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Bunte Werbeblätter verstopfen diese Briefkästen in Mannheim. © CC

Müllvermeidung: So geht Amsterdam mit unerwünschter Werbung um

D. Gschweng /  Wer Werbung im Briefkasten will, muss das in einigen niederländischen Städten ausdrücklich sagen. Das spart jede Menge Müll.

Für manche sind Werbeprospekte im Briefkasten eine willkommene Informationsquelle, für andere sind die bunten Blätter ein Ärgernis, das den Briefkasten verstopft. Um die Papierflut einzudämmen, klebt in der Schweiz auf etwa jedem zweiten Briefkasten ein Vermerk wie «Bitte keine Werbung».

Bis vor zwei Jahren hielt es auch Amsterdam so. Dann stellte die Stadt ihr System radikal um. Seit Anfang 2018 müssen die Einwohner Amsterdams ausdrücklich zustimmen, wenn sie Werbeprospekte haben wollen, indem sie einen kleinen, grünen Aufkleber am Briefkasten anbringen. Wer keinen Vermerk anbringt, bekommt keine Werbung.


So sieht der «JA-JA-Sticker» aus. (NOS)

Umstellung spart Tonnen von Müll

Das Zustimmungskonzept reduzierte die Müllmengen merklich. Innerhalb eines Jahres halbierte sich die Zahl der Einwohner, die Werbung in Papierform bekamen. Pro Haushalt werden etwa 33 Kilogramm Papiermüll im Jahr eingespart. In der ganzen Stadt Amsterdam fallen dadurch schätzungsweise 1’800 Tonnen weniger Müll an.

Wer trotzdem wirbt, muss Strafe zahlen

Im Januar 2019 legte die Stadtverwaltung nach und belegte Verteiler bei mehrmaligem Verstoss mit Strafen. Untersuchungen des städtischen Forschungsbüros OIS zeigen, wie gross das Interesse an Briefkasten-Werbung wirklich ist. Nur ein knappes Fünftel (19 Prozent) der Briefkästen ist inzwischen mit einem «Ja-Aufkleber» versehen. Vor der Einführung der notwendigen Zustimmung bekamen knapp die Hälfte (49 Prozent) der Haushalte Gratiszeitungen und Werbesendungen.

Seit der Einführung des «Ja-Ja-Aufklebers» ging die Müllmenge in Amsterdam zurück.

Der grüne «JA-JA»-Aufkleber ergänzt das bisherige System, mit dem Einwohner kundtun konnten, ob sie keine Werbeprospekte (folders), keine Anzeigenblätter (huis aan huisbladen) oder keins von beidem wollten. Dazu brachten sie früher «NEE-JA» und «NEE-NEE»-Aufkleber am Briefkasten an. Die neue Kennzeichnung heisst deshalb «JA-JA-Sticker».


So sah es in Amsterdam vor der Einführung der «JA-JA»-Aufkleber aus: Wer keine Prospekte oder Anzeigenblätter bekommen wollte, musste dies kundtun. Das System ist weiterhin gültig.

Gericht: Explizite Zustimmung ist rechtens

Die Werbetreibenden gingen gerichtlich gegen die neue Regelung vor, die Stadt Amsterdam ging in Berufung. Es ging darum, ob eine explizite Zustimmung oder englisch ein «Opt-In» bei der Werbeverteilung zulässig ist. Am 24. September 2019 urteilte das Gericht, dass Amsterdam die Aufkleber behalten darf. «Eine sehr gute Nachricht im Kampf gegen Papierverschwendung», sagte die links-grüne Amsterdamer Stadträtin Marieke van Doorninck.

Andere niederländische Städte hatten zunächst das Urteil abgewartet, folgten aber schnell nach. Utrecht, Rotterdam und Haarlem haben per 2020 den «JA-JA»-Aufkleber auch eingeführt. Den Haag startet ab April mit der Opt-In-Methode, andere Städte haben noch keinen fixen Termin.

Werbetreibende fordern nationale Regelung, Journalisten fürchten um das Anzeigenblatt

Der Unternehmerverband MKB-Nederland befürchtet, dass ein «Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen» entstehen könnte und verlangt eine nationale Regelung. Unstimmigkeiten gibt es auch um die Verteilung von Anzeigenblättern. Utrecht beispielsweise möchte, dass auch diese unter die neue Regelung fallen, MKB-Nederland argumentiert, dass gerade dort kleine, lokale Anbieter inserieren könnten.

Auch die niederländische Journalistenvereinigung NVJ sorgt sich, weil Anzeigenblätter oft lokale Nachrichten enthalten, die grössere Kanäle nicht liefern. In Amsterdam dürfen Anzeigenblätter und Drucksachen nicht-kommerzieller Organisationen wie etwa politischer Parteien weiterhin an Briefkästen ohne Aufkleber verteilt werden.


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Eine Meinung zu

  • am 8.02.2020 um 11:24 Uhr
    Permalink

    Ein Briefkasten ist für mich nur ärgerlich, wie wird man den los ? Selbverständlich können mich alle offiziellen Personen über Email erreichen, Handy habe ich auf mir,reicht doch!

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