Kommentar

Über Gleichstellung und andere Gendereien

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsSchriftsteller // Berufsschullehrer // MAS Cultural&Gender Studies ©

Jürgmeier /  «Männer sind Scheisse» – «Männer sollten sich nicht mehr alles gefallen lassen». Essay über die alte Frage der Geschlechterrollen.

«Männer sind Scheisse.» Der Spruch steht auf einem Damenslip aus dem deutschen Hause Perleberg, das auf seiner Website mit dem Satz wirbt:

«Unsere Produkte sind ganz besondere Geschenke mit schönen Botschaften und anspruchsvollem Design, die positive und angenehme Stimmung erzeugen.»

Der Slip gehört zur Produkteserie «Höschen im Döschen», in der sich auch Exemplare mit der Aufschrift «Glücksbringer», «I love shopping», «Innere Werte», «Kleines Biest» und «Stubenrein» finden. Neuerdings gibt es, kleiner Unterschied, die «Hose in der Dose» auch für Männer. Da kann der Herr seinen gern als Allerwichtigsten Stilisierten mit «Cowboy», «Liebhaberstück», «Platzhirsch», «Kronjuwelen» oder «Dangerous» verhüllen lassen. Ich überlasse es Ihnen, zu entscheiden, welcher Slogan da sexistischer ist als der andere.

«Männer sind Scheisse.» Da gilt, was die «NZZ am Sonntag» am 24. April 2011 als Titel über einen Text von David Signer zur Diskriminierung der Männer gesetzt hat:

«Auch die Männer sollten sich nicht mehr alles gefallen lassen.»

Es gibt zweifellos männerverachtende Äusserungen und unzulässige Verallgemeinerungen – alle Männer sind gewalttätig und können nicht putzen. Zum Beispiel. Aber das ist kein Gleichstellungsproblem. Respektlose Sprüche gibt es über alle gesellschaftlichen Gruppen, auch über weniger mächtige, und da hat menschenverachtendes Reden auch schon mal zu Menschenvernichtung geführt.

Seit einiger Zeit werden weit ernster zu nehmende Benachteiligungen von Männern beklagt: Männer leben weniger lang als Frauen, bringen sich häufiger um, sind in grösserem Ausmass Opfer von Gewalt, haben weniger Gelegenheit, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, sind in Sorgerechtsprozessen meist auf der Verliererseite, Buben sind in der Schule weniger erfolgreich als Mädchen, Männer müssen im Gegensatz zu Frauen Militärdienst leisten und werden später pensioniert als ihre weiblichen Arbeitskolleginnen.

David Signer schreibt im bereits erwähnten Artikel in der «NZZ am Sonntag»:

«Viele Männer haben das Gefühl, nicht mehr die Frauen, sondern sie selber würden inzwischen diskriminiert.»

Das provoziert die klassische Testfrage – möchten die Männer unter Ihnen in den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen tatsächlich mit den Frauen tauschen?

Das Leiden der Betroffenen ist real, aber, sind die Männer unter Ihnen sicher, dass ihre Geschlechtsgenossen, wie es die deutsche Männerpartei verlangt, «absolute Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau» wollen? Wenn wir unter Gleichstellung gleichen Zugang zu den politischen und wirtschaftlichen Zentren der Macht, gleiche Teilhabe an gesellschaftlich-wirtschaftlichen Ressourcen verstehen? Sind Sie sicher, dass die Männer oder zumindest die Mehrheit von ihnen Gleichstellung in diesem Sinne und mit dem damit verbundenen Verlust an politischer und ökonomischer Macht einfordern würden? Und wenn ja – warum haben sie es nicht längst getan?

«Die berechtigte Kritik an männlichen Privilegien in Wirtschaft und Politik wird dort einseitig und ungerecht, wo sie nicht in der Lage ist, den dialektischen Nachteil dieses Sachverhalts zu erfassen.»

