Kommentar

Apple & Co. machen mich wütend. Sie auch?

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Der Akku meines iPhones ging schnell kaputt. Ich kann ihn nicht auswechseln. Diesen skandalösen Verschleiss nennt man Wohlstand.

Kaum war mein iPhone-4 zwei Jahre alt, entlud sich der Akku innert Stunden, ohne dass ich das Handy benutzte. Nach zwei weiteren Wochen konnte ich den Akku am Netz nicht einmal mehr laden.
Das gleiche war mir mit dem iPhone-3 passiert. Damals ging ich noch in den Apple Store und dieser schickte es ein. Doch das Gerät, das ich zurück bekam, hielt nur wenige Wochen. Ausser Spesen nichts gewesen.
In Geschäften mit Apple-Lizenz erfährt man übereinstimmend, dass etliche iPhone-Akkus schon bald nach Ablauf der Garantie schlapp machen. Nach zwei Jahren seien nur noch wenige einsatzfähig. Doch Apple verbietet es den lizensierten Händlern, den Akku zu ersetzen.
Eingebautes Ende des Gebrauchs
Apple bestreitet zwar, absichtlich schlechte Akkus einzubauen, damit die iPhones nach rund zwei Jahren unbrauchbar werden. Doch das tönt reichlich unglaubwürdig. Die Wissenschaft nennt es «geplante Obsoleszenz»: Elektrogeräte werden für den Schrottplatz vorprogrammiert. Zu dieser fiesen Methode gehören kurzlebige, nicht ersetzbare Akkus genau so wie extra billige Kondensatoren, die andere Geräten kurze Zeit nach Ablauf der Garantie unbrauchbar machen.
Bei neuen Druckern ist die Elektronik häufig so programmiert, dass im Display «Service kontaktieren» erscheint, obwohl der Drucker noch tipptopp funktioniert. Selbstverständlich kann man die Software nicht von Hand ausschalten oder ignorieren. Beim «Service» erfährt man dann, dass es günstiger zu stehen komme, einen neuen Drucker zu kaufen, als den alten reparieren zu lassen.
Am Schluss als Gift im Pausenhof
Die Geschäftspolitik, absichtlich minderwertige Komponenten in Geräte einzubauen, um den Kauf neuer zu erzwingen und den Verschleiss zu provozieren, empört mich. Arbeiterinnen und Arbeiter, die iPhones in Asien herstellen, werden teils wie Sklaven gehalten, miserabel entlöhnt und gesundheitsschädlichen Stoffen ausgesetzt. Handys und andere Geräte verbrauchen wertvolle Rohstoffe wie seltene Erden, die beim Abbau enorme Umweltschäden anrichten – natürlich nicht bei uns, sondern in eh schon armen Ländern. Am Schluss verschiffen «Entsorgungsfirmen» die «entsorgten» Geräte wiederum in diese Länder, wo sie auf ungeschützten Schrotthaufen landen. In Ghanas Hauptstadt Accra verseucht giftiger Elektromüll aus Europa, der auf nahen Müllhalden lagert, Schul-, Sport- und Marktplätze. Wissenschaftler habe die Schadstoffe in Luft und Böden gemessen.
Unverschämte Lüge von Apple
Ich möchte nicht, dass Menschen und Natur ausgebeutet werden, nur damit wir uns eine Wegwerfgesellschaft erlauben können. Doch von meinem iPhone-4 mit dem obsoleten Akku wollten Apple Store und Apple-Händler nichts mehr wissen. «Entsorgen» war die Empfehlung, und für ein paar hundert Franken das neuste «dünnste und leichteste iPhone aller Zeiten» kaufen, das iPhone-5.
Doch warum kann man den Akku meines iPhone-4 nicht herausnehmen und auswechseln? «Herausnehmbare Akkus brauchen zu viel Platz, das iPhone ist zu schmal». Diese Ausrede von Apple ist eine unverschämte Lüge. Wenn man im Google-Suchfeld «iPhone reparieren» eingibt, kommt man zu Adressen von nicht lizenzierten Reparaturfirmen, die den kaputten Akku für rund hundert Franken durch einen neuen ersetzen (siehe Adressen unten). Es geht also doch, nur sollte dies niemand erfahren. Und die Akkus sind so eingebaut, dass sie die Benutzer selber nicht austauschen können. Der Gipfel der Frechheit: Die lizenzierten Apple-Händler, an die sich die meisten Apple-Kunden wenden, dürfen die Akkus unter Androhung von Sanktionen nicht ersetzen.
Die Wirtschaft wächst!
Eine Erklärung für die Obsoleszenz-Politik hat Klaus-Peter Wiedmann, Professor für Marketing und Management an der Leibniz Universität in Hannover: «Seit es beim Konsum Sättigungserscheinungen gibt, müssen Firmen schauen, wie sie Wachstum erzeugen. Und das macht man zum Beispiel auch mit geplanter Obsoleszenz.»
Der Verschleiss-Leerlauf trägt tatsächlich dazu bei, dass die Wirtschaft wächst, weil mehr neue Handys etc. verkauft werden. «Das Bruttoinlandprodukt hat um 1,2 Prozent zugenommen» heisst dann die frohe Botschaft des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco und der Wirtschaftslobbys und Politiker, deren Hauptziel es ist, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Ein solches Wachstum hat mit einer höheren Lebensqualität nichts zu tun. Und nachhaltig, das heisst «enkeltauglich» ist dieses Wachstum sowieso nicht.

