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Trotz eines Milliardengewinns muss «Amazon» in den USA keine Bundessteuern bezahlen © pixabay

«Amazon»: Steuergutschrift trotz Milliardengewinn

Tobias Tscherrig /  Dank amerikanischer Steuerreform und Schlupflöcher im Gesetz erhält Amazon 2018 trotz Milliardengewinn eine Steuergutschrift.

Ausgerechnet die «Washington Post», die 2013 von «Amazon»-Präsident Jeff Bezos gekauft wurde, berichtete am 16. Februar unter dem Titel «Amazon bezahlte im vergangenen Jahr keine Bundessteuern auf Gewinne von 11,2 Milliarden Dollar» als Erste über den Steuercoup ihres Eigentümers. Im Artikel beruft sich die Zeitung auf Berechnungen des «Instituts für Steuern und Wirtschaftspolitik» (ITEP), welches die Steuererklärung von «Amazon» analysiert hatte.

Demnach wies der Online-Riese «Amazon» im Jahr 2018 Gewinne in der Höhe von 11,2 Milliarden Dollar aus – was im Vergleich zum Vorjahr einer Verdoppelung entspricht. Trotz dem hohen Gewinn habe «Amazon» 2018 eine Steuergutschrift von 129 Millionen Dollar erhalten, so die «Washington Post». Dies sei unter anderem auf zahlreiche Steuerschlupflöcher wie etwa gesetzlich zulässige Steuergutschriften und Steuerbefreiungen beim Handel mit Aktien zurückzuführen.

Gemäss der Analyse von ITEP liegt der effektive Steuersatz des Online-Riesen, der an der Börse zwischenzeitlich mehr als eine Billion Dollar wert war, zeitweise als wertvollstes Unternehmen der Welt galt und seinen Gründer Bezos zum reichsten Mensch der Welt gemacht hat, bei Minus einem Prozent. Damit zahle das Unternehmen keinen Cent der US-Bundessteuern.

Steuerreform von Trump ist mitschuldig
Verantwortlich für den mickrigen Steuersatz ist auch die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump. Ende 2017 hatte er die radikale Reform auf den Weg gebracht, ab Anfang 2018 wurde der Steuersatz für Unternehmen auf Bundesebene dann von maximal 35 Prozent auf einen einheitlichen Steuersatz von 21 Prozent gesenkt. Gemäss «Handelsblatt» können Bundesstaaten und Gemeinden ausserdem eigene Körperschaftssteuern erheben, was die gesamte Steuerbelastung von durchschnittlich 38,9 Prozent auf 25,75 Prozent reduziere.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Seit Inkrafttreten der unternehmensfreundlichen Steuerreform bezieht sich die Steuerpflicht von US-Unternehmen nicht länger auf alle Einkommen, welche sie weltweit erwirtschaften. Vielmehr werden bestimmte Einkommen wie Dividenden nur noch besteuert, wenn sie aus US-Quellen stammen.

«Amazon» nimmt das Geschenk gerne an
Im Artikel der «Washington Post» über die Steuerrückzahlung nimmt eine «Amazon»-Sprecherin Stellung: «Amazon zahlt alle Steuern, die wir in den USA und in allen Ländern, in denen wir tätig sind, zahlen müssen. Das waren in den letzen drei Jahren Körperschaftssteuern in Höhe von insgesamt 2,6 Milliarden Dollar und weitere Steueraufwendungen in Höhe von 3,4 Milliarden Dollar.»

Laut ITEP erzielte «Amazon» zwischen 2009 und 2018 einen Gewinn von rund 27 Milliarden Dollar. Die Steuerlast in den USA habe im selben Zeitraum bei insgesamt 791 Millionen Dollar gelegen, was umgerechnet einem effektiven Bundessteuersatz von rund drei Prozent entspreche.

Kein Einzelfall
Mit seiner Steuerreform wollte US-Präsident Trump Unternehmenssteuern senken, aber auch Steuerschlupflöcher verhindern. Unternehmen sollten durch niedrige Steuersätze dazu gebracht werden, weniger zu tricksen. Ob die Massnahmen der Steuerreform dazu tatsächlich ausreichen, ist aber selbst unter Experten umstritten. So sorgte in der jüngeren Vergangenheit zum Beispiel auch das US-Unternehmen «Netflix» für Aufsehen: Gemäss ITEP muss der Streaming-Anbieter auf seinen 2018 erwirtschafteten Gewinn von 845 Millionen Dollar keine Steuern zahlen.

In Europa sieht die Lage nicht besser aus. US-Konzerne wie «Amazon» profitieren nach wie vor von den niedrigen Steuersätzen auf Firmengewinne, die ihnen in Steueroasen wie Luxemburg, Irland oder Malta gewährt werden. Gemäss dem «Handelsblatt» beschäftigen ausländische Unternehmen allein in Irland mehr als 150’000 Menschen. Nichtsdestotrotz ist eine europaweit einheitliche Besteuerung noch immer nicht in Sicht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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Eine Meinung zu

  • am 20.02.2019 um 14:42 Uhr
    Permalink

    Und jetzt ?
    Das ist doch Ultranormal in einer lupenreinen freiheitlichen Demokratie,
    frei von Sachververhalten, die unter der Lupe sichtbar würden.
    Aber wer hat noch die Zeit und/oder nimmt sich die Eigen-Zeit im übertragenen Sinn zur Lupe zu greifen und kann dann noch begreifen, was dann geschaut wird ?
    "Game over», gibt es auch als Buch für Realisten, die die Realität erkennen und ertragen können, ohne Betäubungsmittel.
    Den «roten Faden» aus dem Labyrinth des Minotaurus liefert aber auch das nicht.

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