Schreibt Walter Hollstein in seinem Buch «Was vom Manne übrig blieb». Im Klartext: Mann sein macht nicht zwingend glücklich. Länger leben übrigens auch nicht. Die dialektische Klage erinnert an den reichen Mann, der die Armen um ihre Fröhlichkeit beneidet, um die Leichtigkeit des Seins – weil sie nichts zu verlieren haben -, aber unterschlägt, dass er diese Leichtigkeit und Fröhlichkeit der Armen jederzeit selbst haben könnte. Und wer hat im Übrigen die Gesetze gemacht, die sozioökonomischen Strukturen entwickelt, die Männern die genannten Nachteile gegenüber Frauen auferlegen? Waren Frauen zum entsprechenden Zeitpunkt in politischen beziehungsweise wirtschaftlichen Entscheidungsgremien tatsächlich in der Mehrheit und ich habe es nicht mitbekommen?

Auch Männer leiden, darüber gibt es keinen Zweifel, aber sie leiden nicht als Kollektiv unter der Unterdrückung durch ein anderes, das Kollektiv der Frauen. Sie leiden als Individuen, wenn auch nicht als vereinzelte, unter der von Hollstein bestätigten und nach wie vor bestehenden Überordnung des Kollektivs Mann über das Kollektiv Frau. Das heisst, das Privileg, Mann zu sein, gefährdet auch die Lebensqualität des Nutzniessers, die Macht beschädigt selbst den Mächtigen. Die Klagen sind also berechtigt, und es ist erstaunlich, aber erklärbar, dass sie nicht lauter sind – sie gerieten zur Kritik und zum Verrat an der eigenen Truppe.

Es ist das unter patriarchalen Verhältnissen entwickelte Konzept Mann – an dem durchaus auch Frauen mit-weben -, das den Mann zum Leidenden macht. Dieses Konzept übrigens wird zentral über die Abgrenzung der kulturell hervorgebrachten und entwerteten Weiblichkeiten konstituiert – Mann sein heisst, nicht Frau sein.

Männer werden nicht durch Gesetz und Verordnung von traditionell weiblich konnotierten Bereichen ausgeschlossen, so wie Frauen früher der Zugang zu Universität, Parlament und Abstimmungslokal verwehrt wurde; es ist dieses Männlichkeitskonzept, das beispielsweise verhindert, dass Männer sich in grösserem Ausmass an Kinderbetreuung und Hausarbeit beteiligen.

«Ein Mann, der einen Kinderwagen schiebt, ist kein Mann mehr.»

oder

«Ich liebe dich als Hausmann, erotisch finde ich dich in dieser Rolle aber nicht mehr.»

Männer- und Frauensätze, die gesellschaftliche Unbewusstheiten sowie Geschlechtervorurteile sichtbar machen und fortschreiben.

Natürlich sind es auch handfeste ökonomische Gründe, die den männlichen Sturm auf Kinderzimmer und Abwaschtrog stoppen – Paare, die es sich leisten können, ihre materielle Existenz mit Teilzeit-Anstellungen zu bestreiten, müssen sich nicht selten für die prioritäre Erwerbstätigkeit des besser verdienenden Mannes und damit für eine ungleiche Verteilung von Hausarbeiten beziehungsweise Kinderbetreuung entscheiden.

Wer ist für die nach wie vor bestehenden Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau, für die entsprechende Benachteiligung des Mannes in Sachen Nicht-Erwerbstätigkeit verantwortlich? Es ist doch gerade die gesellschaftliche Überordnung des Mannes – die sich unter anderem in besseren Karrieremöglichkeiten und höheren Löhnen für gleiche Arbeit zeigt -, die ihn vom deshalb notgedrungen weiblich besetzten Haus fern hält.

Dies, obwohl Untersuchungen zeigen, dass eine ausbalancierte Verteilung von Nicht-Erwerbstätigkeit und Erwerbstätigkeit grössere Gesundheit und ein längeres Leben verspricht.

Auch die kürzere Lebenserwartung der Männer ist ein Resultat des Konzepts Mann, das ihm u.a. ein grösseres Risikoverhalten in allen Lebensbereichen abverlangt. Nicht nur auf sinkenden Schiffen gilt die männliche Helden und Ritter konstituierende Formel «Frauen und Kinder zuerst», sie ist Teil des männlichen Marschbefehls, vor keiner Gefahr zurückzuweichen, Tod und Teufel nicht zu fürchten. Denn, so schon Friedrich Schiller:

«Das Leben ist der Güter höchstes nicht.»

