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Mitte Juli wird mitten in Riederalp-West an einer Einstellhalle gebaut. © upg

Wie ein verkehrsfreier Touristenort seine Gäste belärmt

Urs P. Gasche /  Im Aletschgebiet hatte es Mitte Juli schon lange nicht mehr so viele Gäste wie dieses Jahr. Empfangen werden sie mit viel Baulärm.

Auf der Riederalp im Wallis waren die Ferienwohnungen im Sommer schon lange nicht mehr so gut besetzt wie dieses Jahr. Viele Gäste aus der Schweiz sind zum ersten Mal an diesem verkehrsfreien Ferienort, um mit ihren Familien die Ruhe zu geniessen.

Doch mit der Ruhe ist es nicht so weit her. Man spürt nichts davon, dass in dieser Gemeinde eigentlich keine Zweitwohnungen mehr gebaut werden dürften, weil deren Anteil bei 80 Prozent liegt. (Die Gemeinde verweigert die Auskunft darüber, wie sich die Zahl der Zweitwohnungen in den letzten paar Jahren entwickelt hat.)

Zwar kennt die Gemeinde ein «Lärmreglement» mit folgendem deklariertem Zweck:

Im Sommer ist eine Baupause vorgesehen:

Und so sieht es Mitte Juli auf der Riederalp konkret aus:

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Fragen an Peter Albrecht, Gemeindepräsident der Riederalp, und die Antworten des gesamten Gemeinderats (Exekutive):
1. Wird das Lärmreglement der Gemeinde eingehalten, wenn ab 13. Juli an Hochbauten mit lärmigen Maschinen weiter gebaut wird?
-> Ja

2. Wer kann wo rechtliche Schritte unternehmen, falls das Lärmreglement nicht eingehalten wird?
-> Gemäss Schweizer Rechtsordnung. Es gibt Gesetze, Verordnungen, Reglemente, etc.

3. Warum gibt die Gemeinde auf ihrer Webseite nicht an, wo während welcher Zeit auf der Riederalp mit grösserem Baulärm gerechnet werden muss? Nur mit dieser Information könnten Gäste ihre Ferien entsprechend planen und beispielsweise Ferienwohnungen in lärmarmen Ortsteilen buchen.
-> Sämtliche Baugesuche werden im Amtsblatt des Kantons Wallis, in den Gemeinde-Anschlagkästen und auf der Gemeinde-Website publiziert. Aufgrund der Gültigkeit der Baubewilligungen kann nicht vorhergesehen werden, wer wann baut.
Mit anderen Worten: Wer Ferien auf der Riederalp machen möchte, soll vorher zwei Dutzend Ausgaben des Amtsblatts durchsuchen. Der Gemeinderat will angeblich nicht einmal gewusst haben, dass während dieses Sommers in Riederalp West eine grosse Einstellhalle gebaut wird. «Feel free» heisst der «originelle» Slogan der Aletscharena.

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Auf dem Weg von der Riederalp zur Bettmeralp:

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Und wenn fertig gebaut ist, kann das Gebaute zur touristischen Attraktion werden:


Pumpstation des künstlichen Stausees für Schneekanonen

«Feriengäste haben Alp frühzeitig verlassen»

Wegen der vielen Transportfahrten hat sich Claudia Frey, Einwohnerin der Riederalp, am 16. Juli schriftlich an den Gemeinderat gewandt:

Lieber Gemeinderat der Gemeinde Riederalp,
Die letzten Monate haben uns sehr viel Geduld abverlangt, da der Lärm der landwirtschaftlichen Transporter mit dem Aushub der Grossbaustelle von morgens früh bis abends ca. 18 Uhr dauernd präsent war. Es war nicht möglich die Fenster zu öffnen (wegen Staub und Lärm) und es hat unseren Lebens- und Arbeitsraum sehr eingeschränkt.