GERÄTE MIT NICHT AUSTAUSCHBAREN UND AUSTAUSCHBAREN AKKUS
Das Konsumentenmagazin «Saldo» hat Geräte aufgelistet, deren Akkus austauschbar oder eben nicht sind:
Handys/Smartphones
Nicht austauschbar: iPhone von Apple; Nexus4 von Google; HTC One XL.
Austauschbar: Galaxy S3 von Samsung; Nokia Lumia 820.
Tablets
Nicht austauschbar: iPad von Apple; Galaxy Tab von Samsung; Windows-Tablets Surface.
Austauschbar: Business-Gerät Latitude und einige andere von Dell; Einige Modelle von Toshiba.
Navigationsgeräte
Nicht austauschbar: Fast alle Geräte von Falk, Tomtom, Garmin, Medion und Navigon.
Austauschbar: Die meisten VDO-Dayton Navis.
MP3-Player
Nicht austauschbar: iPod von Apple; MP3-Players von Archos und Sony.
Austauschbar: Galaxy S 4.2 Wifi von Samsung.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


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Zum Infosperber-Dossier:

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8 Meinungen

  • am 13.12.2012 um 12:01 Uhr
    Permalink

    Microsoft ist Quasi-Monopolist und in gewissen Sparten zusammen mit Apple Kartellist. Sie diktieren den Kurs der Hardware-Produktion.
    Beide haben eine sektenähnliche Anhängerschaft. Linux dagegen ist frei!
    Da Linux auch auf alter Hartware rassig läuft, schont es zudem die Ressourcen.
    Ich lebe gut ohne Smartphone, brauche kein Wireless, auch keine Wolke… will keinen E-Smog oder möglichst wenig davon.
    (geschrieben auf Notbook 2006 mit Linux 😉

  • am 13.12.2012 um 13:15 Uhr
    Permalink

    Es wundert mich schon seit ich ein Handy bez. iphone etc. benutze, dass bis heute der Akku die schwächste Stelle ist, und es ändert sich wenig. Am meisten ärgert man sich bei diesen Geräten über schlappe, leistungsschwache Akkus, was ja eigentlich eine Uralt-Technologie ist. Wollen die nicht? Können die nicht? Oder hebt diese Schwachstelle den Umsatz von Handys, iphones etc.? Ich habe schon mehrere Handys allein wegen «seniler» Akkus weggeschmissen. Ich denke, das geht auf der Welt hunderten von Millionen gleich. Das läppert sich dann, bei den Umsatzzahlen der Anbieter.

  • am 13.12.2012 um 17:16 Uhr
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    Das ist die Kehrseite der «Apple Mania". Selber schuld, wer dieser nicht widerstehen kann.

  • am 15.12.2012 um 13:40 Uhr
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    Stimmt leider zu 100%. Ich liebe meinen Mac, aber Apple wird jeden Tag unsympathischer.

  • am 18.12.2012 um 13:03 Uhr
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    Ich habe die Apple-Welt schon vor vielen Jahren verlassen, da die Firma mich immer wieder zwang, neue Geräte zu kaufen, da Apple den lokalen Händlern verbot, selbst einfache Reparaturen selber zu machen und diese folglich Monate dauerten und viel kosteten. Auch meine wenigen Macs, die nicht kaputt gingen, waren nach kurzer Zeit veraltet, da Apple in rascher Folge sowohl die Hardware als auch die Software massiv änderte. Bei den Macs war der Austausch der Uhrenbatterie nicht unmöglich, aber kompliziert und teuer.
    Anders als in den PC-Linux Welten oder sogar bedingt den PC-Windows Welten, kontrolliert Apple immer mehr seine Kunden, eine Perversion seines urspünglichen Prinzips «think different!".

  • am 22.12.2012 um 13:51 Uhr
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    Geplante Obsoleszenz ist ein Problem (siehe den einschlägigen Film dazu) – das «Bashing» von Apple durch U.P. Gasche ist allerdings vollkommen unangebracht: Apple hat nun mal eine Philosophie, dass Dinge möglichst funktionieren sollen, und ausgetauschte Akkus (die im Fall von iPhone & Co. hochkomplexe Technik darstellen – man schaue sich nur mal die Leistungsdichte an!) sind einfach nicht das Wahre. Wer es trotzdem probieren will, hat eine grosse Auswahl von iPhone-Reparaturstellen… Und vielleicht sollte Herr Gasche ja ein wenig mehr Sorgfalt walten lassen in Sachen Akku-Pflege?!

  • am 15.07.2015 um 09:43 Uhr
    Permalink

    iPhone Reparatur Zürich, Winterthur und Gossau – st. gallen

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