Die aller Gesundheitsförderung und Prävention zugrunde liegende, durchaus vernünftige Annahme, Überleben, Leben und Gesundheit sei das oberste Ziel menschlichen Strebens, gerät mit dem Konzept Mann, das auf höhere Ziele ausgerichtet ist, in Konflikt. Da ist der Männlichkeitsbeweis wichtiger als das nackte Leben. Und sei es nur der ganz alltägliche Wagemut, mit dem Männer ihre Gesundheit schädigen. «Je weniger Schlaf ich benötige», schreibt der US-amerikanische Autor Herb Goldberg,

«… je mehr Schmerzen ich ertragen kann, je mehr Alkohol ich ertrage, je weniger ich mich darum kümmere, was ich esse, je weniger ich jemanden um Hilfe bitte und von jemandem abhängig bin, je mehr ich meine Gefühle kontrolliere und unterdrücke, je weniger ich auf meinen Körper achte, desto männlicher bin ich.»

Der tiefere Hintergrund solchen Verhaltens ist der Versuch, auch den Tod – der uns ultimativer Ohnmacht ausliefert – unter Kontrolle zu bekommen. Wer sich in die kleinen und grossen Todeszonen vorwagt, mit dem Tod spielt, gibt sich, heil zurück, der Illusion hin, er (oder sie) hätte den Tod im Griff.
Titanic: Nur Feiglinge und Charakerlumpen überleben
Die oscargekrönte Verfilmung von «Titanic» beispielsweise transportiert entsprechende Geschlechterkonzepte äusserst erfolgreich. Jack, der Held, darf nicht vom Ort der Katastrophe in den gemeinen und gemütlichen Alltag zurückkehren. Denn, so wird es an Cal, dem widerlichen Verlobten von Rose demonstriert: Nur Feiglinge und Charakterlumpen überleben. An Jack aber wird klargemacht: Nur ein toter Mann ist ein richtiger Mann. Das begünstigt natürlich nicht gerade eine hohe Lebenserwartung des Mannes. Dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern in diesem Punkt in den letzten Jahren kleiner geworden ist, lässt hoffen, dass Männer zunehmend den Mut zur Feigheit erringen.

So wie der Tod macht auch die Gewalt Männer – Gewalt gegen andere und gegen sich selbst. Denn der Zauberstab der Gewalt scheint demjenigen (und derjenigen), der (oder die) ihn hat, Macht über die Welt zu verleihen. Die Berührung der Welt mit diesem Stab verwandelt sie in meine Welt. Wer Gewalt anwendet, kann zaubern, und wer zaubert, hat alles im Griff. Solche Magie kommt dem Konzept Mann offensichtlich entgegen: Gewalt ermöglicht es, in Situationen grösster Ohnmacht scheinbar die Kontrolle zurück zu gewinnen.

Männer, Sie wissen es, sind häufiger Opfer von Gewalt als Frauen, allerdings nicht mehrheitlich von Frauengewalt. Aber die Geschlechterkonstruktion verbirgt das männliche Erleiden von Gewalt. So wie die Frau als Täterin nicht zur Frau wird, so wird der Mann als Opfer nicht zum Mann.

«Entweder ist jemand ein Opfer oder er ist ein Mann. Beide Begriffe werden als unvereinbar gedacht.»

Spitzt es der Sozialwissenschaftler Hans-Joachim Lenz im Magazin «männer.be» zu. Es ist nicht fehlende Gleichstellung, die den Mann als Opfer vernachlässigt, sondern die Geschlechterkonstruktion, die uns den Mann als Opfer und die Frau als Täterin übersehen lässt.