Folgende Punkte bitte ich Sie zu beachten:


  • Die Mittagspause 12.00-13.00 Uhr wurde nie! eingehalten;

  • Am Samstag wurde den ganzen Nachmittag gearbeitet (gemäss Reglement sollte es nur bis Mittag sein);

  • Feriengäste haben die Alp frühzeitig verlassen, da für sie der Lärm unerträglich war;

  • Ich habe Gäste erlebt, die abgereist sind und nie mehr wieder kommen wollen;

  • Es gibt neben neuen, unbegreiflicherweise auch noch uralte Fahrzeuge (z.B. der Firma Walker), die den Auspuff über dem Fahrercockpit haben und unglaublich stinken. In der heutigen Zeit sollte es keine Sonderbewilligungen dafür mehr geben;

  • Der Staub der Fahrten hat sich auf Terrasse, Fenster etc. des Hauses gelegt. Wer putzt das nun?

  • Trotz schriftlicher Ankündigung der Gemeinde an meine Feriengäste, dass die Fahrten bis zum 10.7. gehen, wurde am Samstag 11.7. immer noch weitergefahren.


Es ist sehr bedenklich, dass wir Bewohner nicht im Geringsten vorab informiert und auch in keiner Weise für die Umstände entschädigt worden sind.
Die ganze Zeit war sehr unbefriedigend für uns. Die Gemeinde wirbt mit Autofreiheit, und dann erlaubt Sie sich dies! Ich bin mir am Überlegen, meine Papiere wieder von der Riederalp wegzunehmen, da ich hier unter diesen Bedingungen keine Steuern mehr bezahlen will. Es gibt erfreulichere Orte.
Ich bitte Sie diese Rückmeldung zur Kenntnis zu nehmen und Ihre weitere Bauplanung zu überdenken.
Freundliche Grüsse
Claudia Frey


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor verbringt diesen Sommer in seiner Zweitwohnung auf der verkehrsfreien Riederalp.

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5 Meinungen

  • am 18.07.2020 um 12:45 Uhr
    Permalink

    Der perfekte Politiker. Viel reden nichts sagen und Verantwortung wird delegiert.

  • am 18.07.2020 um 13:05 Uhr
    Permalink

    Idyllisches Örtchen.
    Und Schade, es fehlt der Sandkasten mit dem Spielzeugbagger, für die Kinder.

  • am 18.07.2020 um 15:11 Uhr
    Permalink

    So richtig erholsam und gemütlich. Ist die Schweiz nicht ein überschwänglich gastfreundliches Land? Warum wohl fahren immer mehr nach Österreich?

  • am 18.07.2020 um 16:52 Uhr
    Permalink

    Schändlich wie die dort bei schönem Wetter einfach weiter bauen und die Pausen nicht einhalten…

  • am 23.07.2020 um 20:13 Uhr
    Permalink

    Wir waren im Juni dieses Jahres auf der Riederalp, in der Erwartung, Natur, Ruhe und unsere Sonnenterrasse geniessen zu können. Von autofrei, wie immer angepriesen wird, keine Spur. Während des ganzen Tages rasten ohne Einhaltung einer Mittagspause auf der Aletschpromemade stinkende und lärmende Transporter ohne Rücksichtnahme auf Fussgänger (wir haben beobachtet wie Eltern ihre Kinder von der Strasse wegreissen mussten, da die Lenker der Aushubtransporter ihr Tempo nicht verringerten), im 3-er bis 4-er Konvoi im 3-5-Minutentakt vorbeirasten. Unseren Urlaub haben wir in der Folge abgebrochen. Auf unsere Mitteilung an die Gemeinde und Aletschtourismus haben wir keine befriedigende Stellungnahme erhalten. Es wäre schön, wenn Herr Gasche dies auch im „Walliserboten“ thematisieren könnte, ebenso wie die von der Gemeinde unbeantwortete Frage nach dem Kontingent von Zweitwohnungen, die in grossen, in die Landschaft nicht passenden Bausünden, erstellt werden.

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