,4 Prozent der Studentinnen können sich vorstellen, wegen der Karriere auf eine Partnerschaft zu verzichten (gegenüber 10,4 Prozent der Männer) und 20,4 Prozent würden auf eigene Kinder verzichten (gegenüber 26,4 Prozent der Männer). Daraus lässt sich schliessen, dass die Karriere vor dem Hintergrund von Partnerschaft und Kinder an Stellenwert verliert.

Frau muss sich also bewusst sein, dass auch ihre Präferenzen und ihr Verhalten einen beruflichen Aufstieg erschweren können. Wer die gläserne Decke durchbrechen will, muss sich zuerst einmal fragen, ob die eigenen Vorstellungen über das Berufsleben genug ambitioniert sind und gegebenenfalls die Ziele nach oben anpassen. Denn höhere berufliche Ziele steigern die Chance auf einen Managementposten (5).

Grössere Chancen in Grossbetrieben

In Grossbetrieben steigt die Chance, eine Managementposition zu erlangen. Der Grund ist simpel: Es gibt mehr Führungsposten als in einem KMU. Und Managementfunktionen sind hier weniger an langjährige oder gar patriarchale Strukturen gebunden. Gehen Sie also vor allem zu Beginn der Karriere eher zu den grossen Firmen, und streben Sie dort eine Top-Position an. Oder suchen Sie zum Aufsteigen einen mittelständischen Betrieb, in dem die Strukturen nicht festgefahren sind. Sind Sie erst einmal in der Hierarchieleiter aufgestiegen, können Sie immer noch in einen mittelständischen Betrieb wechseln, wo dann später in der Familienphase Teilzeitarbeit im Kader leichter zu realisieren ist als in der Bürokratie von Konzernen.

Bescheidenheit ist nicht karriereförderlich

Bescheidenheit und Zurückhaltung sind nicht unbedingt karriereförderlich. Wenn Sie nun also mit der richtigen Einstellung am richtigen Platz sind: Fragen Sie offensiv nach Beförderungsmöglichkeiten und Gehaltserhöhungen. Denken Sie daran: Mehr als doppelt so viele Männer (57 Prozent) wie Frauen fragen in Deutschland nach einer Beförderung und eineinhalbmal so viele (72 Prozent) nach einer Gehaltserhöhung. In der Schweiz ist der Abstand etwas geringer. Trotzdem gehen auch hierzulande Frauen ihre Berufskarrieren viel passiver an als ihre männlichen Mitbewerber. Entsprechend bleiben in den Gedächtnissen der Chefs die Namen ihrer Kollegen hängen, wenn es um die Neubesetzung einer Stelle geht. Die Frauen dagegen werden gar nicht erst als mögliche Kandidatinnen wahrgenommen.

Zeigen Sie also Mut. Unternehmen sind allen Unkenrufen zum Trotz in der Regel Frauen gegenüber positiv eingestellt: Viele Topmanager klagen, dass sie eine Stelle eigentlich gerne mit einer Frau besetzen würden, aber keine geeignete Frau finden. Entsprechend hellhörig werden sie, wenn sich eine beförderungswillige Frau meldet.

Zitierte Quellen:
(1) McKinsey & Company (2007): «Women Matter, Gender diversity, a corporate performance driver”, McKinsey & Company, France.
(2) Guido Schilling (2013): «Schillingreport 2013, Transparenz an der Spitze», Guido Schilling AG.
(3) Emanuel von Erlach, Juan Segura (2011): «Frauen und Männer an den Schweizer Hochschulen, Indikatoren zu geschlechtsspezifischen Unterschieden», Bundesamt für Statistik.
(4) John Hawksworth, Andrew Sentence, Yong Jing Teow (2013):«International women’s day. PwC women in work index». PWC UK.
(5) Fabian Ochsenfeld (2012): «Gläserne Decke oder goldener Käfig: Scheitert der Aufstieg von Frauen in erste Managementpositionen an betrieblicher Diskriminierung oder an familiären Pflichten?», Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Zum Infosperber-Dossier:

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Gleiche Rechte für Frauen und Männer

Gleichstellung und Gleichberechtigung: Angleichung der Geschlechter – nicht nur in Politik und Wirtschaft.