Als Letztes möchte ich die Folgen des Konzepts Mann am Stichwort Schule illustrieren. Angesichts des Umstands, dass Frauen bald einmal das besser gebildete Geschlecht sind, werden immer wieder Stimmen laut, welche die Benachteiligung der Buben in unserer verweiblichten Schule – in der es allerdings keine Zutrittsverbote für männliche Lehrkräfte gibt – beklagen. Und es stimmt: Mädchen beziehungsweise Frauen haben die besseren Schulnoten, mehr Maturitätsausweise und in etwa ebenso viele Hochschulabschlüsse wie Knaben beziehungsweise Männer; dafür sind die Vertreter des männlichen Geschlechts in Klein- und Sonderklassen in der Überzahl.
«Der gute Schüler ist heute ein Mädchen»,

bringt es Remo Largo, der Verfasser der bekannten Bücher «Kinderjahre» und «Jugendjahre» plakativ auf den Punkt und folgert aus den beschriebenen Fakten, Mädchen würden in der Schule bevorzugt, «Buben hingegen diskriminiert». Nicht die Kompetenz, sondern das Verhalten lasse Schüler schlechter abschneiden als Schülerinnen.

«Aber es darf doch nicht sein», fährt er fort, «dass die heutige Pädagogik die Buben ausgrenzt, weil sie nicht so pflegeleicht sind wie Mädchen.»

Seine Aussage enthält genau jene gegenderte Doppelbotschaft, die vermutlich für das Verhalten von Knaben und männlichen Jugendlichen mitverantwortlich ist: Wer die Anforderungen der Schule erfüllt, ist «pflegeleicht», und die Pflegeleichten, so die Geschlechterzuschreibung, das sind die Mädchen; Buben aber, so die Aussage im Subtext, sind anders, spannender, sagen Lehrpersonen häufig, während sie sich gleichzeitig über die Störenfriede beklagen. Der Knabe gerät im Spannungsfeld der Anforderungen der Schule einerseits, des Konzepts Mann andererseits in eine klassische Doublebind-Situation – entweder gute Schülerin oder Mann.

Solange Lernende geprüft und bewertet werden, ist die Schule für viele (auch) ein Ort der Demütigung und der Niederlage. Die tendenziell unterschiedlichen Reaktionen von Mädchen beziehungsweise Buben auf diese Situation müssen (auch) als Teil der Vergeschlechtlichung gesehen werden. Während Mädchen und Frauen sich bemühen, bessere (Anpassungs-)Leistungen zu erbringen und sich dafür auch schon mal Hilfe holen, rebellieren Buben, versuchen, selbst ist der Mann, erlittene oder befürchtete Verletzungen durch Abwertung der Schule zu verdrängen und ungeschehen zu machen. Schule ist eh scheisse. Widerstand, Leistungsschwäche, Disziplinprobleme sowie aggressives Verhalten müssen auch als Versuch interpretiert werden, in Momenten der Ohnmacht und Verzweiflung Männlichkeit zu (re)konstruieren.

Wenn die Schule als öffentliche Bildungs- und Erziehungsinstitution, vergleichbar dem privaten Haus, zunehmend als weibliche Welt erscheint, der sich Buben, in Erfüllung der Grundkonstruktion «Mann sein heisst, nicht Frau sein» tendenziell verweigern (müssen), ist das offensichtlich nicht primär das Resultat der realen Verweiblichung des Lehrkörpers, sondern der symbolischen Vergeschlechtlichung der pädagogischen Tätigkeiten beziehungsweise Institutionen selbst. Wo immer Frauen, einem Gleichheitsansatz folgend, in Männerdomänen vorstossen, neigen die Vertreter des dominanten Geschlechts dazu, diese Bereiche und Aktivitäten zu entwerten, sich aus ihnen zurückzuziehen und auf andere Felder auszuweichen. Was allerdings immer schwieriger wird.
«Der Zustrom von Frauen», schreibt beispielsweise der Militärhistoriker Martin van Creveld, «ist ein Symptom für den Niedergang des staatlichen, regulären Militärs.»

