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Eine minderjährige Kaffeepflückerin auf einer Plantage in Guatemala. © Channel 4

Nestlé und Starbucks profitieren in Guatemala von Kinderarbeit

D. Gschweng /  «Und diesmal Kaffee», ist man versucht zu sagen: «Channel 4» deckt auf, wie Kinder auf Kaffeeplantagen in Guatemala arbeiten.

Immer wieder machen Medien und Nichtregierungsorganisationen öffentlich, wo Kinder für die globale Wertschöpfungskette schuften müssen. Konsumenten können sich nicht einmal sicher sein, Kinderarbeit zu vermeiden, wenn sie zertifizierte Produkte kaufen, zeigt die jüngste Recherche.

Anfang März deckte die Investigativ-Reihe «Dispatches» des britischen Fernsehsenders «Channel 4» auf, dass Kinder unter zwölf auf guatemaltekischen Kaffeeplantagen arbeiten. Die geernteten Kaffeebohnen wurden an Starbucks und Nestlé verkauft. Die Plantagen sind sowohl mit dem Siegel «Fairtrade» versehen wie auch durch die «Rainbow Alliance» zertifiziert, die Kinderarbeit in der Produktionskette ausschliessen oder begrenzen.

Leider kein Einzelfall

Es handelt sich anscheinend nicht um Einzelfälle: Auf allen sieben Plantagen, auf denen das Filmteam recherchierte, arbeiteten Kinder. Alle sieben machten mit Nestlé, fünf davon mit Starbucks Geschäfte. Das Alter der Kinder schätzte das Filmteam teilweise auf lediglich acht Jahre.

Kaffee zu ernten ist schwere Arbeit, die frühmorgens beginnt. Ab sechs Uhr pflücken die Erntehelfer die reifen, roten Früchte von den Kaffeesträuchern und sammeln sie in einen Korb, den sie an der Hüfte tragen. Die Arbeit in steilem Gelände dauert bis zum frühen Nachmittag.

Bezahlt werden die Pflückerinnen und Pflücker nach Gewicht. Die Reportage zeigt, wie Kinder und Jugendliche schwere Kaffeesäcke zur Wägestation schleppen. Pro Tag kommen sie auf einen Lohn von umgerechnet knapp sechs Franken, es kann aber durchaus weniger sein. Das ist etwa so viel, wie ein einziger Café Latte in einem Starbucks-Lokal dann kostet.

Auch Armut rechtfertig Kinderarbeit nicht

Ob Palmöl, Kakao, Elektronik oder Krabben, bei vielen Produkten kommt Kinderarbeit zum Einsatz. Sie ist manchmal mehr und oft weniger mit dem Kindswohl verträglich. Der Einsatz von Kindern in den Produktionsketten ist ein komplexes Problem (siehe auch Infosperber «Schmutziges Kobalt: Apple, Google und Tesla auf der Anklagebank»). Viele Länder haben Vorschriften, die um einiges lockerer sind als hierzulande. Schon aus Notwendigkeit: Etwa die Hälfte der guatemaltekischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze.

Festgelegt ist meist, dass Kinder in gewissen Grenzen arbeiten dürfen, sofern ihre Bildung und Gesundheit nicht leiden. Für Kinder, die 40 Stunden und an bis zu sechs Tagen in der Woche schwere Arbeit verrichten wie die Kaffeepflückerinnen und Kaffeepflücker in Guatemala, ist Schulunterricht jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Weder die UN-Richtlinie zur Kinderarbeit noch die guatemaltekische Rechtslage erlauben das. Sowohl Nestlé wie Starbucks seien wahrscheinlich Verstösse gegen die internationalen Arbeitsgesetze vorzuwerfen, kommentiert der Menschenrechtsanwalt Oliver Holland gegenüber «Channel 4».

Selbstverpflichtungen …

In ihren Selbstverpflichtungen sprechen sich sowohl Starbucks wie Nestlé gegen Kinderarbeit aus. Falls Kinder eingestellt würden, dürfe ihre Arbeit «nicht die Bildung, Gesundheit, Sicherheit, sowie mentale und physische Entwicklung des Kindes gefährden» steht in Starbucks «Global Human Rights Statement». Für Nestlé sei Kinderarbeit schlicht «unakzeptabel», reagierte CEO Guillaume Le Cunff auf die Reportage von «Channel 4».

Starbucks versicherte, man habe den von «Dispatches» besuchten Betrieben in der letzten Saison keinen Kaffee abgekauft. Das Unternehmen stellte die Zusammenarbeit mit den untersuchten Plantagen nach eigenen Angaben ein und kündigte eine Untersuchung an. Nach Aussage lokaler Bauern kommen Kontrolleure von Nespresso bisher nur einmal im Jahr vorbei, Kontrollen von Starbucks finden noch seltener statt.

… und ein zerknirschter Hollywood-Star

Die vorwiegend britischen Medien, die über die Recherchen von «Channel 4» berichteten, konzentrierten sich in der Berichterstattung vorwiegend auf einen prominenten Namen: George Clooney, der seit 14 Jahren für Nespresso wirbt, zeigte sich «traurig» und «erschüttert».

Der Hollywoodstar, dessen Engagement als Botschafter von Nespresso ihm mehr als 40 Millionen Dollar eingebracht hat, sitzt im Nachhaltigkeitsbeirat von Nespresso. «Es ist klar, dass dieser Vorstand und dieses Unternehmen noch einiges zu tun haben. Und diese Arbeit wird getan werden», versicherte er. «Ich hoffe, dass dieser Reporter diese Bedingungen weiter untersucht und genau berichtet, wenn sie sich nicht verbessern», äusserte er sich.

Es sei grossartig, dass George Clooney die Untersuchung unterstütze, kommentiert «Dispatches»-Reporter Anthony Barnett Clooneys Statement. Aber wenn es ihm ernst damit sei, müsse er dafür sorgen, dass Nespresso Geld in die Hand nehme. Eine Untersuchung anzukündigen, sei einfach und ein Lieferstopp werde die Falschen treffen. Der Grund, warum die Kinder arbeiteten, sei, dass ihre Eltern und die Farmen, auf denen diese arbeiten, nicht ausreichend bezahlt würden.

Das folgende Video ist eine YouTube-Kopie der «Dispatches»-Dokumentation, das Original findet sich hier (Registrierung erforderlich).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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Eine Meinung zu

  • am 6.04.2020 um 11:56 Uhr
    Permalink

    Für George Clooney ist genügend Geld vorhanden. Für die Kinder anscheinend nicht.

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