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3 Meinungen

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 13.11.2013 um 10:19 Uhr
    Permalink

    Dass Bescheidenheit nicht karrierefördernd ist, gilt für Männer erst recht, und es bleibt bedauerlich, dass die Wirtschaft nicht noch stärker durch Frauen in der Art von Magdalena Martullo-Blocher, Margaret Thatcher und Angela Merkel humanisiert wird. Richtig sexy, ein Musterbeispiel gegen Diskriminierung, finde ich die Inserate etwa von Hochschulen, dass im Falle gleicher Qualifikation eine Frau gewählt würde, ein Super-Impuls für qualifizierte Männer. Das Resultat der Frauenförderung im Kanton AG ging in die Richtung, dass in angeblich «weichen» Bereichen wie in Bibliothek, Archiv und Kunsthaus die Quote der weiblichen Chefs «aufgefüllt» wurde, während die «harten» weiter Männerdomänen blieben. Entsprechend wechselte der weitaus beste Aargauer Kunstkenner und frühere stellvertretende Direktor des Kunsthauses beim Chefwechsel vom Kulturkanton nach Chur, ganz klar eine Folge der übrigens informellen aargauischen Quotenpolitik. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Nach meiner Meinung wäre es auch ohne Quoten möglich, dass sich der Frauenanteil der besten Beiträge bei Infosperber noch erhöhen dürfte.

  • am 10.03.2014 um 14:45 Uhr
    Permalink

    Die Quoten sind nicht nur ein Chabis, sie fussen auch auf einer herbeigeträumten humaneren Führung in Chefetagen s.l. Die Geschichte lehrt uns nicht das Gegenteil, bestätigt indessen, dass sich gar nichts ändern wird. Die bei starker Frauenmehrheit in Führungsetagen festgestellte manifeste Stutenbissigkeit spricht gegen Quoten

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 10.03.2014 um 15:27 Uhr
    Permalink

    Die «Stutenbissigkeit» ist ein Begriff, den ich trotz meiner fatalen Vergangenheit* als mal stellvertretender Referent (für Ester Vilar) an einem «Antifeminismuskongress» eher nicht gebrauche, weil es ähnliche erbarmungslose Platzhirschduelle natürlich auch «bei uns» Männern gibt. In der Zwischenzeit hat der Kanton BS eine Quote angenommen, das dürfte aber die Ausnahme von der Regel bleiben. Die ehemalige Vertreterin der Frauenliste und heutige BS-Grünliberale, M. Bernasconi, hat sich sogar vor ca. 2 Monaten nicht für Quoten ausgesprochen, um ihre eigene Regierungsratskandidatur, die jetzt hoffnungsvoll unterwegs ist, auch nicht nur indirekt mit der Unterstellung «Quotenfrau» zu belasten.

    Die Auseinandersetzungen der Feministinnen mussten, zumal zu ihrer Zeit, durchgeführt werden, so wie ich das Engagement etwa des gemässigten Männerpolitikers Markus Theunert, ZH, meinerseits sehr verdienstvoll finde, lernte jenen besonnenen Mann sogar am «Antifeminismuskongress» kennen. Als er im Gleichstellungsbüro mit einer weiblichen Chefin zusammenarbeiten musste, klappte es prompt nicht. Auf Dauer haben diese Büros keine Zukunft.

    * Wegen der Teilnahme an diesem Kongress und weil gewisse Aussagen, die in der Presse falsch zitiert wurden, erst nach ca. 2 Wochen richtiggestellt waren, wurde ich im Namen des Humanismus und der Gleichberechtigung auf meinem didaktisch stärksten Gebiet, der kulturhistorischen Landeskunde, als Lehrerfortbildner diskussionslos «nicht weiterbeschäftigt".

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