Das Konzept Mann wird – aus Angst vor den sich in geistige Höhen schwingenden Frauen – über die Abwertung von Schule sowie universalistischer Bildung ins Theorie- und Intellektuellenfeindliche getrieben. Nachdem während Jahrhunderten der (männliche) Geist dem (weiblichen) Körper übergeordnet wurde, die Männer das Wort und damit das Sagen für sich reklamierten, sind die theoretischen Geistes- und Sozialwissenschaften – die heutzutage mehrheitlich von Frauen belegt werden – längst von den praktischen Erfahrungs-, den Naturwissenschaften verdrängt worden. Das schulische Wissen wird zur grauen Theorie erklärt, der Mann wird jetzt, da Frauen in Haus und Öffentlichkeit das Wort ergreifen (dürfen), nicht mehr als Mann des Wortes und der Theorie, sondern als Mann der Praxis und der Tat inszeniert:

«Als ‹Mann aus dem Volk› und ‹Kleinunternehmer› traut ihm die Basis mehr zu, als wenn er im akademischen Elfenbeinturm sozialisiert worden wäre»,

schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am 11. März 2008 über den damaligen Zürcher SVP-Stadtratskandidaten Marco Tuena. Welcher rechte Bub möchte da noch studieren?

Weder Diskriminierung noch Unterdrückung durch das Kollektiv Frau sind für das schulische Elend der Buben und die allgemeine Not des Mannes verantwortlich, sondern die Grundformel «Mann sein heisst, nicht Frau sein». Die nachhaltige Überwindung männlichen Leidens ist kein männliches, sondern höchstens ein weibliches Gleichstellungsprojekt. Es ist ja gerade die gesellschaftliche Unterordnung der Frau beziehungsweise des so genannt Weiblichen, die verhindert, dass der Mann seine Benachteiligung gegenüber der Frau, das heisst die Unterdrückung eigener weiblicher Potenziale, überwindet.
Angesichts der sozioökonomischen Stellung von Männern und Frauen, der gesellschaftlichen Bewertung und Entwertung männlich beziehungsweise weiblich konnotierter Eigenschaften sowie der Unterordnung der weiblichen Privat- unter die männliche Sphäre des Öffentlichen scheint es einleuchtend, dass die Befreiung von herrschenden Geschlechterrollen vor allem eine Befreiung auf das Männliche hin ist und im Wesentlichen von Frauen ausging beziehungsweise ausgeht. Das Problem männlicher Befreiung ist ja gerade, dass sie auf eine Schwächung der sozioökonomischen Stellung des Mannes abzielen müsste, weil der einzelne Mann paradoxerweise zum Opfer sozialer Überordnung des Kollektivs Mann über das Kollektiv Frau geworden ist. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Oder: Das Patriarchat frisst seine eigenen Kinder.
Ängste zulassen, Hilfe annehmen
Das Leiden des Mannes kann nur durch eine Dekonstruktion der Geschlechterdifferenz überwunden werden, das heisst durch Erweiterung des Konzepts Mann auf das traditionell Weibliche hin. Für die Schule, um auf dieses Beispiel zurückzukommen, bedeutet das: Die männlich und tapfer kaschierten Unsicherheiten sowie Nöte von Knaben erkennen, Ermutigung und Empowerment der Buben, auch zu weiblich konnotierten Verhaltensweisen – Ängste zulassen, Hilfe annehmen, Lesen und Reden.
Statt vorgefundene Männlichkeiten als vorgegeben zu erklären und immer wieder zu rekonstruieren, müsste eine geschlechtergerechte Didaktik beziehungsweise Pädagogik sich an der Dekonstruktion der Geschlechterkonzepte beteiligen und mithelfen, Buben sowie Männer von jenem Allmachtskonzept zu befreien, das ein sie behinderndes und gleichzeitig andere bedrohendes ist.

Und so ungeheuerlich es einigen erscheinen mag, in diesem Kampf wären zum Teil Feministinnen die besten Verbündeten des Mannes. Auch der Feminismus zielt auf die Überwindung traditioneller Männlichkeiten und Weiblichkeiten, denn jenseits des Korsetts der Dualität liegt die Freiheit des Menschen in seiner individuellen Vielfalt.

Jürgmeier hielt diesen Vortrag am Praxisforum «Männer im Gleichstellungsprozess».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Zum Infosperber-Dossier:

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Gleiche Rechte für Frauen und Männer

Gleichstellung und Gleichberechtigung: Angleichung der Geschlechter – nicht nur in Politik und Wirtschaft.

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